FDP im Baufieber: Föst und Skutella wollen bayerische Bau-Flaute beenden

Weiden. Laut einer aktuellen Studie des Pestel-Instituts fehlten Ende 2022 über 700.000 Wohnungen in Deutschland – in Bayern derzeit rund 200.000 Wohnungen. Die FDP ist überzeugt: Mit Bürokratieabbau und Absenkung von Standards lässt sich der Markt trotz Inflation und Facharbeitermangel beleben.

Wollen die Baumaschine anwerfen: Weidens Landtagsabgeordneter Christoph Skutella und Daniel Föst, Bauexperte der FDP-Bundestagsfraktion. Foto: OberpfalzECHO/David Trott

Nicht von ungefähr besucht Daniel Föst, baupolitischer Sprecher der FDP-Bundestagsfraktion, bei seiner Weidener Stippvisite das Unternehmen Modulbau Jaeger und dessen neue Obdachlosenunterkunft in der Schustermooslohe. „Ein absolutes Vorzeigeprojekt“, lobt der Weidener Landtagsabgeordnete Christoph Skutella (FDP).

Die im Industriegebiet am Brandweiher ansässige Niederlassung einer international agierenden Spezialbaufirma errichtet die Obdachlosenunterkunft mit 44 Schlafplätzen in Modularbauweise – neben Kosteneinsparungen durch standardisierte Bauteile bringt diese auch einen enormen Zeitvorteil.

Beides wird man brauchen, um die Talfahrt des Wohnungsbaus in Bayern zu stoppen. Im ersten Quartal ist die Zahl der Wohnungsbaugenehmigungen im Jahresvergleich um 28,9 Prozent auf 15.277 eingebrochen. In ländlichen Regionen ist das Phänomen mit einem Rückgang von 40 Prozent noch drastischer. Besonders stark war der Rückgang in der Oberpfalz mit einem Minus um fast die Hälfte.

93 Prozent unter Wohnungsbau-Soll

Insgesamt verfehlt der Freistaat sein Wohnungsbauziel dramatisch: Statt 10.000 erschwinglicher Wohnungen schafft sich die staatliche BayernHeim GmbH bis Ende 2024 maximal 682 in den eigenen Bestand. Satte 93 Prozent unter dem Versprechen von Ministerpräsident Markus Söder.

Auch potenzielle private Bauherren haben sich vorübergehend oder ganz vom Traum vom Eigenheim oder der Eigentumswohnung verabschiedet: Die Zahl der genehmigten Einfamilienhäuser ging um 27,7 Prozent zurück, bei Zweifamilienhäusern war es sogar ein Minus von 60 Prozent.

FDP-Bauexperte Daniel Föst und MdL Christoph Skutella mangelt es beim Biergarten-Gespräch nicht an Humor. Foto: OberpfalzECHO/David Trott

Mehr bauen, schneller bauen, günstiger bauen“

„Wir müssen mehr bauen, schneller bauen und günstiger bauen“, fordert Föst deshalb, „weil wir dringend günstigen, bezahlbaren Wohnraum brauchen.“ Und bei Modulbau Jaeger habe er gesehen: „Die können mehr bauen, die können schnell bauen und die können auch günstig bauen.“ Deshalb sei es im politischen Interesse, den seriellen Modulbau zu fördern, um mehr Geschwindigkeit und Kostenvorteile zu realisieren.

Was auf Jaeger zutrifft, gelte im gleichen Maße für die Plößberger Ziegler Group: „Alles, was Wohnraum schafft, ist hochwillkommen.“ Denn man müsse auch schauen, dass Wohnraum klimaverträglicher werde – sowohl beim Bau als auch im Lebenszyklus eines Gebäudes. „Dann ist der Holzmodulbau sehr interessant für das Klima.“

Weidens 3. Bürgermeister Reinhold Wildenauer ärgert sich über die Profilierungsneurosen mancher Ampelpolitiker. Foto: Jürgen Herda

Mit 20.000 Vorschriften macht Bauen keinen Spaß

Allerdings hemmten auch Modulbauer Bürokratie und übertriebene Standards: „Wir haben in Deutschland einen Punkt erreicht, wo es einfach nicht mehr geht.“ Mit 20.000 Normen, Gesetzen und Vorschriften lähme man sich selber. Dabei seien selbst für den Sozialen Wohnungsbau genügend Mittel vorhanden. Die Bundesregierung hat die Investitionen in den sozialen Wohnungsbau, im Vergleich zu ihren Vorgängerregierungen, massiv erhöht. Bis zum Jahr 2027 stellt sie die Rekordsumme von 18,15 Milliarden Euro bereit.

