Jetzt geht alles ganz schnell: Prozess gegen ČSSR-Minister (92) beginnt am 25. April

Prag. Es ist ein Prozess von historischer Bedeutung. Das Prager Bezirksgericht hat den Prozess gegen Ex-Innenminister Vratislav Vanjar angesetzt.

Eiserner Vorhang Grenzschützen Prozess
Die Morde am Eisernen Vorhang: Jahrzehnte lang waren sie ungesühnt. Jetzt soll in Prag ein Prozess gegen den letzten Überlebenden des Politbüros starten. Im Bild eine Filmszene der Dokumentation “Europas tödliche Grenze” (ARD). Screenshot: Ascherl

Ab Dienstag, 25. April, muss sich der 92-Jährige wegen Tötungen am Eisernen Vorhang verantworten. Vratislav Vajnar wird ein besonders schweres Verbrechen des Amtsmissbrauchs vorgeworfen. Er soll sich in seiner Zeit als Innenminister der Tschechoslowakei (1983 bis 1988) an der Tötung und Körperverletzung von Flüchtenden mitschuldig gemacht haben.

Konkret werden ihm der gewaltsame Tod des deutschen Spaziergängers Johann Dick, des tschechischen Flüchtlings Frantisek Faktor sowie des DDR-Bürgers Hartmut Tautz zur Last gelegt. Die Anklage enthält zudem die Verletzung von drei DDR-Bürger bei Fluchtversuchen. Bisher hat das Gericht zwei Verhandlungstage im Gerichtsgebäude in Prag I angesetzt: Dienstag, 25. April (12.30 Uhr) sowie Mittwoch, 24. Mai (12.30 Uhr).

Fünfeinhalb Jahre nach Strafanzeige

Das Gerichtsverfahren findet fünfeinhalb Jahre nach der Anzeigeerstattung durch die Platform of European Memory and Conscience statt. Die Prager Organisation hatte 2017 Strafanzeige gegen führende tschechoslowakische Beamte erstattet, die an der Errichtung des Eisernen Vorhangs beteiligt waren. Die Staatsgrenze der Tschechoslowakei war die tödlichste Grenze Europas.

Der Prozess gegen Vajnar wäre der erste Fall, der tatsächlich vor Gericht kommt. Zu verdanken ist dies unter anderem der Hartnäckigkeit des Prager Anwalts Lubomir Müller. Er hatte zuletzt erfolgreich ein ärztliches Attest angefochten, das Vajnar für verhandlungsunfähig erklärt hatte.

Andere Ermittlungsverfahren endeten mit dem Tod des Beschuldigten (Milous Jakes, Lubomir Strougal) oder wurden aufgrund von Demenz oder Wahnvorstellungen eingestellt (Jan Fojtik, Frantisek Kincl).

Der bekannteste Fall, der in Prag verhandelt wird, ist die Erschießung des Amberger Wanderer Johann Dick 1986.

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