Schätze aus dem Stadtarchiv (2): Kosaken lassen ihre Kriegskasse zurück

Weiden. Wer diese Kiste anheben möchte, der braucht schon Bärenkräfte. Historiker Sebastian Schott präsentiert für die Serie „Schätze aus dem Stadtarchiv“ eine Kriegskasse aus dem Jahr 1815.

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Sebastian Schott zeigt die Kriegskasse der Kosaken, zurückgelassen in Weiden. Foto: Christine Ascherl

Kosaken haben die schwere, eiserne Truhe damals in einem Haus am Unteren Markt 22 zurückgelassen (heute “beanery”). Sie ist Beleg dafür, dass die Stadt Weiden in Kriegszeiten viele, viele Male Durchgangslager für Truppen aus ganz Europa war. Unter anderem zur Zeit der Napoleonischen Kriege, aus der die Kiste stammt.

1796 fiel in Weiden die französische Revolutionsarmee ein und forderte von den Bürgern erhebliche Zwangsabgaben. Nach dem Bündnis der Bayern mit Napoleon wurden die Seiten gewechselt. Für die Bevölkerung blieb die Lage angespannt. 1809 mussten die rund 2000 Einwohner französische Truppen in ihren Privathäusern unterbringen, später eine sächsische Armee versorgen.

Kosakenlager im heutigen Max-Reger-Park

Während der Befreiungskriege 1813 bis 1815 waren es schließlich russische Truppen, die auf ihrem Weg von und nach Frankreich durch die Oberpfalz zogen. Aus dieser Zeit gibt es zwei “Andenken”: Zum einen hinterließen die Russen die eiserne Kriegskasse. Zum Zweiten ist von Albert Vierling (“Die Oberpfalz”, 1915) eine Geschichte seines Großonkels über einen misslungenen Pferdekauf überliefert worden.

Demnach bezog Mitte Mai 1815 das große Woronzow’sche Corps Quartier in Weiden. Die Kosaken lagerten im Bereich des heutigen Max-Reger-Parks. Die Waldnaab verlief damals noch in den Windungen ihres natürlichen Flussbetts.

Der missglückte Pferdekauf

Der achtjährige Johannes Lindner (verstorben 1887) aus der Schulgasse bestaunte die Donpferde im Soldatenlager am Zimmeranger. Als ihm ein Kosake eines der Pferdchen zum Kauf anbot, holte er heimlich seine Ersparnisse und überbrachte diese dem Soldaten. Der lachte ihn aus, verpasste ihm eine Ohrfeige und rückte das Donpferd nicht heraus. Johannes kehrte Tage darauf mit seinem Vater ins Lager zurück. Da waren die Kosaken fort – samt Pferd und Silbermünzen.

Die Militärkasse, die nach dem Abzug der Kosaken im Högler-Haus am Unteren Markt entdeckt wurde, war übrigens leer. Sie wurde damals an die Stadt übergeben, der sie heute noch gehört. Historiker Schott kann sich erinnern, dass die Kiste einmal für eine Ausstellung nach Dresden ausgeliehen war. Zwei Bundeswehrsoldaten waren dazu abgestellt, die bleischwere Schatztruhe wiederzubringen. Tatsächlich schaffte es einer der beiden Soldaten ganz allein, die bleischwere Truhe zu bewegen: „Der hat die ganz allein durchs Haus getragen.“

Dreißigjähriger Krieg in Weiden: Engländer, Schotten, Kroaten, Spanier, Italiener und die Schweden

  • Schon im Dreißigjährigen Krieg ging es in Weiden „international“ zu. Heere aus allen Richtungen zogen durch die Stadt und schlugen teilweise ihre Lager auf. 1620 zieht Oberst Andrew Grey mit 3000 Engländern und Schotten durch. 1621 trifft sich Graf von Mansfeld in Weiden mit Markgraf Johann Georg von Brandenburg-Jägerndorf, um über den Krieg in Böhmen zu beraten. Mansfeldische Reiter stehlen den Bürgern eine Herde Kühe, zwei Weidener werden von den Soldaten getötet. Sie gelten als erste Opfer des Dreißigjährigen Kriegs in Weiden.
  • 1620 sind es die Spanier und Italiener, die in der Vorstadt übernachten: 10.000 kaiserliche Reiter unter Gonzola Fernandez de Cordoba. 1625: Wieder ziehen Krieger durch. Ein böhmischer Soldat schleppt die Pest ein. Wallensteins kaiserliches Heer passiert Weiden gleich einige Male. 1632 plündern kroatische Truppen die Stadt.
  • Und schließlich kommen die Schweden: Sie schießen am Unteren Tor eine Bresche in die Stadtmauer. Die kaiserlichen Truppen ergeben sich und ziehen ab. Bernhard von Weimar, Oberbefehlshaber des schwedischen Heeres, übernimmt die Regie. Er lässt in der Stadt Schanzen anlegen, bei den Arbeiten kommt es zum Ausbruch der Pest. 1635 wird Weiden zurückerobert, 1648 wieder von den Schweden besetzt.

Als 1648 der Westfälische Friede beschlossen wird, ist Weiden wirtschaftlich ruiniert und die Einwohnerzahl auf 1100 Menschen halbiert.

Im 19. Jahrhundert gab es noch keinen Max-Reger-Park und keinen Flutkanal. Die Kosaken lagerten auf einer Art Insel in den natürlichen Flussauen der Waldnaab. Foto: Stadtarchiv

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Das Buch „Schätze aus dem Stadtmuseum und dem Stadtarchiv Weiden erzählen Stadtgeschichte“ von Petra Vorsatz und Sebastian Schott ist im Buchhandel sowie im Kulturamt und im Tourismusbüro erhältlich (12,90 Euro).

Stadtmuseum und Stadtarchiv haben montags bis freitags, 9 bis 12 und 14 bis 16.30 Uhr geöffnet. Eintritt frei.

Serie „Schätze aus dem Stadtarchiv“ auf OberpfalzECHO: Teil 1 „Ein Waffeleisen aus der Rennaissance”.

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