Osman Citir über Rückschläge im Leben: “Jetzt erst recht”

Eschenbach. Osman Citir ist Comedian und Motivationscoach. Sein Auftritt an drei Schulen im “VierStädtedreieck” wird zum Wechselbad der Gefühle: Es wird viel gelacht, gegen Ende fließen sogar Tränen.

Von Stefan Neidl 

Motivationscoach Osman Citir MGS Eschenbach 1
Motivationscoach Osman Citir fesselt seine Zuhörer mit Witz, wichtigen Lektionen und emotionalen Wendungen, die sein Leben und die Erfahrungen, die er gemacht hat, mit sich bringen. Bild: Stefan Neidl.

Osman Citir tritt seit 2012 in ganz Deutschland auf. Seitdem hatte er über 400 Auftritte vor über 200.000 Schülern und Jugendlichen. Sein Programm ist lustig und lehrreich. Besonders eindrucksvoll ist aber seine persönliche Geschichte: Die hat er den 8. und 9. Klassen der Markus-Gottwalt-Schule und den Grund- und Mittelschulen in Grafenwöhr und Pressath erzählt.

Der gebürtige Türke nimmt kein Blatt vor den Mund. Die eigene Abstammung wie Eigenarten der Schüler nimmt er als Thema für den Einstieg: Wehe dem, der eine Jogging-Hose trägt, was bei pubertierenden Jungen zu peinlichen Situationen im Alltag führen kann. Durch die Witze baut er eine erste Verbindung zu seinen jungen Zuhörern auf. Nationalitäten, Stereotypen und Politik sorgen für kurzweilige Unterhaltung. Citir sagt selbst: “Lachen öffnet Herzen”, und die hat er im ersten Drittel seiner Veranstaltung gewonnen.

Motivationscoach Osman Citir MGS Eschenbach 2
Osman Citir ist Comedian und Motivationscoach.

Was willst du wirklich?

Im zweiten Abschnitt wird es ernster: Er erzählt von seinem Praktikum bei einem Heizungsmonteur und Erfahrungen, die ein Bekannter gemacht hat. Der hätte sich schon als Kind für Elektronik aller Art begeistert und wollte das später zu seinem Beruf machen. Seine Eltern waren dagegen, wollten dass er studiert, was er dann auch getan hat.

Doch er wurde nicht glücklich – der Bekannte hat schweren Herzens sein Studium abgebrochen, eine Ausbildung zum Elektriker angefangen. Später wurde als Bester seines Jahrgangs ausgezeichnet. Hat seinen Meister, Bachelor und Master gemacht: “Heute arbeitet er bei der Formel 1 mit einem sechsstelligen Jahreseinkommen”, erzählt Citir.

Der Motivationscoach fasst zusammen: “Eure Eltern wollen nur das Beste für euch – aber was wollt ihr?” Jeder soll seiner eigenen Berufung folgen, seinen eigenen Weg suchen und gehen.

Respektvoll in allen Lebenslagen

Citir erzählt von Sven, der “Coole” zu seiner Schulzeit. Sven hat jeden Unsinn mitgemacht – Rauchen, Drogen, freches Verhalten gegenüber Lehrern. Genauso wie Citir war Sven aber eher ein schlechter Schüler. Beide haben eine drei im Zeugnis gebraucht, um eine bestimmte Schule besuchen zu können – beide haben in der entscheidenden Prüfung versagt.

Während Sven durchgedreht ist und einen auf “egal” gemacht hat – habe sich Citir zurückgehalten. Weil er im Gegensatz zu Sven gute soziale und mündliche Leistungen abgeliefert hat, hat ihm sein Lehrer die damals so wichtige Note ins Zeugnis gegeben. Citir deutet auf die Lehrer im Raum und erklärt: “Verhaltet euch immer respektvoll. Am Ende entscheiden die da hinten über eure Leistung.”

