Mini-Trendwende für Jahn Regensburg: Nullsummenspiel gegen Holstein Kiel

Regensburg. Das Beste am Spiel gegen den hohen Norden: Die Null steht. Das ist für den SSV Jahn Regensburg nach zwei deftigen Pleiten mit 0:10 Toren eine kleine Trendwende. Allerdings wäre gegen keineswegs überzeugende Störche von Holstein Kiel auch ein Befreiungsschlag drin gewesen.

Hatte sich viel vorgenommen: Die Startelf des SSV Jahn Regensburg brannte nur zehn Minuten ein Strohfeuer ab. Bild: Jürgen Herda

Jahn-Trainer Mersad Selimbegovic hatte nach den trostlosen Auftritten gegen den Karlsruher SC (0:6) und bei Fortuna Düsseldorf (0:4) zwar allen Grund zur Umstellung. Die massive Veränderung der Startelf war allerdings nicht der Hoffnung auf neue Impulse durch die Reservisten Kaan Caliskaner (zum ersten Mal von Beginn an seit Dezember), Charalambos Makridis sowie der jüngsten Schalke-Leihe Blendi Idrizi geschuldet.

Vielmehr hatte der Coach die Qual der Wahl, wer die Ausfälle Leon Guwara (Schulter-OP), Max Thalhammer (krank) und Bene Gimber (erkältungsgeschwächt) am ehesten ersetzen kann. Außerdem gönnte er Nicklas Shipnoski eine Verschnaufpause. Langsam zu alter Form der Vorsaison zurück fand dagegen Scott Kennedy als behelfsmäßiger Linksverteidiger im Lauf des Spiels.

Anders stellte sich die Lage bei KSV-Trainer Marcel Rapp dar. Nach dem schmeichelhaften 1:0-Heimsieg gegen den SV Sandhausen befinden sich die Nordlichter wieder in der Spur, und Rapp konnte aus dem Vollen schöpfen. Mit Philipp Sander und Simon Lorenz gab er zwei frischen Kräften den Vorzug vor Julian Korb und Aleksander Ignjovski.

Manche Jahn-Fans waren hübscher anzuschauen als das Spiel am grünen Rasen. Bild: Jürgen Herda

Regensburgs Strohfeuer schnell abgebrannt

Wie schon in Düsseldorf zeigt der SSV Jahn zu Beginn, dass sich die Mannschaft viel vorgenommen hat. Als wollten sie das Spiel schon in den ersten zehn Minuten mit gefletschten Zähnen auf ihre Seite zerren, geben sie den Gästen aus Kiel kaum Raum zum Gegenangriff. Allerdings lodert dieses Strohfeuer – ebenfalls wie in Düsseldorf – nur kurz, zumal der letzte Pass partout nicht ankommen will.

Sobald die Kieler registrieren, dass die Oberpfälzer ihre Bissigkeit keineswegs in gefährliche Strafraumsituationen ummünzen können, ziehen sie peu à peu ihr gefälliges Kombinationsspiel auf. Und schon bald zeigen sich wieder die Risse im Abwehrverbund, die zuletzt das Torverhältnis der Regensburger schwer belasteten. Als hätte man noch nie von der Standardstärke der Gäste gehört, verursachen die Gastgeber Ecke um Ecke.

Pichlers doppeltes Pech

Die erste brandgefährliche Chance für die Hauptstädter Schleswig-Holsteins folgt dann auch aus einer Ecke. Der durchsetzungsstarke Österreicher Benedikt Pichler kommt völlig frei zum Kopfball, Jahn-Keeper Dejan Stojanovic kann der Kugel nur noch regungslos hinterherschauen. Der ordentliche Wumms bringt zum Glück für die Rot-Weißen nur die Tornetzstange zum Vibrieren (18.). Wenig später zeigt sich Regensburgs Abwehr nach Ballverlust im Mittelfeld erneut desorientiert. Steven Skrzybski marschiert aufs Tor zu, schießt den Ball dann aber leicht bedrängt in Stojanovic’ Arme (22.).

Pech für die Kieler: Der auffällige Pichler sitzt ohne Fremdeinwirkung auf dem Oberpfälzer Grün und reibt sich den Oberschenkel – sieht nach Zerrung oder Muskelfaserriss aus. Der Österreicher muss raus und das führt zu einem Bruch im Spiel der Gäste, die zuletzt vor neun Jahren in Regensburg verloren hatten. Der eingewechselte Kwasi Okyere Wriedt findet keinen rechten Zugang zum Spiel.

