Meinung: Das Gesundheitswesen krankt an allen Ecken und Enden

Nordoberpfalz. Das Gesundheitswesen ist im Wandel – Robert Christ bezeichnet in seinem Gastbeitrag die Entwicklung des deutschen Gesundheitswesens als ein Totalversagen der politischen Klasse der letzten 35 Jahre.

Symbolbild: pixabay

Gastbeitrag von Robert Christ

Die Entwicklung des deutschen Gesundheitswesens ist ein Totalversagen der politischen Klasse der letzten 35 Jahre. Warum ich dies sage? Das lässt sich sehr einfach erklären und dazu beginnen wir mit einer vereinfachten Bestandsaufnahme des Status Quo: Wir leben nach wie vor in einem der reichsten Länder dieser Erde und da frage ich mich, wie es sein kann, dass immer weniger Ärzte praktizieren wollen und Krankenschwestern so schlecht bezahlt werden, dass ein Pflegenotstand entsteht. Ein bisschen öffentliches Klatschen als Belohnung (wie während der Pandemie) reicht nicht aus, um einen Beruf für junge Menschen attraktiv zu machen. Junge Ärzte arbeiten regelmäßig Mammut-Schichten in Krankenhäusern und Patienten müssen ewig auf Termine warten – es werden jetzt schon Termine vergeben für Terminvergaben.

Ärzte gehen lieber in die freie Wirtschaft und vermeiden damit die Bürokratie, die Risiken und den Ärger einer eigenen Praxis. Anstehende MRT-Untersuchungen und andere Facharzttermine haben oft Wartezeiten von Monaten und lassen den sich sorgenden Patienten im Ungewissen. Das fördert sicher nicht die Genesung.

Doch auch in anderen Bereichen des Gesundheitswesens gibt es erhebliche Probleme. Diskussionen um den Notarztstandort führen zu Versprechungen vor der Landtagswahl, die dann hoffentlich danach auch gehalten werden. Immer öfter muss auf Hubschrauber zurückgegriffen werden, weil kein Rettungswagen erreichbar ist und die Rettungssanitäter überlastet sind. Auch Physio- und Ergotherapeuten werden schlecht bezahlt, dadurch wollen es weniger junge Menschen machen und für Patienten wird es immer schwieriger, einen Termin zu bekommen.

Wo wird das Geld verdient?

Und trotzdem bleibt die Frage: Wo wird das Geld verdient? Die Krankenkassen melden immer höhere Ausgaben und die Pharmaindustrie streicht riesige Gewinne ein. Ist deren Lobbyarbeit also wirklich so erfolgreich? Scheinbar ja. Es ist also nicht zu leugnen, dass das Gesundheitssystem in Deutschland systematisch kaputtgespart wurde und Politiker sich eher um Belanglosigkeiten anstatt um wichtige Themen wie die Gesundheitsversorgung kümmern. Natürlich ist es sehr ehrenhaft, dass sich unsere Politiker um den sprichwörtlich in China umfallenden Sack Reis oder einen sich anbahnenden Staatskonflikt in Süd-Ost-Naschipur sorgen. Viel wichtiger wäre es aber aus meiner Sicht, dass sie das eigene Land im Blick haben und sich hier für sichere und zuverlässige Lebensbedingungen für ihre Bürger einsetzen. Hier ist das Gesundheitswesen ein wesentlicher Faktor.

Schon unter Helmut Kohl wurden nach der Wiedervereinigung Projektgruppen gegründet, welche mit US-Beratern von McKinsey & Co. das Fallpauschalen-System (DRG) an den Kliniken einführten. Mit dem Gesundheitsstruktur-Gesetz wurde 1993 beschlossen, das bisherige Kostendeckungsprinzip abzulösen und „leistungsgerechte Vergütung“ für die Kliniken einzuführen. Das Ergebnis war, dass je eher ein Bett wieder frei wurde, desto höher war der Gewinn für die Kliniken. Spätfolgen für den Patienten blieben dahingestellt.

Krankenhäuser werden zu Konzernen

2004 zogen Gerhard Schröder und Ulla Schmidt nach. Mit dem Krankenversicherungs-Modernisierungs-Gesetz wurden neue Möglichkeiten zur Privatisierung geschaffen. Private Investoren kauften seitdem hunderte öffentliche Krankenhäuser und fassten diese zu Konzernen zusammen.

Was dadurch entstand, sehen wir nicht erst heute. Unter Angela Merkel und Jens Spahn wurde der Einfluss der Investorengruppen Asklepios, Ameos, Rhön und Co. noch umfangreicher. Kliniken sollten „effizienter“ arbeiten. Effizienter heißt aber, dass Kliniken, Personal, Ärzte und Therapeuten immer weniger Zeit für Patienten haben und es schnell und günstig gehen muss. „Blutige“ Entlassungen nach ambulanten Operationen, keine Zeit mehr für eingehende Gespräche und Diagnosen und Stress auch für die wie am Fließband arbeitenden Mediziner.

Die Gesundheit der Bevölkerung darf nicht der Profitmaximierung von Investoren untergeordnet werden.

Immer neue Krankenhauspleiten, ständige Verwalter-Wechsel und neue, millionenschwere Beraterverträge in den Kliniken – es ist ein Thema, das früher oder später jeden von uns betrifft, und da wundert es mich, dass nicht mehr darüber gesprochen wird. Ich appelliere an alle Politiker, sich endlich für das Gesundheitswesen zu interessieren, auch wenn es nichts Persönliches durch Maskendeals zu verdienen gibt.

Insgesamt gibt es also viele Probleme im deutschen Gesundheitswesen. Politiker sollten sich mehr um das Thema kümmern und sicherstellen, dass es ausreichend Personal und Ressourcen gibt, um eine gute Versorgung der Patienten zu gewährleisten.

* Diese Felder sind erforderlich.