Berliner Ampelregierung: Unternehmer schütteln nur mehr den Kopf

Erbendorf. 25 Jahre gibt es den Gewerbepark Erbendorf. Zum Jubiläumsauftakt diskutierten jetzt die Unternehmer mit Politikern. Und den Firmenchefs brennt einiges unter den Nägeln.

Peter Götzl (Zweiter von links) führte die Gäste durch seinen Betrieb. Foto: Theo Kurtz

Der Erbendorfer Gewerbepark wird heuer ein Vierteljahrhundert alt. Ein Grund, zu feiern. Höhepunkt wird am 5. Mai der Tag der offenen Betriebe sein. Zum Start ins Jubiläumsjahr diskutierten in der nagelneuen Halle der Metallbaufirma Götzl Unternehmer mit Vertretern der Politik.

Landrat Roland Grillmeier, Gewerbegebiet-Gründervater und Erbendorfer Alt-Bürgermeister Hans Donko, der Europaabgeordnete Christian Doleschal und der Tirschenreuther Wirtschaftsförderer Anton Kunz stellten sich den Fragen der Unternehmer. Dabei wurde deutlich: Ihnen brennt so manches unter den Nägeln. Alleine die Arbeit der Berliner Ampelregierung löst bei vielen nur mehr Kopfschütteln aus. Gastgeber Peter Götzl wird deutlich: “Die Politik ist einfach katastrophal.”

Das bekommt er, der Mittelständler mit seinen 30 Beschäftigten, selbst schmerzhaft zu spüren. Er hatte im Gewerbegebiet schwer investiert, eine neue, große Halle gebaut. Die Rahmenbedingungen für die Erweiterung waren damals noch top. Die Auftragsbücher waren voll. “Wir arbeiteten von Montag bis Freitag in dreieinhalb Schichten.” Schnee von gestern.

Reserven der Unternehmen schmelzen weg

Seit einem Jahr reicht der Ein-Schicht-Betrieb aus. Nachdem in Berlin vollmundig und über Monate hinweg und zum Schluss erfolglos über die Einführung eines günstigen Industriestrompreises in Höhe von fünf Cent diskutiert worden war, erlahmte das Interesse der Unternehmen, sich teure Photovoltaikanlagen aufs Produktionshallendach zu montieren. Ausgerechnet dafür liefert der Erbendorfer Metallbauer aber die Unterkonstruktion. Was Götzl auffällt: Zahlten früher seine Kunden rechtzeitig, muss er ihnen mittlerweile immer öfter Mahnungen schicken. Für ihn ein Zeichen, dafür, dass die Unternehmen immer weniger auf der berühmten hohen Kante haben. “Ich denke, viele kämpfen jetzt tatsächlich ums Überleben”, befürchtet er.

Standen Rede und Antwort (von links): Europaabgeordneter Christian Doleschal, Landrat Roland Grillmeier, Kreisentwickler Anton Kunz und Alt-Bürgermeister Hans Donko. Foto: Theo Kurtz

Vorschriften kosten viel Geld

Massiv ausgebremst werden die Unternehmer auch durch die überbordende Bürokratie. Alfons Meierhöfer, Chef des gleichnamigen Metallbaubetriebs, kann ein Lied davon singen. Alleine das Einhalten der Datenschutz- und Hinweisgeberschutzgesetze kosten ihm im Jahr rund 15.000 Euro. Und die nächsten Regularien werden auf die Betriebsinhaber zurollen. Das Lieferketten- und das Nachhaltigkeitsgesetz. Wie gerade mittelständische Betriebe das umsetzen sollen, bleibt, das wurde an dem Abend deutlich, vielen ein Rätsel.

Braucht es einen Prüfstatiker?

Nicht nachvollziehen kann zum Beispiel der Geschäftsführer der Maschinenbaufirma Windschiegl, Martin Höck, warum er sechs Monate lang auf die Baugenehmigung für seine neue Halle warten musste. “Eine größere hatten wir bereits 2008 errichtet”, erzählt. Damals hatte er innerhalb von wenigen Tagen den Okay-Stempel bekommen. Ins Grübeln kommt auch Peter Götzl, wenn er an sein eigenes Hallen-Projekt denkt. Alleine der Prüfstatiker, der die ja bereits vorhandenen Berechnungen des Statikers noch mal unter die Lupe nimmt, hat ihn zwei Monate Zeit und 100.000 Euro gekostet. “Braucht es denn wirklich so etwas?”, fragt sich der Unternehmer.

Lehrlinge sind Mangelware

Schwer zu kämpfen haben die Betriebe mit dem Azubi- und Fachkräftemangel. Dazu gesellt sich noch ein anderes, typisches flache-Land-Problem. Die immer weniger werdenden jungen Leute, die heute noch in die Lehre gehen wollen, kommen gar nicht erst zu ihren Ausbildungsbetrieben. Alleine mit dem ÖPNV von Windischeschenbach ins nur zehn Kilometer entfernte Erbendorf zu gelangen, ist fast schon ein Ding der Unmöglichkeit. Landrat Grillmeier sieht in der stärkeren Verzahnung von Baxi-Linien in den Landkreisen Neustadt/WN und Tirschenreuth eine Möglichkeit, um mehr Mobilität zu gewährleisten.

Deutschen machen alles genau

Die Podiumsgäste mussten den Unternehmern in vielen Dingen absolut recht geben. “Die Bundesregierung macht keinen allzu guten Job”, findet der Tirschenreuther Landrat. Gerade mit Blick auf die Exportabhängigkeit Deutschland hätte man zum Beispiel bei der Energiepolitik andere Wege einschlagen müssen. In seinen Augen ist sie, auch mit Blick auf das Abschalten der Kernkraftwerke, fehlgeleitet.

Europaparlamentarier Doleschal kann den Ärger über das bundesrepublikanische Bürokratiemonster nachvollziehen. “Wir Deutschen wollen halt alles ganz genau machen”, betont er. Erst neulich sei er mit Österreichern unterwegs gewesen. Die sehen manches entspannter. Innovativ bekämpfen die Esten die Bürokratie-Flut, die aus Brüssel dorthin schwappt. “Die lassen über alle Vorschriften die Künstliche Intelligenz drüberlaufen”, erzählt er. Damit lassen sich Doppelungen und Überschneidungen sofort erkennen und aussondern.

Umdenken in der Gesellschaft notwendig

Um die Bürokratie hierzulande einzubremsen, bedürfe es eines gesellschaftlichen Umdenkens. Für ihn ist das auch eine Frage der Mentalität. Grillmeier stimmt ihm zu. Er würde sich mehr Pragmatismus wünschen. “Wenn etwas passiert, muss man nicht zusätzliche Vorschriften erlassen, um zu verhindern, dass sich Gleiches irgendwann wiederholen kann.” Um dem Arbeitskräftemangel zu begegnen, sieht Wirtschaftsförderer Anton Kunz zwei Ansätze. Die Unternehmen selbst müssen für Bewerber attraktiver werden, zum anderen müsse man stärker Migranten in den Ausbildungsprozess integrieren. “Das ist zwar mühsamer, aber alleine mit den einheimischen Jugendlichen wird man das Lehrlingsproblem nicht lösen können.”

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