Willkommen im Abstiegskampf: Jahn Regensburg verliert auch in Aue

Aue. Unterirdische erste Halbzeit beim Vorletzten Erzgebirge Aue: Das 0:1 zur Pause schmeichelhaft. Nach dem Seitenwechsel bemüht sich Jahn Regensburg sichtlich um Besserung, bleibt aber meist harmlos. Die Oberpfälzer rutschen trotz famoser Hinrunde in den Abstiegskampf.

An Alex Meyer hat es nicht gelegen: Owusus Führungstreffer für die Auer sah der Jahn-Keeper zu spät. Bild: Jürgen Herda

Das haben in der jüngeren Zweitliga-Geschichte bisher nur die Würzburger Kickers geschafft. Nach einer starken Hinrunde noch in den Abstieg zu stolpern. Was in Regensburg keiner für möglich gehalten hatte, wird von Spiel zu Spiel wahrscheinlicher. Nach grandioser Bilanz von 28 Punkten bis zur Winterpause, gelang dem SSV Jahn seither ein unterirdischer Punkteschnitt von 0,5.

Vom Elan, der Spritzigkeit, der Mentalität bei überlegenen Siegen in Darmstadt (0:2), in Kiel (0:3), gegen Schalke (4:1), Hannover (3:1) nichts mehr zu sehen. Klar, jede Serie hat einen Anfang und ein Ende. Die Negativserie kam nicht über Nacht. Der Jahn schlitterte durch unglückliche Niederlagen wie gegen Bremen (2:3), Kiel (1:2), auf Schalke (2:1), gegen St. Pauli Stück für Stück in die Miesen. Mit jeder Niederlage wuchs die Verunsicherung.

Noch 6 Punkte zum Relegationsplatz

So weit, so nachvollziehbar. Dennoch muss man sich fragen lassen: Bekommt man ein Team, das ja bewiesen hat, guten Fußball spielen zu können, wirklich über Wochen nicht mehr in die Spur? War es wirklich so klug, Spieler wie André Becker und Jann George ziehen zu lassen? Klar, der Neu-Auer hat in dieser Saison selten überzeugt. Wenn man aber die Ideenlosigkeit der vergangenen Spiele fassungslos betrachtet, wäre er zumindest eine Option gewesen.

Sicher, noch sind es 6 Punkte bis zum Relegationsplatz. Der Trend ist derzeit aber alles andere als ein Regensburger. Während Sandhausen, Düsseldorf und sogar Rostock (auf Schalke!) gewinnen, fehlt einem langsam die Fantasie, wie ein Dreier in Karlsruhe, gegen Paderborn, und in Hannover gelingen soll. Und dass in dieser Form Ingolstadt freiwillig die Segel im Jahn-Stadion streicht, ist auch noch nicht ausgemacht.

Mentalitätsmonster dringend gesucht

Wo also ist der Reset-Knopf, der die Rot-Weißen an die alte Stärke glauben lässt – anstatt wie einige offenbar von Bundesliga-Karrieren zu träumen? Jetzt kann nur noch das gute alte Mentalitätsmonster helfen, das Regensburg früher ein 0:3 gegen Düsseldorf drehen ließ. Wann hat der Jahn zuletzt überhaupt mal einen Rückstand aufgeholt?

Da passt ins Bild, dass Trainer Mersad Selimbegovic eine Viertelstunde vor Schluss ausgerechnet den besten Mann vom Platz nimmt, den einzigen Hoffnungsschimmer in einer ansonsten trostlosen Offensive: Vielleicht war Jan-Niklas Beste nach langer Verletzung mit seinen Kräften am Ende. Aber man hätte ihm auch mit 50 Prozent im Tank noch eher einen lucky Punch zugetraut als den bisher so glücklosen Shipnoski, Makridis oder Zwaarts.

Jahn-Kapitän Bene Gimber will die Pleite in Aue nach dem Abpfiff nicht wahrhaben. Bild: Jürgen Herda

Aue will, der Jahn wankt

Fast wäre den Regensburgern ein Blitzstart geglückt: Der steile Pass auf Konrad Faber ist aber zu weit (1.). Das ist es dann aber auch schon mit Lichtmomenten für den Jahn. Die Nervosität geht weiter. Aue will, der Jahn wankt. Das geht viel zu leicht, naives Abwehrverhalten auf Erik Wekessers Seite, Nazarov an der Grundlinie freigespielt, zur Ecke geblockt (10.). Riesendusel: Kühn zieht ab, Keeper Alex Meyer lenkt das Ding an den Pfosten, Barylla schiebt verdutzt Meyer die Kugel aus drei Metern in die Arme. Gleich darauf erneuter Ballverlust für den Jahn. Konter, wieder Kühn, Meyer sicher (12.).

Was hat die Jahn-Offensive zu bieten? Ecke Bene Saller, direkt auf Ersatzkeeper Klewin (13.). Nächster Schreckmoment für den SSV: Jan Elvedi deutlich mit der Hand am Ball im Strafraum, kein Elfer trotz Signal aus Köln (15.). Nach vorne allenfalls Zufallsproduktionen mit einem Verlegenheitsabschluss von Max Besuschkow deutlich drüber (18.). Bei Aue geht`s schneller, Foul an Nazarow, Vorteil, wieder ein gefährlicher Abschluss von Strauß (19.). Gelb gegen Bene Gimber, weil er den Ball nicht hergibt, den Freistoß kann die Jahn-Abwehr blocken, den zweiten Ball nagelt Nazarow aus 20 Metern knapp neben den Pfosten (20.).

