Polizei geht auf der Suche nach Nachwuchs neue Wege

Weiden/Nabburg/Regensburg. Der Polizei geht der Nachwuchs aus. Zumindest die Gewerkschaft der Polizei beschreitet nun neue Wege, um der Misere Herr zu werden.

Polizei Waffe Symbolbild
Symbolbild: OberpfalzECHO/Ann-Marie Zell

“Wer nicht mit der Zeit geht, geht mit der Zeit” – diesen vielsagenden Spruch nimmt sich der Landesverband Bayern der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) zu Herzen und hat die kostenlose App “ready4COP” veröffentlicht. Mit ihr können Jugendliche gezielt trainieren, um die sportlichen Hürden des Einstellungstests besser zu meistern.

App für die Fitness

“Die Zeiten, in denen die bayerische Polizei auf eine freie Stelle sieben bis acht Bewerberinnen und Bewerber zur Auswahl hatte, sind leider längst vorbei”, sagt DPolG-Landesvorsitzender Jürgen Köhnlein. “Mit unserer App “ready4COP” leisten wir einen Beitrag, dass zukünftige Bewerber den Sporttest auch bestehen.”

Die Polizei stehe nicht nur im direkten Konkurrenzkampf mit der freien Wirtschaft, sondern auch mit der Bundespolizei oder der Bundeswehr. “Erschwerend kommt hinzu, dass mit dem Jahr 2025 aufgrund der Umstellung von G 8 auf G 9 ein abiturfreier Jahrgang kommen wird, das heißt ein ganzes Jahr ohne Großteile der Bewerber. Da wiegt jeder Verlust durch einen nicht bestandenen Sporttest doppelt bitter.”

Aktionstag in Nabburg

Mehr auf den analogen Weg setzt das Polizeipräsidium Oberpfalz. Es organisierte am vergangenen Wochenende bei der Bereitschaftspolizei Nabburg erstmals einen zentralen Aktionstag zur Nachwuchswerbung. Unter dem Motto „Fordere Dich heraus!“ durften Interessierte probehalber den Sporttest der Bayerischen Polizei ablegen und sahen so sofort, ob sie körperlich fit genug für den Polizeiberuf sind. Ferner wurde der Bewerbungszeitraum für 2023 bis zum 30. November 2022 verlängert.

Polizei zum Anfassen

An verschiedenen Stationen lernten die knapp 70 jungen Teilnehmer, viele waren auch mit ihren Eltern gekommen, die Polizei näher kennen. So konnten sie die Schutzausrüstung anprobieren und bekamen erklärt, in welchen Einsatzlagen das sehr schwere Equipment Verwendung findet. Was trägt ein Polizist am Gürtel? Dazu wurden Waffen, Ausrüstung und Fahrzeuge vorgestellt. Die Jugendlichen konnten sich auch in Einsatzfahrzeuge setzen, alle Ausrüstungsgegenstände anfassen und sich darüber informieren. Zahlreiche Polizeibeamte aus der Oberpfalz standen als Ansprechpartner zur Verfügung. Auch Polizeivizepräsident Thomas Schöniger war zur Veranstaltung gekommen. 

Sitzt der Helm? Fotos: Polizei Oberpfalz
Sitzt der Helm? Fotos: Polizei Oberpfalz
Bankdrücken gehörte zum Sportprogramm. Foto: Polizei Oberpfalz
Bankdrücken gehörte zum Sportprogramm. Foto: Polizei Oberpfalz
Was befindet sich alles im Kofferraum eines Polizeiautos? Foto: Polizei Oberpfalz
Was befindet sich alles im Kofferraum eines Polizeiautos? Foto: Polizei Oberpfalz
Der Oberpfälzer Polizeivizepräsident Thomas Schöniger stellte sich den Fragen des potenziellen Polizeinachwuchses. Foto: Polizei Oberpfalz
Der Oberpfälzer Polizeivizepräsident Thomas Schöniger stellte sich den Fragen des potenziellen Polizeinachwuchses. Foto: Polizei Oberpfalz
Hoch die Beine hieß es beim Springen über eine Bank. Foto: Polizei Oberpfalz
Hoch die Beine hieß es beim Springen über eine Bank. Foto: Polizei Oberpfalz
Polizei Oberpfalz
Foto: Polizei Oberpfalz
Was befindet sich alles im Kofferraum eines Polizeiautos? Foto: Polizei Oberpfalz
Polizei Oberpfalz
Foto: Polizei Oberpfalz