Mamas Lektion: “Vergeude nicht deine Chance”

An seiner Traumschule für kaufmännische Ausbildung ist Citir eher den Mädchen hinterhergelaufen anstatt zu lernen, wie er erzählt. Im ersten Jahr ist er durchgefallen. Seine Mutter hat ihn in den Ferien in eine große Firma mitgenommen, wo er den ganzen Tag geputzt hat. Ihre Lektion für ihn: Während sie das ihr Leben lang machen muss, hat er die Chance ein besseres Leben zu führen. Diese Chance soll er nicht vergeuden.

Mit Hilfe von Mitschülern hat er seine Noten verbessert, nicht weil er sie um Hilfe gebeten hat, sondern weil er ihnen welche angeboten hat – um im Gegenzug Hilfe zu bekommen. Diese Methode nennt Citir: “Den ersten Schritt wagen”- eine Lektion fürs Leben.

Und dann fließen Tränen

Das Finale seines Vortrags wird emotional: Er erzählt die Geschichte seines kleinen Bruders. Ein “Quatschkopf”, aber auch begeisterter Fußballer. Er hat so gut gespielt, dass große Vereine bei ihm angefragt, Zeitungen über ihn berichtet haben. “Er hatte eine große Zukunft vor sich.”

2002 bekommt der damals 13-Jährige auf einmal Atemprobleme. Die Diagnose ist hart: Lymphdrüsenkrebs im Endstadium. Er wird sofort ins künstliche Koma versetzt. Die Prognose der Ärzte war düster.

Nachdem er aufwacht, fängt er über Monate an Geld zu sammeln. Mit 350 Euro schickt er Citir los, um eine Videokamera zu kaufen. Osman soll ihn filmen – seinen Abschiedsgruß. Als Citir das damals klar wird, schreit er seinen Bruder an: “Was machst du da?!” Den Abschied seines Bruders wollte er nicht hören.

Immer ein Kämpfer

Der Bruder ist ein Kämpfer. Ärzte eröffnen ihm Hiobsbotschaften? Er kämpft: “Du wirst nicht mehr laufen können” – er steht auf und geht ein paar Schritte. “Jetzt erst Recht.” Immer wieder: “Jetzt erst Recht.” Bis er eines Tages das Unmögliche schafft. “Mein Bruder hat den Krebs besiegt”, erklärt Citir. Seine Stimme bricht weg. Heute ist er 32 Jahre alt, hat geheiratet und kürzlich eine Tochter bekommen. Seit der Kindheit ist der Bruder Citirs Vorbild. Es ist mucksmäuschenstill in der Turnhalle während Citir von seinem Bruder spricht. Ein paar verlassen den Raum, einzelnen Schülern stehen die Tränen in den Augen.

“Jetzt erst recht!”

In der Zwischenzeit hat Citir einen Ausbildungsplatz gesucht, am liebsten als Einzelhändler in einem Elektronik-Großmarkt. Trotz einer mündlichen Zusage hat er letztendlich eine Absage erhalten. Verzweifelt hat er das Gespräch mit dem Chef gesucht, bis ihm mit Rauswurf und Hausverbot gedroht wurde.

Bekannte haben ein Praktikum für ihn bei einem Möbelmarkt eingefädelt. Von Tag eins an habe er alles gegeben – weshalb extra eine Ausbildungsstelle zum nächstmöglichen Zeitpunkt für ihn geschaffen wurde. Er hat sich seinen Traum von der Ausbildung zum Einzelhandelskaufmann trotz Enttäuschungen doch noch erfüllt: “Jetzt erst Recht.”

Ursprünglich war ein großes gemeinsames Event für alle drei Schulen geplant. Wegen der Coronalage ist Citir aber in drei Tagen in den jeweiligen Schulen aufgetreten. Finanziert wurde die Veranstaltung von dem Bundesprogramm “Demokratie leben”.

Motivationscoach Osman Citir MGS Eschenbach 3
Rektor Wolfgang Bodensteiner, Troglauer Buam-Frontmann Thomas Wöhrl, Schulamtsdirektorin Elisabeth Junkawitsch, Jugendsozialarbeiterin Maria-Rübe Hitzinger und Motivationscoach Osman Citir nach einem emotionalen Vortrag, den auch die Schüler wohl nicht so schnell vergessen werden.

Bilder: Stefan Neidl 

* Diese Felder sind erforderlich.