Selbst die Länder und Kommunen würden aber zu wenig bauen.Das macht keinen Spaß“, erklärt Föst den fehlenden Bauwillen. „Wenn Sie mit den Kommunen reden, wie aufwendig es ist, einen Bebauungsplan zu machen, wie aufwendig es ist, Bauland auszuweisen, wie aufwendig es ist, wenn mal jemand sein Haus aufstocken will auf dem bezahlten Grund, auf das bezahlte Haus obendrauf – solange es keinen Spaß macht und sich nicht lohnt, macht es keiner.“

„Man kann doch Meinungsverschiedenheiten auch mal hinter verschlossenen Türen diskutieren“, fordert Margot Pauly. Foto: Jürgen Herda

Muss die Betonwand so dick sein?

Deswegen müsse man in Berlin die Regeln wieder so einnorden, dass es wieder Spaß macht: „Zum Beispiel beim Bestandsschutz, wenn ich das Gebäude aufstocke, aber auch die Möglichkeit einer Umwidmung stärken, um Wohnraum zu schaffen und zu vermieten.“ Beim Brandschutz glänze Deutschland mit einem weit überdurchschnittlichen Niveau. „Aber muss die Betonwand wirklich so dick sein?“, fragt Föst rhetorisch, „Österreich gibt für den Brandschutz nur 60 Prozent aus und hat genauso wenige Tote wie wir.“

Die Folge des Baustaus: Der VdK erwartet bis 2030 einen zusätzlichen Bedarf von bis zu 5 Millionen barrierefreien Wohnungen für Menschen mit Behinderung sowie kranke und alte Menschen. „Wir versuchen Steine aus dem Weg zu schieben beim seriellen Modulbau“, erklärt Föst den FDP-Lösungsansatz im anschließenden Biergartengespräch. „Wir predigen dem Bauministerium seit Monaten, die Bauindustrie kommt zum Stopp – aber die haben abgewunken und gemeint, ,lassen Sie sich nicht von Panikmache anstecken’.“ Man habe aber nicht locker gelassen: „Im Juli kam dann endlich das dringend notwendige Sofortprogramm, denn wenn die Baukapazität einmal sinkt, bekommen Sie die Fachkräfte nie wieder.“

Cornelia Bergler will gleich an Ort und Stelle eine Utopie entwerfen: „Können wir nicht Mobilität und Bauen miteinander verbinden – eine Wohnanlage mit 32 Parteien und dazu gleich die Ladestationen am Parkplatz.“ Foto: Jürgen Herda

FDP-Biergarten-Gespräch in Altenstädter d’Wirtschaft

Sicher, Daniel Föst, Sohn eines Möbelunternehmers, passionierter Restaurator von Antiquitäten, später Marketingberater, ist auf dem Papier selbst ein Bayer. „Aus dem unterfränkischen Schweinfurt“, sagt er vorsichtig. Trotz Bundestagsmandat mit Lebensschwerpunkt in München, wo man kaum mehr bayerisch spricht. Kein Wunder, dass der Mann von der Oberpfalz begeistert ist: „Die Zoigl-Brotzeit war sensationell“, schwärmt er vom Selbstgebrauten, das er trotz mehrerer Nordoberpfalz-Aufenthalte „noch nie getrunken“ habe.

Am nächsten Morgen muss der Bauexperte, der seinen Bereich bei den Koalitionsverhandlungen federführend mit verhandelt hat, schon wieder im Zeltlager der Jungen Liberalen auf der Matte stehen: „Ich bringe das Frühstück vorbei“, sagt er lachend.