Sporttest im Mittelpunkt

Der Sporttest beinhaltete die Stationen Bankdrücken, Pendellauf, Ausdauerlauf (Cooper-Test) und Springen über eine Kleinbank. Diese Übungen müssen beim Einstellungstest der Bayerischen Polizei bestanden werden. An der letzten Station wurde den Teilnehmenden ein exklusiver Einblick in die Unterkunft der Auszubildenden und das Lehrsaalgebäude gewährt. Wo und wie leben die Anwärter bei der Polizei? Die Polizeischüler/innen berichteten aus erster Hand über ihre Erfahrungen und beantworteten viele Fragen der Interessierten.

Weniger Bewerbungen

Wie sieht die Personalsituation der Polizei konkret in der Oberpfalz aus? 2.065 Polizisten gibt es derzeit im Regierungsbezirk, 448 im Bereich Weiden. Zu wenig, wie Insider berichten und wie auch die Erfahrungen der vergangenen Jahre mit personell abgespeckten Dienststellen zeigen. Polizeioberkommissar Claus Feldmeier vom Polizeipräsidium Oberpfalz erklärt auf Anfrage von OberpfalzECHO, dass die Bayerische Polizei mit rückläufigen Bewerberzahlen bei gleichzeitig hohem Einstellungsbedarf zu kämpfen habe. “Verglichen mit 2020 haben wir heuer 16 Prozent weniger Bewerbungen.” Auf diese Entwicklung habe die Behörde bereits vor viereinhalb Jahren mit der Anhebung des Einstellungsalters von 25 auf 30 Jahre reagiert. Außerdem beschäftige sich eine polizeiinterne Arbeitsgruppe derzeit damit, die Regelungen und Abläufe bei Bewerbungen und Einstellungen sowie die Einstellungsvoraussetzungen zu analysieren und eventuell anzupassen.

Warum zur Polizei?

Die Bezahlung v on Polizeibeamten gilt als nicht gerade üppig. Vor allem bei einem Einsatz in größeren Städten ist das ein Problem für viele junge Gesetzeshüter. Zu allem Überfluss müssen die Beamten auch mit immer mehr Respektlosigkeit und Gewalt gegen sich rechnen. Warum also sollten junge Leute heute noch zur Polizei gehen? Bei dieser Frage verweist der Regensburger Pressesprecher auf die offizielle Stellungnahme der Bayerischen Polizei, die recht rosarot formuliert ist und nicht konkret auf die Probleme ihrer Beamten eingeht.

“Der Beruf bei der Bayerischen Polizei ist vielfältig, abwechslungsreich und sicher. Nach der Ausbildung oder dem Studium (die Übernahme nach erfolgreichem Abschluss ist garantiert) werden viele spannende Einsatzgebiete geboten … oder besondere Einsatzbereiche wie Diensthunde-, Reiter- oder Hubschrauberstaffel. Neben dem krisensicheren Arbeitsplatz mit geregeltem Einkommen sind vor allem auch der Zusammenhalt und die Chance, Teil eines starken Teams zu sein und die guten Aufstiegschancen hervorzuheben. Familie und Beruf lassen sich bei der Bayerischen Polizei sehr gut miteinander vereinbaren.” So weit die Stellungnahme der Einstellungsbehörde.

Hunderte Überstunden

Über solche Sätze kann Norbert C. (Name der Redaktion bekannt) nur schmunzeln: “Klar müssen die alles schön darstellen, aber die Realität sieht anders aus”, sagt der Kripo-Beamte, der nicht namentlich genannt werden will. Seit Jahren schleppe er eine dreistellige Zahl Überstunden mit – “ohne Aussicht auf Besserung”, sagt der Mittvierziger. Das Problem sei nicht allein, dass niemand mehr zur Polizei will. “Es wird doch alles kaputt gespart, das geht mir gewaltig auf den Keks.”

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1 Kommentare

Polizist - 10.11.2022

“…Familie und Beruf lassen sich bei der Bayerischen Polizei sehr gut miteinander vereinbaren.“ So weit die Stellungnahme der Einstellungsbehörde….”

Klar :-), nur begrenzt Teilzeitstellen, kein Sonderurlaub, kein Sabbatjahr, kein Homeoffice, Schichtdienst und jedes vierte Wochenende frei.