Was tun, wenn das Unternehmen wegen Corona in wirtschaftliche Schwierigkeiten gerät?

Weiden. Wegen der Corona-Pandemie wurden viele gesetzliche Regelungen erlassen, unter anderem auch das sogenannte COVInsAG zur Änderungen im Insolvenzrecht. Was ist der Kern dieser Regelungen? Wir haben bei einer Expertin nachgefragt.

Dr. Krämer Interview Insolvenz Corona
Dr. Christa Kraemer berät Unternehmen als Fachanwältin bei Themen wie Insolvenz.

Dr. Christa Kraemer ist Rechtsanwältin und Fachanwältin für Insolvenzrecht in Weiden. In ihrer Kanzlei betreut sie auch Firmen die in Schieflage geraten sind, steht den Mandanten aber auch im Handels- und Gesellschaftsrecht sowie Insolvenzrecht mit Rat und Tat zur Seite. Auch beim Sprechtag der IHK berät sie Unternehmer bei allen Fragen zum Insolvenzrecht. Hier erklärt Dr. Kraemer, was es mit dem COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz auf sich hat.

Was ist das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz?

Dr. Christa Kraemer: Das COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz vom 27.03.2020 (CoVInsAG) ist rückwirkend zum 01.03.2020 in Kraft getreten und gilt zunächst befristet bis 30.09.2020. Durch das COVInsAG soll vermieden werden, dass Unternehmen, die wegen der Corona-Pandemie in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten sind, rechtlich gezwungen werden, einen Insolvenzantrag zu stellen. Kern der neuen Regelungen ist die vorübergehende Aussetzung der dreiwöchigen Insolvenzantragspflicht bis zum 30. September 2020 bei Covid-19 bedingtem Insolvenzgrund.

Für wen gelten die Neuerungen im Insolvenzrecht?

Nach § 15a InsO besteht bei juristischen Personen, beispielsweise einer GmbH, einer UG oder einer AG, und bei Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit, beispielsweise einer KG oder OHG, eine Pflicht zur Stellung eines förmlichen Insolvenzantrages, wenn die Gesellschaft zahlungsunfähig oder überschuldet ist.

Zudem gelten die Regelungen auch für Vereins- und andere Vorstände, deren Insolvenzantragspflicht direkt in § 42 Abs. 2 BGB oder durch Verweis auf diese Vorschriften geregelt ist.

Wer ist davon betroffen?

Die Geschäftsführer bzw. Geschäftsleiter einer solchen Gesellschaft, die keinen oder nicht rechtzeitig einen Insolvenzantrag stellen, haften persönlich für die aus dieser Pflichtverletzung resultierenden Schäden und werden auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen.

Durch die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht soll für die Geschäftsleiter von antragspflichtigen Unternehmen die Möglichkeit geschaffen werden, Sanierungsmöglichkeiten auszuloten, ohne die Haftung wegen einer Verletzung der Insolvenzantragspflicht fürchten zu müssen.

Welche Folgen hat das Insolvenzaussetzungsgesetz für Unternehmen?

Den betroffenen Unternehmen und ihren organschaftlichen Vertretern soll Zeit gegeben werden, um die notwendigen Vorkehrungen zur Beseitigung der Insolvenzreife zu treffen, insbesondere um zu diesem Zwecke staatliche Hilfen in Anspruch zu nehmen oder Finanzierungs- oder Sanierungsvereinbarungen mit den Gläubigern oder Kapitalgebern zu treffen.

Ergänzend sollen für die Einschränkung von Haftungs- und Anfechtungsrisiken die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass solchen Unternehmen Sanierungskredite gewährt werden können.

Was muss man tun, wenn man aktuell aufgrund der Corona-Pandemie mit seinem Unternehmen in Schieflage gerät?

Die Aussetzung der Insolvenzantragspflicht gilt nur für Fällen, in denen die Insolvenzreife (also die Zahlungsunfähigkeit oder die Überschuldung) auf den Folgen der Covid-19- Pandemie beruht.

Hier greift eine sogenannte doppelte Vermutungsregel: War der Schuldner am 31.12.2019 nicht zahlungsunfähig, wird erstens vermutet, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der Covid-19-Pandemie beruht und zweitens wir vermutet, dass Aussichten darauf bestehen, eine bestehende Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen.

Es ist also jedem Geschäftsführer und Geschäftsleiter dringend zu empfehlen, die Zahlungsfähigkeit des Unternehmens zum 31.12.2019 anhand eines Liquiditätsstatus zu prüfen und zu dokumentieren!

An wen kann/sollte man sich in einer solchen Situation wenden?

Erste Anlaufstelle ist natürlich der Steuerberater, der bei kritischen Situationen einen Fachanwalt für Insolvenzrecht hinzuziehen sollte.

Was passiert, wenn die Übergangsregelungen zum 30.09.2020 auslaufen?

Eine Verlängerung der Geltung des COVInsAG bis zum 31.03.2021 ist rechtlich möglich. Die Diskussion über diese Verlängerung und deren Voraussetzungen findet gerade statt. Wegen der Coronavirus-Pandemie will Bundesjustizministerin Christine Lambrecht (SPD) überschuldete Unternehmen noch länger von der Pflicht zum Insolvenzantrag befreien. “Um pandemiebedingt überschuldeten Unternehmen Zeit zu geben, sich durch das in vielen Branchen wieder anziehende Wirtschaftsgeschehen oder staatliche Hilfsangebote zu sanieren, werde ich vorschlagen, die Insolvenzantragspflicht für diese Unternehmen weiterhin bis Ende März 2021 auszusetzen”, sagte Lambrecht der Bild. Die verlängerte Aussetzung solle allerdings nur für Unternehmen gelten, die überschuldet, aber nicht zahlungsunfähig sind.

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