Als Mitglied einer regierungstragenden Fraktion muss er allerdings zunächst einmal das Bild der Ampel zurechtrücken: „Das ist in der Öffentlichkeit nicht optimal“, weiß er natürlich selbst. „Viele haben das Gefühl, dass Deutschland nicht geführt wird.“ Dabei sei die Ampel besser als ihr Ruf: „Ob beim Ausbau der Erneuerbaren Energien, der Entlastung von Bürgern und Unternehmen oder bei der Bekämpfung der Inflation“, die Koalition habe während zweier gewaltiger Krisen mehr geliefert, als gewürdigt werde.

„Einiges ist gelungen, trotzdem ist das Bild schlecht, weil wir uns streiten.“ Die einen sagten, die FDP verhindere alles, die anderen, die FDP mache alles mit. „Das ist ein Beleg dafür, dass die FDP in der Mitte steht, ansonsten wäre das Land nach links ausgeschert.“ Deutschland wäre abgewirtschaftet: „Die Schuldenbremse ist nicht überall populär, aber sie ist nicht gleichbedeutend mit der schwarzen Null.“ Man könne für notwendige Projekte auch Schulden machen, „Ich will meinen zwei Söhnen eine intakte Umwelt hinterlassen“, sagt Föst, „aber ich will auch nicht, dass sie von Schulden erdrückt werden.“

Er hoffe, dass sich die drei Regierungsparteien schleunigst darüber im Klaren werden, im gleichen Boot zu sitzen. Ein sinkendes Boot, wenn man sich so weiter streite. Da ist er sich mit den Gästen im kleinen D’Wirtschaft-Bierzelt einig: „Man kann doch Meinungsverschiedenheiten auch mal hinter verschlossenen Türen diskutieren“, fordert etwa Margot Pauly. Und auch Weidens 3. Bürgermeister. Reinhold Wildenauer, ärgert sich: „Da will sich jeder nur profilieren.“ Föst ist da ganz auf Linie der Basis: „Wenn wir so weitermachen, scheitern wir – oder wir fangen noch einmal von vorne an.“ Man dürfe nicht jeden unausgegorenen Vorschlag an die Medien geben: „Ein abgestimmtes Konzept gerne.“

Apropos: Cornelia Bergler will gleich an Ort und Stelle eine Utopie entwerfen: „Können wir nicht Mobilität und Bauen miteinander verbinden – eine Wohnanlage mit 32 Parteien und dazu gleich die Ladestationen am Parkplatz.“ Auch dafür ist Föst sofort zu haben: „Man muss Mobilität und Bauen sogar zusammen denken.“ Das werde auch versucht. Der Teufel liege wie so oft im Detail: „Wir haben so viele Ebenen, die da mitreden, der Bund bei der Planung, das Land, wie geplant wird, die Kommune, wo gebaut wird.“

Der Weidener Landtagsabgeordnete Christoph Skutella bricht das Thema gleich auf die Stadt herunter: „Bei der Bebauung des Turnerbund-Geländes hat der Stadtrat einstimmig beschlossen, es soll ein grünes Wohngebiet werden, kein Auto, nur Tiefgaragen – das wird Probleme mit dem Brandschutz geben.“ Oh ja, weiß Föst: „So ein Elektroauto bekommst du nicht gelöscht.“ Anstelle einer unrealistischen Wiederbelebung von Bahnstrecken im ländlichen Raum verweist Skutella auf Pilotprojekte mit autonomen Bussen, die in Japan bereits individuell gebucht werden können: „Die KI errechnet die optimale Route.“

So viel Technologieoffenheit gefällt auch Föst, der von einem Exoskelett für zierliche japanische Pflegerinnen schwärmt: „Die schafft es damit, ohne Rückenprobleme pflegebedürftige Menschen zu heben.“ Und eine KI gibt Alarm, wenn eine Tablette nicht genommen wurde. Technik könne helfen, die Probleme einer alternden Gesellschaft in den Griff zu bekommen. Auch bei grüner Gentechnik sollte man nicht gleich in alte Abwehrreflexe verfallen, meint Skutella. Richtig, nimmt Föst die Vorlage auf: „Alles, was wir in Deutschland abwürgen, wird woanders gemacht – das kaufen wir uns anschließend zu einer schlechteren Qualität wieder teuer ein.“

* Diese Felder sind erforderlich.