Bayerns Finanzminister Füracker im Interview: „Entscheidend ist, dass es keinen Krieg gibt“ [mit Video]

Nordoberpfalz. Der bayerische Heimat- und Finanzminister macht der Nordoberpfalz beim Redaktionsbesuch in Parkstein Mut: „Steht zu eurem Selbstbewusstsein, ihr gehört zu den erfolgreichsten Regionen Bayerns“, stellt Albert Füracker fest. „Dafür werbe ich seit 35 Jahren.“ In Teil 1 des Interviews mit OberpfalzECHO spricht der Oberpfälzer CSU-Vorsitzende über die Ukraine-Krise, die Folgen der Pandemie und die Energiewende.

Bayerns Finanzminister Albert Füracker beim Redaktionsbesuch in Parkstein zusammen mit Nicolas Götz, Geschäftsführer von OberpfalzECHO. Bild: David Trott

OberpfalzECHO: Herr Füracker, laut CIA steht ein russischer Angriff auf die Ukraine unmittelbar bevor. Andere Beobachter halten den Aufmarsch lediglich für ein Drohszenario Putins, um die NATO zurückzudrängen. Welche Auswirkungen haben die Spannungen auf die ostbayerische Wirtschaft?

Füracker: Das ist noch nicht abzusehen. Entscheidend ist, dass es keinen Krieg gibt. Man muss jetzt diplomatisch alles ausreizen. Krieg ist für die Menschen mit das denkbar schlimmste Leid. In Bezug auf wirtschaftliche Auswirkungen höre ich, dass Deutschlands Gaslager einen relativ niedrigen Füllstand haben. Bemerkenswert finde ich die Überlegungen von Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck, Flüssiggas aus den USA zu beziehen. Dass ein Minister der Grünen das in Betracht zieht, ist schon erstaunlich. Dass die Energieversorgung sowohl für die Verbraucher als auch für unseren Industriestandort substanziell ist, ist allgemein bekannt.

Der Finanzminister am Fuße des Vulkans: Rege Diskussion mit Albert Füracker (links) nicht nur über die Lage der bayerischen Nation. Bild: David Trott

Als wir vor rund zwei Jahren nach der Freigabe der ersten Corona-Kredite telefonierten, hatten Sie angesichts der großen Geldsummen schlecht geschlafen. Wie ist es heute um Ihren Schlaf bestellt?

Füracker: Inzwischen können wir die Hoffnung hegen, dass die medizinischen Herausforderungen überschaubarer werden. Gesellschaftlich bleiben große Herausforderungen. Es gibt Teile der Bevölkerung, die wir anscheinend davon überzeugen müssen, dass wir in einem sehr guten und sehr freien Land leben. Auch als Finanzminister ist die Pandemie eine besondere Herausforderung. Allerdings hält der Kreditrahmen, den wir vor zwei Jahren beschlossen haben, anders als befürchtet, nicht nur für ein Jahr, sondern für voraussichtlich drei Jahre. Das zeigt: Wir wirtschaften sehr solide.

Wie lange wird es dauern, bis Bayern die Corona-Krise finanziell und wirtschaftlich bewältigt hat?

Füracker: Wichtig ist: Wir halten die Schuldenbremse ein, auch jetzt. Wir machen lediglich Gebrauch vom Ausnahmetatbestand. Dieser gilt für außergewöhnliche Notsituationen, dazu gehört auch die Corona-Pandemie. Unser Finanzplan sieht eine Schuldenrückführung innerhalb von 20 Jahren ab 2024 vor.

Hat Bayern auch die Chance der Krise ergriffen und in puncto Digitalisierung, etwa bei der Ausstattung von Schulen und Behörden, ausreichend nachgerüstet?

Füracker: Ich finde, wir sind mit der Digitalisierung der Behörden deutlich weiter, als immer behauptet wird. Gerade in der Steuerverwaltung sind wir bei der Digitalisierung sehr weit. Wir haben eine Elsterquote, also der digitalen Abgabe der Steuererklärung, von 70 Prozent. Wir haben nun endgültig ab 2021 die Steuerformulare nicht mehr in Papier verschickt. Aber es gibt eben auch Menschen, die Behörden per Fax erreichen wollen. Das sollten wir respektieren. Insgesamt belegt Bayern bei der OZG-Umsetzung, dem Gesetz zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistungen, in Deutschland Platz 3. Das heißt nicht, dass man nicht besser werden kann. In der Pandemie kamen alle Systeme fast schon gezwungenermaßen auf den Prüfstand. Ich komme gerade aus Weiden, wo weitere 13 Schulen mit Unterstützung des Freistaats nun ans Glasfasernetz angebunden werden. 2018 haben wir ein Glasfaser-Förderprogramm gestartet, dass jede Schule beantragen kann. Bayern fördert die Anschlüsse mit 90 Prozent und das wird von vielen genutzt. Da sind wir sehr gut unterwegs.

