Gedenken an die Pogromnacht hat heuer eine nochmal andere Bedeutung

Weiden. Das Gedenken an die sogenannte "Reichspogromnacht" hat nach den Ereignissen vom 7. Oktober diesmal eine andere Dimension als all die Jahre zuvor.

Die ersten Stolpersteine in Weiden zum Gedenken der Familie Kupfer. Foto: Ann-Marie Zell

Der 9. November ist ein Tag der Erinnerung an das unbeschreibliche Verbrechen, das Nazi-Deutschland ab 1938 an den jüdischen Bürgerinnen und Bürgern begangen hat. Dieses alljährliche Gedenken hat angesichts des Überfalls der Terror-Miliz Hamas auf Israel am 7. Oktober heuer eine noch größere Bedeutung. Die Stadt Weiden und die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit laden am Donnerstag um 18 Uhr anlässlich der Pogromnacht zu einer Gedenkfeier in der Konrad-Adenauer-Anlage ein.

Seit 1989 Gedenken

Seit 1989 blickt man in Weiden alljährlich auf die schrecklichen Ereignisse im Jahr 1938 zurück. “Damit zeigen wir, dass Erinnern und Gedenken von größter Wichtigkeit sind”, betont Pfarrer Alfons Forster, einer der drei Vorsitzenden der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit in Weiden. Bei der Gedenkfeier werden Oberbürgermeister Jens Meyer und der Vorsitzende der jüdischen Gemeinde Weiden, Leonid Schaulov, Grußworte sprechen. Rabbiner Dannyel Morag trägt das Kaddisch, das jüdische Totengebet, vor. Schließlich verlesen Pfarrerin Edith Lang und Franz Häring die Namen der ermordeten Weidener Jüdinnen und Juden. Michal Kohner (Cousine von Werner Friedmann) und ihre Tochter Hila Kohner aus Israel sowie Susan Kohner aus England werden die Namen ihrer Verwandten Kohner verlesen.

Pogromnacht am 9. November 1938

In der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 brannten die Synagogen. Sie brannten in Bayern genauso wie im gesamten Deutschen Reich.

An diesem 9. November setzten organisierte Schlägertrupps jüdische Geschäfte, Gotteshäuser und andere Einrichtungen in Brand. Es ist der Tag, an dem Tausende Jüdinnen und Juden misshandelt, verhaftet oder getötet wurden. Spätestens jetzt konnte jeder in Deutschland sehen, dass Antisemitismus und Rassismus bis hin zum Mord Staats-offiziell geworden waren. Diese Nacht war das offizielle Signal zum größten Völkermord in der Geschichte.

“Menschen leiden”

“Nach den schrecklichen Ereignissen am 7. Oktober hat unsere Gedenkfeier leider eine aktuelle Bedeutung erhalten. Wir haben am 15. Oktober nach dem brutalen Großangriff der
Terrormiliz Hamas aus dem Gazastreifen heraus auf Israel am jüdischen Mahnmal den über tausend Todesopfern gedacht”, sagt der katholische Geistliche Alfons Forster. “Seitdem herrscht Krieg und die Zahl der zivilen Opfer im Gazastreifen wächst stetig, da die Hamas die eigene Bevölkerung als Schutzschild benutzt. Sowohl in Israel als auch im Gazastreifen leiden die Menschen. Und je länger dieser Krieg dauert, desto mehr wachsen auch der Hass
gegen Jüdinnen und Juden und der Antisemitismus in unserem Land und auch weltweit”, beschreibt Forster die Ereignisse der vergangenen Woche.

Die Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit

Auch im 34. Jahr ihres Bestehens stehen bei der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit, Toleranz und Menschlichkeit ganz oben. Verständnis und Gemeinsinn haben sich die Frauen und Männer zur Aufgabe gemacht, um voneinander zu lernen und sich besser zu verstehen.

Es gehe vorrangig darum, Vorurteile gegenüber Herkunft zu überwinden, weltanschaulichen Fanatismus, religiöse Intoleranz und nationale Überheblichkeit zu bekämpfen und stattdessen die Achtung vor der Würde des Menschen zu setzen.

Stolpersteine in der Bahnhofstraße

Am 22. November vergangenen Jahres wurden in Weiden erstmals sogenannte Stolpersteine verlegt. Durch eine gemeinsame Initiative der jüdischen Gemeinde, der
Stadt Weiden und der Gesellschaft für christlich-jüdische Zusammenarbeit installierte man die Steine in der Bahnhofstraße 33 in Erinnerung an die jüdische Familie Kupfer. Mit diesem Thema haben sich auch Schülerinnen und Schüler der Pestalozzi-Schule beschäftigt. Sieben Schülerinnen und ihr Lehrer Björn Sommer werden bei der Gedenkfeier ihren Beitrag darbieten.

Im Anschluss an die Gedenkfeier lädt die jüdische Gemeinde zu einem Beisammensein bei Tee und Kaffee in ihre Gemeinderäume in der Ringstraße ein.

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