Kliniken-Transparenzgesetz: Fluch oder Segen?

Weiden. Nach zähem Ringen haben sich Bund und Länder im Vermittlungsausschuss auf das Krankenhaus-Transparenzgesetz geeinigt. Was bedeutet das für die Häuser der KNO?

Das Klinikum Weiden bei Nacht. Foto: David Trott

In einem öffentlich zugänglichen Verzeichnis soll künftig abzulesen sein, welche Leistungen die 1700 Kliniken in Deutschland anbieten und wie viel Erfahrung das Personal bei den Eingriffen hat. Es sei eine Entscheidung zum Wohle der Patientinnen und Patienten wie auch der Krankenhäuser, sagt Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Das neue Gesetz polarisiert enorm: Während Kritiker vor allem die Grund- und Notfallversorgung auf dem Land gefährdet sehen, bezeichnen Befürworter das Transparenzgesetz als sinnvoll und grundsätzlich richtigen Schritt.

Deutliche Kritik vom Bündnis Klinikrettung

Laura Valentukeviciute, Sprecherin vom Bündnis Klinikrettung, sagt: „Minister Lauterbach sucht Mittel und Wege, um die Krankenhauslandschaft umzukrempeln und die Zahl der Kliniken zu reduzieren. Das Gesetz ist Teil seiner Strategie, und mit der Einigung im Vermittlungsausschuss ist nun der erste verheerende Schritt getan. Damit kann Lauterbach die Krankenhäuser den umstrittenen Leveln zuordnen. Vor allem die Grund- und Notfallversorgung auf dem Lande ist dadurch gefährdet.“

Auch ihr Bündniskollege Klaus Emmerich, früherer Vorstand des St.-Anna-Krankenhauses Sulzbach-Rosenberg und der St.-Johannes-Klinik Auerbach, kritisiert das Vorhaben scharf: „Das Gesetz ist eine Mogelpackung. Es definiert die Qualität der medizinischen Versorgung über Strukturmerkmale, zum Beispiel Behandlungsmengen komplexerer Eingriffe. Das hat mit wohnortnaher Grundversorgung nichts zu tun. Auf Grundlage des Gesetzes werden viele kleine wohnortnahe Krankenhäuser geschlossen werden.“

„Sinnvoll und grundsätzlich richtig“

Was sagt der Geschäftsführer der Kliniken Nordoberpfalz AG, Michael Hoffmann, zu dem neuen Gesetz?

Herr Hoffmann, der Grundgedanke des Transparenzgesetzes lautet: Ärzte und Kliniken, die mehr Erfahrung mit einem Eingriff haben, operieren auch besser. Stimmt das?

Michael Hoffmann: Der Grundgedanke des Transparenzgesetzes, also dass bei großer Erfahrung bessere Ergebnisse zu erwarten sind, ist medizinisch sinnvoll und grundsätzlich richtig. Die vorgegebenen Mindestfallzahlen führen, vor allem bei hochkomplexen Operationen und Behandlungen, zu einer Bündelung der Fälle in großen Kliniken und Zentren. Bundesweit zeigt sich, dass viele Patientinnen und Patienten dafür auch eine größere Wegstrecke in Kauf nehmen. Bereits jetzt können in kleineren Krankenhäusern viele akute Erkrankungen, gerade im Notfall, nicht behandelt werden. Dies gilt auch für das Krankenhaus Tirschenreuth. Schon jetzt werden schwere Notfälle wie Schlaganfälle, Herzinfarkte und chirurgische sowie neurochirurgische Erkrankungen am Klinikum Weiden behandelt.

Studien belegen den Qualitätsunterschied zwischen erfahrenen und weniger erfahrenen Kliniken. Die inzwischen vorgeschriebenen Mindestfallzahlen, die ein Haus erfüllen muss, um einen bestimmten Eingriff vornehmen zu dürfen, haben einen wissenschaftlichen Hintergrund, der sich schwer bestreiten lässt.

Hoffmann: Für den Erhalt kleiner Krankenhäuser in ländlichen Regionen ist der Ansatz der Krankenhausreform mit der Level-1i-Versorgung positiv zu bewerten. Allerdings muss geklärt werden, welche Leistungen an den kleinen Kliniken erbracht werden sollen. Für einen wirtschaftlichen Betrieb kleiner Häuser werden die zu erwartenden Leistungen aber nicht führen. Eine Vorhaltefinanzierung wäre hier hilfreich und sollte neben der Leistungsvergütung eingeführt werden. Krankenhäuser in ländlichen Regionen sollten eine chirurgische und internistische Basisversorgung, verbunden mit einem ambulanten Leistungsangebot, im Sinne eines intersektoralen Zentrums anbieten. Stationäre und ambulante Vergütungsstrukturen müssen dafür allerdings harmonisiert werden und vor allem kostendeckend sein.

Klinikvorstand Michael Hoffmann im Gespräch mit OberpfalzEcho. Bild: Jürgen Herda

Stimmt es, dass Menschen auf dem Land sich oft gegen die Schließung ihres Krankenhauses wehren, aber im Ernstfall lieber Hunderte Kilometer fahren, um sich in einer spezialisierten Klinik behandeln zu lassen?

Hoffmann: Bereits jetzt dürfen und können in kleineren Krankenhäusern viele akute Erkrankungen, gerade im Notfall, nicht behandelt werden. Dies gilt auch für das Krankenhaus Tirschenreuth. Schon jetzt werden schwere Notfälle wie Schlaganfälle, Herzinfarkte und chirurgische sowie neurochirurgische Erkrankungen am Klinikum Weiden behandelt.

Welche Folgen hat das neue Gesetz für die Häuser der KNO?

Hoffmann: Die genaue Ausgestaltung der zu liefernden Daten für das Transparenzregister ist noch nicht bekannt. Bereits jetzt können sich Patienten auf der Homepage der KNO in den Qualitätsberichten über Leistungsspektren, Zentren und Ausstattung der Häuser aber ausführlich informieren. Kritisch zu beurteilen ist, dass das Gesetz einen erheblichen Bürokratie- und Ressourcenaufwand erzeugen wird, was dem von Gesundheitsminister Lauterbach ausgerufenem Ziel der Krankenhausreform mit „weniger Bürokratie“ entgegensteht.

Gibt es einen neuen Stand bei den Reformplänen der KNO? Wird die Umstrukturierung planmäßig beginnen?

Hoffmann: Die Maßnahmen des neuen Standortkonzepts werden weiterhin umgesetzt. Auch wir müssen uns verändern, um künftig eine zuverlässige medizinische Versorgung aus einer Hand anbieten zu können.

Das schreibt die Kliniken Nordoberpfalz AG auf ihrer Homepage über die Strukturreform.

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