Was sagt der Oberpfälzer CSU-Vorsitzende zum Impfpflicht-Wirrwarr? Erst gab es mehrheitliche Zustimmung, dann die Verlagerung der Debatte ins Parlament, seitdem Widerstand der Union und Streit um die Durchführung der Impfpflicht im medizinischen und Pflegebereich. Sollte die Parteipolitik nicht besser ruhen, bis die Pandemie vorbei ist, damit wir nicht nächsten Herbst mit unzureichender Impfquote vor der nächsten Welle oder Mauer ohne Türen stehen?

Füracker: Ich bin kein Mediziner, aber ich denke, letztlich ist das Impfen der beste Weg aus der Pandemie. Wir hatten am Anfang eine breite Debatte. Wenn man wie Bundeskanzler Scholz aber ankündigt, wir wollen im Februar eine Impfpflicht haben, muss er auch ein Gesetz vorlegen. Das ist ein eklatanter Führungsmangel in der Ampelregierung.

Sind die Durchführungsbestimmungen zur eingeschränkten Impfpflicht Ländersache und könnte Bayern Gesundheitsminister Lauterbach mit konstruktiven Vorschlägen entgegenkommen?

Füracker: Wir sind da konstruktiv dabei. Man muss aber auch sagen, dass sich Vertreter der relevantesten sozialen Trägerschaften an den Ministerpräsidenten gewandt haben, mit der Bitte zu überdenken, welche Auswirkungen das hat. Das Gesetz ist nicht bis zum Ende gedacht. Offene Fragen müssen geklärt werden.

Finanzminister Albert Füracker im Redaktionsgespräch. Archivfoto: David Trott

Was bedeutet der Verlust der Regierungsbeteiligung der Union im Bund für die wirtschaftliche Entwicklung Bayerns – zum Beispiel für den Ausbau der Infrastruktur nach Verlust des Verkehrsministeriums?

Füracker: Es regieren drei Parteien in Berlin und offenbar hat man bei SPD, FDP und Grünen keine Person aus Bayern gefunden, die für das Kabinett geeignet gewesen wäre. Es ist eigentlich undenkbar, dass das größte Bundesland mit der zweitgrößten Bevölkerung nicht in der Regierung vertreten ist. Das ist schon eine sonderbare Ignoranz. Wir werden natürlich die bayerischen Interessen weiterhin vertreten. Der Freistaat hat im Bund nach wie vor großes Gewicht. Bayern ist Stabilitätsanker in Deutschland. Wir haben einen Finanzkraftausgleich, bei dem 17 Milliarden Euro umverteilt werden, davon allein 9 Milliarden Euro aus Bayern.

Die EU überrascht mit einem grünen Label für Atomenergie und Gas, der Bund will die erneuerbaren Energien massiv ausbauen: Was kommt da auf die Oberpfalz energiewirtschaftlich zu – Windräder und der von Bürgerinitiativen immer prognostizierte Atomstrom durch den Süd-Ost-Link?

Füracker: Wir freuen uns, dass wir in Bayern führend bei der Produktion regenerativer Energie sind, insgesamt bei Wind, Sonne, Biogas und Wasserkraft. Aber auf den primären Energiebedarf umgerechnet, decken wir damit nur 17 Prozent. Die meiste Energie verbrauchen Mobilität und Heizen. Deswegen glaube ich, dass unser Ziel sein muss, so unabhängig wie möglich zu werden. Das heißt, nachdem wir wenig Öl und Gas haben und entschlossen sind, Kohle und Kernenergie nicht mehr nutzen zu wollen, müssen wir klären, was machen wir in windstiller Nacht? Diese Fragen müssen die jeweils zuständigen Ministerien klären. Wir werden künftig mehr erneuerbare Energie produzieren, können aber sicher nicht auf jeden Hügel ein Windrad stellen. An der Küste gibt es mehr Wind, bei uns im Süden mehr Sonne. Daher braucht es klügere Konzepte. Wir sind zwar, was die Stromproduktion anbelangt, Spitzenreiter. Aber wir brauchen immer mehr Strom – zukünftig deutlich stärker um E-Auto zu fahren. Da sehe ich den überflüssigen regenerativen Strom noch nicht, um auch noch Wasserstoff zu produzieren.

Hauptvorwurf der Ampel: Bayern bremst mit der 10-H-Regelung jeglichen Ausbau von Windenergie …

Füracker: Wir haben 2020 in Bayern acht Windräder gebaut. Zugegeben, das ist nicht besonders viel, aber was glauben Sie, wie viele waren es in Baden-Württemberg? Dort gibt es keine 10-H-Regelung und bekanntlich einen Grünen Ministerpräsidenten. Was glauben Sie?

äh, 7? 8?

Füracker: … 12. Es ist also nicht so, dass Bayern da besonders schlecht dasteht.

Als Brückenenergie brauchen wir Gaskraftwerke?

Füracker: Wir werden sicherlich noch eine Zeit lang Gas importieren müssen.

Sehen Sie eine Renaissance der Atomkraft?