Ballverlust führt zu Aues Führung

Nächster Ballverlust der Regensburger, diesmal von Joshua Kennedy, Aue kombiniert sich zum Strafraum durch, Nazarov legt quer, Owusu schiebt aus 11 Metern ein, 1:0 (22.). Nächster Jahn-Bock, Ablage im 16er fast auf ein Veilchen, Wekesser gerade noch dazwischen (25.). Kaum ein Ball, der bei verunsicherten Regensburgern ankommt. Bei Aue klappt fast alles: Weiter Ball auf Owusu, alle verschätzen sich, Owusu vorspringt der Ball aus spitzem Winkel.

Immerhin mal eine spielerische Eröffnung seitens der Oberpfälzer, Saller geht über rechts, die Flanke kommt direkt auf den Keeper (32.). Im Gegenzug marschiert Nazarow, hält platziert drauf, Meyer faustet zur Ecke (35.). Aus dem Nichts dann die erste Großchance für den Jahn: Beste setzt sich gegen zwei Gegenspieler durch, spitzelt den Ball fast am Torwart vorbei, die Fingerspitzen sind dem Ausgleich im Weg. Eine Ecke, die für Gefahr sorgt: Elvedi köpft frei knapp drüber (37.).

Weite Bälle ins Nichts sind aber definitiv nicht das Rezept, um hier zum Ausgleich zu kommen (40.). Der nächste Auer Konter, ein weiter Ball, schon ist die zwei-Mann-Restabwehr ausgehebelt, möglicherweise knapp kein Abseits, aber auch knapp vorbei (41.). Anschließend ringt Kennedy Nazarov den Ball gerade noch so ab am Fünfer (42.). Ein Ballverlust von Saller auf der rechten Abwehrseite, der sprachlos macht – wieder wird’s brandgefährlich. Der Jahn muss froh sein, nur mit 0:1 in die Pause zu gehen.

Immerhin so was wie ein Schlagabtausch

Kaum sind die Mannschaften wieder auf dem Platz, schon rollt der nächste Konter der Gastgeber, Owusu von links, Meyer sicher (47.). Faber holt immerhin eine Ecke: Bestes übersichtlicher Versuch wird zum Einwurf geklärt. Aue kontert weiter, Kühn schießt etwas abgedrängt klar drüber (49.). Der einzige, auf dem man hoffen kann: Jan-Niklas Beste krallt sich den Ball am 16er, setzt den Schuss einen halben Meter neben den linken Pfosten (53.). Jedem Angriffsversuch der Oberpfälzer folgt ein Konter – diesmal ohne Befund.

Der bisher unauffällige Carlo Boukhalfa versucht’s aus der zweiten Reihe, Klewin kratzt die Kugel aus dem Eck. (55.). Auch Wekesser darf jetzt einmal draufhalten, setzt den Schuss aber einen Meter neben den rechten Pfosten, nachdem zuvor Beste zu Boden gerungen wurde (56.). Aues Konter werden weniger, aber es gibt sie noch: Zolinskis Kopfball ist zu schwach (58.). Dann ein Weltklasse Pass von Beste auf Besuschkow, der Regensburger Spielmacher mit kläglichem Abschluss (61.).

Redliches Bemühen, überschaubare Gefahr

Keine Frage, das Remis hätten sich die Gäste jetzt verdient. Aber noch immer herrscht zu viel Leerlauf, um gegen Aue tatsächlich einen Wirkungstreffer zu setzen. Die meisten Ansätze versanden, wie Wekessers schwache Ecke, Saller ackert mit dem zweiten Ball rechts außen und semmelt die Kugel in den Himmel (70.).

Jetzt setzt Aues Verlegenheitscoach Pavel Dotchev, der sich als Sportchef, nicht als Trainer sieht, ein psychologisches Zeichen: Ex-Jahn-Dribbler Jann George darf auflaufen. Wekessers nächste Ecke kommt etwas schärfer, aber keiner kommt hin. Sein Freistoß etwas später fliegt zu weit, immerhin eine weitere harmlose Ecke springt dabei heraus (73.). Die Zeit läuft, und Jahn-Trainer Mersad Selimbegovic nimmt ausgerechnet den besten Mann vom Feld: Shipnoski und Makridis für Beste und Faber (75.).

Der Rest ist Stückwerk ohne echte Chance. Mit einer Ausnahme: Makridis köpft frei am Fünfer drei Meter vorbei, unfassbar (83.). Aue schindet jetzt nachvollziehbar Zeit, Selimbegovic schickt David Otto für Albers aufs Feld, dazu Zwaarts für Elvedi (86.). Aber auch vier Minuten Nachspielzeit bringen den Jahn nicht näher ans Auer Tor. Einmal mehr zu wenig.

Erleichterung aber auch Sorgen nach dem Abpfiff bei Erzgebirge Aue: Sören Gonther bleibt verletzt liegen. Bild: Jürgen Herda

Die nächsten Jahn-Spiele

Der SSV Jahn Regensburg bleibt trotz der Niederlage Tabellen-Zehnter (32 Punkte) mit sechs Punkten Vorsprung vor Dynamo Dresden auf dem Relegationsplatz.

  • Sonntag, 13. März, 13.30 Uhr: Karlsruhe-Jahn
  • Samstag, 2. April, 13.30 Uhr: Hannover-Jahn
  • Freitag, 8. April, 18.30 Uhr: Jahn-Ingolstadt
  • Sonntag, 17. April, 13.30 Uhr: Rostock-Jahn

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1 Kommentare

Rudolf Seiz - 06.03.2022

Was Sie nicht zu schreiben gewagt haben, ist das Faktum, dass der Trainer sofort weg muss! Aber sowas von sofort