Zum ersten Mal auf dem Lohnzettel: Entschädigung für die Wege zu den Baustellen

Nordoberpfalz. Der Lohnzettel für Bauarbeiter in der Region sieht diesmal in einem entscheidenden Punkt anders aus: Zum ersten Mal bekommen sie im Februar eine Lohnabrechnung, auf der die Kilometer eine Rolle spielen, die sie im Januar auf ihrem Weg zu den Baustellen zurückgelegt haben.

Symbolfoto: IG Bau

Das ist eine Premiere für den Bau: Jetzt gibt es eine Entschädigung für die Fahrstrecken und damit vor allem für die vielen Stunden, die Maurer, Betonbauer, Kranführer & Co. jeden Monat auf der Straße unterwegs sind. Denn bislang hat ein Großteil der Bauarbeiter Zeit und Nerven investiert, um zu den Baustellen zu kommen, alles zum Null-Tarif.

Denn die meisten Bauarbeiter haben ihre Zeit für die Fahrten zur Baustelle dem Chef einfach geschenkt, sagt Manfred Götz. Für den stellvertretenden Bezirksvorsitzenden der IG BAU Oberpfalz ist die Entschädigung der Wegezeit ein wichtiger Schritt nach vorn, um die Arbeit auf dem Bau vom Lohn her attraktiver und gleichzeitig auch gerechter zu machen.

Konkrete Zahlenbeispiele

Die Bau-Gewerkschaft weiß, wovon sie spricht: Sie hat die Fahrstrecken beim Pestel-Institut in Hannover untersuchen lassen. Demnach sind etwa neun von zehn Beschäftigten der Baubranche an 200 Arbeitstagen unterwegs, um zu den Gebäuden, Straßen und Brücken zu kommen, die sie bauen und sanieren sollen.

Weiden

Die etwa 470 Bauarbeiter in Weiden legen für die einfache Fahrt im Schnitt 20 Kilometer zurück. Die Wissenschaftler vom Pestel-Institut kommen dabei auf rund 3,7 Millionen Baustellen-Kilometer im Jahr. Rein rechnerisch fahren die Bauarbeiter aus Weiden in der Oberpfalz damit rund 92 Mal um die Erde.

Neustadt/WN

Rund 1.310 Bauarbeiter im Landkreis Neustadt/WN legen für die einfache Fahrt im Schnitt 69 Kilometer zurück, das ergibt rund 898 Erdumrundungen.

Tirschenreuth

Die rund 1.940 Bauarbeiter im Landkreis Tirschenreuth legen durchschnittlich 69 Kilometer zurück. Die Wissenschaftler kommen dabei auf
rund 53,3 Millionen „Baustellen-Kilometer“ im Jahr, 1.330 Mal um die Erde.

Klar, mal liegt die Baustelle um die Ecke, oft ist sie aber auch weit entfernt, so Manfred Götz weiter. Bei der Untersuchung sind, so das Pestel-Institut, für die Mobilität von Baubeschäftigten relevante Faktoren wie die Siedlungsdichte berücksichtigt.

Viel Zeit in den Job investiert

Das Ergebnis macht deutlich, dass die, die auf dem Bau arbeiten, viel Extra-Zeit am Steuer vom Auto oder im Baubulli verlieren. Dabei ist die Wegezeit nichts anderes als für den Bau-Job investierte Lebenszeit, sagt Carsten Burckhardt. Er ist im IG BAU-Bundesvorstand für die Bauwirtschaft zuständig und spricht von enorm Kilometer-aktiven Bau-Jobs.

Fahrzeiten werden jetzt vergütet

Die Zeiten, in denen Fahrstrecken von Bauarbeitern einfach unter den Teppich gekehrt wurden, seien jetzt allerdings endgültig vorbei: Für die Strecken zwischen dem Betrieb und der Baustelle bekommen Bauarbeiter, die Tag für Tag von zu Hause aus anfahren, jetzt je nach Kilometern zwischen sechs und acht Euro pro Tag. Wer nicht mit dem Baubulli fährt, sondern das eigene Auto nimmt, bekommt weiterhin zusätzlich Kilometergeld. Auch für Fahrten mit Bussen und Bahnen gibt es eine Erstattung, erläutert Carsten Burckhardt.

Infos

Weitere Informationen zur Wegezeitentschädigung gibt es auf der Website der IG BAU.


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