Pichlers Pech: Kiels Österreicher setzt seinen Kopfball nur um Zentimeter neben den Jahn-Kasten. Bild: Jürgen Herda

Kieler Leihe Joshua Mees scheitert knapp

Die Folge: Plötzlich stellt der Jahn fest, dass es sich mit Eigeninitiative viel besser spielen lässt. Regensburg ist endlich wieder aufgewacht und mit der Mannschaft auch das Stadion, das spürt, dass jetzt nur noch der Brustlöser Erfolgserlebnis fehlt. Zweimal hat die Kieler Leihgabe Joshua Mees, der gleich im ersten Spiel mit seinem Sekunden-Tor aufhorchen ließ, dazu Gelegenheit. Stark freigespielt ist es nur noch ein Schritt in den Strafraum und zu einer aussichtsreichen Schussposition – doch dabei verhaspelt sich die Offensivkraft (33.).

Kurz darauf flankt Rechtsverteidiger Konrad Faber, der sich nach seiner Slapstick-Vorlage zum 0:4 in Düsseldorf stabilisiert hat, auf Andreas Albers, der aber bedrängt aus rund acht Metern nur den Kopf hinhalten kann – der Aufsetzer ist leichte Beute für KSV-Keeper Thomas Dähne (34.). Und dann die beste Aktion des SSV: Albers setzt sich rechts energisch durch, zirkelt eine Maßflanke auf Mees, der die Kugel über den Querbalken köpft – da hätte der 26-Jährige mit etwas dynamischerem Sprung alle Zeit der Welt gehabt, das Ding platziert zu versenken (35.).

So geht die kleine Regensburger Drangphase ohne Wirkungstreffer zu Ende – das Remis zur Pause geht in Ordnung, zumal der Jahn immer wieder Nerven zeigt: Mal geht ein Seitenwechsel oder ein Torabschlag ins Seitenaus, mal ein Rückpass (Caliskaner) gerade nochmal gut. Und Jan Elvedi verursacht immer wieder mal unnötige Freistöße im Mittelfeld, weil er die Hände nicht bei sich lassen kann.

Nicht noch ein Verletzter Jahn-Spieler. Zum Glück kann der Regensburger weiterspielen. Bild: Jürgen Herda

Elvedi kratzt Erras’ Abschluss von der Linie

Wer nach der Pause auf die Fortsetzung der Regensburger Drangphase gehofft hatte, sieht sich getäuscht. Nach anfänglichem Jahn-Engagement verliert sich die Linie beider Mannschaften in einem zermürbenden Fehlpassfestival. Die zunehmende Passivität der Hausherren führt dennoch zu einem kontinuierlich zunehmenden Ballbesitzverhältnis der Kieler. Und wer den Ball hat, sorgt dann doch hin und wieder zu Schrecksekunden im gegnerischen Strafraum.

Allerdings brauchen die Kieler satte 25 Minuten, bis sie so richtig für Herzflattern im Regensburger Publikum sorgen. Nach einem schier endlosen Eckenfestival bekommen die Oberpfälzer den Ball partout nicht geklärt, Billard im Jahn-Strafraum, bis sich letztlich der Amberger Riese Patrick Erras ein Herz fasst und aus 11 Metern abzieht – Elvedi hält gerade noch auf der Torlinie den Fuß dazwischen (71.).

Weit entfernt vom Lucky Punch

Auch nachdem beide Trainer die Wechselmaschine angeworfen hatten, ändert sich an der Qualität der Nullnummer wenig. Im Gegenteil. Aus einem zerfahrenen Spiel wird zum Schluss ein nervöses Taumeln konditionell angeschlagen wirkender Jahn-Spieler. Weder die Rückkehr der Stammkräfte Bene Gimber und Nicklas Shipnoski, noch das Comeback von Prince Osei Owusu oder gar der Kurzeinsatz der neuesten kroatischen Stürmerhoffnung Dario Vizinger (sprich Wieseinger) bringt die Gastgeber auch nur in die Nähe eines Lucky Punch.

Ganz im Gegenteil. Ex-Bremen Routinier Tim Bartels setzt mit dem Ansatz eines Hacken-Kopfüber-Tricks im Mittelfeld und dem allerletzten Torschuss noch einmal kleine Kieler Akzente: Die Direktabnahme des Silberrückens landet aber sicher vergraben in Stojanovic’ Armen. Schlussbilanz nach 93 Minuten: Mit etwas mehr Mut, Übersicht und Selbstvertrauen wäre eine Trendwende möglich gewesen. Unterm Strich muss der SSV aber mit dem Punkt zufrieden sein – die besseren der wenigen klaren Chancen hatte der Gast.

Bei der Tormaschine Paderborn am kommenden Samstag, 13 Uhr, müssen sich die Regensburger jedenfalls erheblich steigern, um beim neuen Tabellenführer nicht ein weiteres Fiasko zu erleben.

Die Laune von Jahn-Trainer Mersad Selimbegovic wird nur bedingt besser. Bild: Jürgen Herda

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