Franz Zmatlik und die Bratpfanne

Fuchsmühl/Kraslice. Vor 30 Jahren fiel der Eiserne Vorhang. Fast genauso lange arbeitet der Tscheche Franz Zmatlik als Elektriker im Nachbarland. Bei der Fuchsmühler Firma hat er neue Freunde gefunden und einige Landsleute kennengelernt.

Von Udo Fürst

Franz Zmatlik
Franz Zmatlik und seine Frau Zora im trauten Heim in Kraslice in Tschechien

Entspannt steht Franz Zmatlik an der Landesgrenze, die Kraslice in Tschechien mit Klingental in Sachsen jahrzehntelang trennte. Heute, 30 Jahre nach dem Fall des Eisernen Vorhangs, sind beide Städte fast zusammengewachsen. Längst ist es kein Problem mehr, von einem zum anderen Ort zu fahren oder zu Fuß zu erreichen. „Es ist schon ein tolles Gefühl“, sagt der 65-Jährige lächelnd. Ihn verbindet mehr als nur die räumliche Nähe seiner Heimatstadt Kraslice mit dem Nachbarland.

Seit 1991 in Fuchsmühl

Seit 1991 verdient der Elektriker sein Geld beim Fuchsmühler Elektrounternehmen Pirmanschegg in Deutschland – mit einer Ausnahme zwischen 1988 bis 2000, als von deutscher Seite kaum noch Arbeitsgenehmigungen erteilt wurden. Sein Glück, wie Zmatlik es nennt, hatte er Manfred Heider, dem damaligen Bürgermeister von Waldershof zu verdanken. Den habe er bei einem Konzert einer tschechischen Blaskapelle in Waldershof, in der sein Schwager mitspielte, kennengelernt. Daraufhin habe Heider ihn zum Elektrobetrieb im Nachbarort vermittelt.

Bis zur Grenzöffnung war Zmatlik bei einer großen Musikfabrik in seinem Heimatort beschäftigt. Schnell habe er sich an die neue Umgebung, an Deutschland, an seine Kollegen, die ihn nur „Tschechen-Franz“ nennen, und an seine Chefs gewöhnt. Ganz tolle Menschen seien das, schwärmt Zmatlik und betont, dass er das nicht nur sage, weil er dort arbeiten könne. Hilfreich seien auch seine guten Deutschkenntnisse gewesen.

Meine Oma und meine Mutter kamen aus dem Sudetenland und so bin ich mit der Sprache aufgewachsen,

erklärt der Vater zweier erwachsener Kinder.

Franz Zmatlik
Franz Zmatlik in Klingental, das nur drei Kilometer von Kraslice entfernt ist.

Strafzettel und Bratpfanne

Doch Franz Zmatlik hat nicht nur gute Erfahrungen gemacht im Land seiner Arbeitgeber. Neben nervenzehrenden Grenzkontrollen Anfang der Neunziger Jahre machte er in dieser Zeit auch unliebsame Bekanntschaft mit den deutschen Ordnungshütern. Weil er sein Auto auf der Heimfahrt in Waldsassen kurz im Parkverbot abgestellt hatte, verpasste ihm ein Polizist einen Strafzettel über 20 Mark. Kurz zuvor aber hatte er sein ganzes Bargeld für ein Geburtstagsgeschenk für seine Schwägerin ausgegeben. Weil er die Strafe aber nicht gleich vor Ort bezahlen konnte, konfiszierte der Beamte kurzerhand Zmatliks Pfanne.

Franz Zmatlik

Als die Hofer Tageszeitung Frankenpost damals über die etwas seltsame Gesetzesauslegung des Polizisten berichtete, bekam er die Pfanne aber samt Entschuldigungsschreiben des Oberpfälzer Polizeipräsidiums schnell zurück. Längst kann der Tscheche über den Vorfall vor gut 20 Jahren lachen. „Aber damals hat mir das einen gehörigen Schreck eingejagt“, erzählt Zmatlik grinsend.

Das größte Geschenk

Seit geraumer Zeit arbeiten auch sein Sohn Franz (in Markneukirchen) und sein Schwiegersohn (in Klingental) in Deutschland. Der westliche Nachbar ist ein beliebtes Einkaufsziel für viele Tschechen. Auch Franz Zmatlik und seine Frau Zora kaufen gerne im nur drei Kilometer entfernten Klingental ein. „Die Geschäfte sind einfach schöner und teilweise sogar billiger als bei uns.“ Doch das ist nur einer von vielen Vorteilen nach dem Ende des Kommunismus. „Wir können wieder sagen, was wir denken und wir können dorthin fahren, wo wir wollen“, freut sich der Handwerker. Die Reisefreiheit sei das größte Geschenk.

Wie war das damals vor 30 Jahren, als die Grenze geöffnet wurde? „Das war unglaublich. Jeder hat sich riesig gefreut über die sensationelle Nachricht. Auch wenn es zuvor schon etwas leichter geworden war durch die Politik Vaclav Havels.“ Heute arbeiten die meisten Leute, die er kenne, in Deutschland. So auch Jaroslav Hradek aus dem Nachbarort Bublava. Mit dem ebenfalls bei Pirmanschegg beschäftigten Elektriker zusammen hat Zmatlik seit Jahren eine Fahrgemeinschaft. Bei einer einfachen Fahrtstrecke von gut 80 Kilometern täglich eine gute Idee.

Bald in Rente

Mit der Politik in seinem Land sei er relativ zufrieden. Es gebe zwar immer etwas zu meckern, aber im Großen und Ganzen laufe es schon vernünftig in Tschechien. Mindestens einen großen Unterschied gebe es aber schon: das Lohngefälle. „Bei uns verdienst du in einem vergleichbaren Job nur ein Drittel bis höchstens die Hälfte von dem, was du in Deutschland bekommst.“ Da könne man schon 160 Kilometer täglich fahren.

Lange muss Zmatlik allerdings nicht mehr zum Job reisen: Im Juli geht der Elektriker in Rente. Dann muss sein Kollege Jaroslav die täglich 160 Kilometer ins Nachbarland und zurück noch drei Jahre alleine fahren. Bildtexte:

Fotos: Udo Fürst

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