Füracker: Nicht in Deutschland, aber weltweit ja. Es gibt inzwischen kleinere Anlagen, die sehr wenig Restmüll produzieren. Darüber denken viele Länder nach.

Der Widerstand gegen den SüdOstLink hält an. Brauchen wir den?

Füracker: Das höchste demokratisch gewählte Gremium in Deutschland, der Bundestag, hat nach zweijähriger Diskussion beschlossen, dass man ihn braucht, um für die Energiewende möglichst viel Windenergie aus dem Norden nach Süden zu transportieren. Erst sollte das über Masten, dann unter der Erde geschehen. Wenn der Bundestag nach langer Beratung, zu so einer Entscheidung kommt, verlasse ich mich darauf, dass das Hand und Fuß hat. Deshalb haben wir uns mit der Frage zu beschäftigen, wie man das bauen kann, damit möglichst wenig Menschen belastet werden. Ein moderner Staat braucht aber Infrastruktur, da kann es für Einzelne zu Belastungen kommen. Ich wohne neben der Autobahn, andere neben einem Flughafen, neben einer Hauptbahnstrecke, wieder andere seit 30 Jahren neben einem AKW. Aber unser bayerisches Konzept ist, die Veränderung mit der Akzeptanz der Menschen zu erreichen.

Albert Füracker beim Besuch von Europas schönstem Basaltkegel. Bild: Jürgen Herda

Bayerische Fördergelder für die Nordoberpfalz

Glasfaser für Weidens Schulen: „Unser bayerisches Ziel bleibt: Glasfaseranschluss für jede öffentliche Schule im Freistaat! Die Stadt Weiden nutzt die Angebote Bayerns und engagiert sich beim Gigabitausbau. Der Freistaat unterstützt die Stadt daher bei der Glasfasererschließung von 13 Schulen mit über 524.000 Euro“, sagt Finanz- und Heimatminister Albert Füracker bei der Übergabe des Förderbescheids an Weidens Oberbürgermeister Jens Meyer. Alle 21 öffentlichen Schulen der Stadt werden bis in die Schulgebäude direkt an Glasfaser angeschlossen.

Bayerisch-böhmisches Projekt in Bärnau: „Der Grenzbereich zwischen Bayern und Tschechien an der Goldenen Straße ist eine geschichtsträchtige Handelsroute und Sinnbild für die freundschaftliche Verbundenheit der Nachbarregionen. Der Verein Via Carolina – Goldene Straße e. V. belebt mit seinem vielseitigen Engagement diese historischen und kulturellen Wurzeln. Das neue Projekt ‚Altes Handwerk neu gelernt im bayerisch-tschechischen Grenzraum‘ knüpft an die erfolgreiche Arbeit des Vereins der letzten Jahre an. Es ist ein Paradebeispiel für gelebtes Miteinander über Grenzen hinweg. Das Heimatministerium unterstützt dieses Projekt nicht nur ideell, sondern auch finanziell mit 300.000 Euro“, sagte Heimatminister Albert Füracker bei der Förderbescheidübergabe an den Vereinsvorsitzenden Alfred Wolf im Geschichtspark Bärnau-Tachov.

Plößberg im Gigabitzeitalter: Leistungsfähige Netze sind Grundvoraussetzung nicht nur für Homeoffice und Homeschooling, sondern für den gesamten digitalen Alltag. Dank der staatlichen Unterstützung von über 966.000 Euro können in der Marktgemeinde Plößberg und den umliegenden Gemeindeteilen 153 Adressen mit Glasfaser ausgebaut werden. Nach Abschluss aller Baumaßnahmen werden 95 Prozent der Haushalte in der Marktgemeinde Plößberg gigabitfähig erschlossen sein! Das ist ein weiterer Schritt hin zu einer leistungsfähigen und flächendeckenden digitalen Infrastruktur im ganzen Freistaat“, sagte Finanz- und Heimatminister Albert Füracker bei der Übergabe des Förderbescheids an Bürgermeister Lothar Müller in Plößberg.

Glasfaseranschluss für Freihung: Dank der staatlichen Unterstützung von über 2,2 Millionen Euro können in Freihung und den umliegenden Ortsteilen nunmehr 620 Haushalte mit hochmoderner Glasfaser erschlossen werden. Das ist ein weiterer Schritt hin zu einer flächendeckenden Versorgung des ganzen Freistaats mit Gigabit und zugleich zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land“, sagt Finanz- und Heimatminister Albert Füracker bei der Übergabe des Förderbescheids an Uwe König, Erster Bürgermeister der Marktgemeinde Freihung, am Donnerstag (17.2.).

IT-Sicherheit für Fensterbach: „Mit dem LSI-Siegel ‚Kommunale IT-Sicherheit‘ hat die Gemeinde Fensterbach die verdiente Bestätigung für ihr Engagement in Sachen Informationssicherheit erworben“, sagt Finanz- und Heimatminister Albert Füracker bei der Übergabe des Siegels durch den Präsidenten des Landesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI), Daniel Kleffel, an Bürgermeister Christian Ziegler.

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