Kliniken AG: Landrat Roland Grillmeier und Vorstand Michael Hoffmann nehmen Stellung

Tirschenreuth/Weiden. Landrat Roland Grillmeier und Kliniken-Vorstand Michael Hoffmann nehmen Stellung zu den Protesten gegen die Umstrukturierungspläne, die vor allem im Landkreis Tirschenreuth aufkommen.

Landrat Roland Grillmeier (links) und Kliniken-Vorstand Michael Hoffmann bei der Vorstellung der Pläne vor einer Woche. Foto: Jürgen Herda

Tirschenreuths Landrat Roland Grillmeier zeigt sich „beeindruckt von der enormen Anteilnahme und vom Engagement zum Erhalt der Notaufnahme und mehr stationärer Versorgung im Krankenhaus Tirschenreuth“. Deshalb lädt er zu einem gemeinsamen Gespräch mit Vertretern der Kliniken AG und des Landkreises ein.

Was Landrat Roland Grillmeier sagt:

In seiner Stellungnahme zu den Protesten im Landkreis Tirschenreuth schreibt Grillmeier: „Die Menschen machen sich verständlich Sorgen um die Strukturen und wir bemühen uns, gerade die Grundversorgung sicherzustellen. Dies passiert auf Basis der neuen gesetzlichen Vorgaben, die die Gesundheitsversorgung ändern werden. Es geht um die Vermeidung von Doppelstrukturen, Qualitätsvorgaben und Mindestmengen, die in kleinen Häusern nicht mehr sichergestellt werden können. Deswegen wird es vermehrt um Planung und Koordinierung gehen. Dies tun wir, um Gesundheitsversorgung regional zu organisieren und darum wird es zukünftig gehen. Ich bin mir jedoch sicher, dass auf kommunaler Ebene weiter Geld in die Hand genommen werden muss. Der Markt wird das nicht regeln, wie man sich das in
Berlin erhofft. Ich mache mich gerne mit zum Teil dieser Initiative bzw. tue dies bereits seit einem Jahr.

Gespräche in München

Nichts hat mich und auch die Kreispolitik in den letzten Jahren so sehr beschäftigt wie die Sorge um den Erhalt unserer Krankenhäuser und der medizinischen Versorgung. Nächste Woche werde ich auf Vermittlung von MdL Tobias Reis zu Gesprächen mit dem Gesundheitsministerium in München sein. Auch bei einer Tagung der Bayerischen Krankenhausgesellschaft, bei der ich Mitglied des Hauptausschusses bin, werde ich anwesenden sein. Ich lade zusammen mit Kliniken AG-Vorstand Michael Hoffmann und Standortbürgermeister Franz Stahl vor diesen Gesprächen in München die Initiatoren des Protestmarsches, die Ärzte und Personalvertreter, ein, um deren Anliegen anzuhören und mit in die Gespräche nach München zu nehmen.

Bedenken zur Krankenhausreform

Die Bayerischen Landräte warnen seit Jahren vor der Gefahr der medizinischen Unterversorgung, speziell im ländlichen Raum. Die Krankenhausreform wird diesen Zustand verschlechtern, erste Auswirkungen sieht man bereits in vielen Landkreisen. Ich teile viele dieser Bedenken und bin selbst bei mehreren Gesprächen beim Gesundheitsministerium mit der Aussage aufgetreten, dass die Notaufnahme in Tirschenreuth und Kemnath aufgrund der Entfernung in andere Häuser notwendig ist. Ich wurde wiederholt von der Bayerischen
Krankenhausgesellschaft, dem Staatsministerium, dem Bundesgesundheitsministerium und auch innerhalb der Kliniken AG eines Besseren belehrt. Als wir vor zwei Monaten mit der Protestaktion „Kliniken in Not“ in Kemnath auf die Straßen gegangen sind, war ich mit rund 30 Beschäftigten und Stadträten und wenigen Bürgern alleine auf der Straße. In Tirschenreuth hat diese Aktion nur das Personal vertreten. Hier war niemand auf der Straße, weil man scheinbar nicht einschätzen konnte, was die drohenden Veränderungen für uns bedeuten.

In kleinen Häusern nicht mehr möglich

Fakt ist: Die gesetzlichen Vorgaben für den Betrieb einer Notaufnahme nach G-BA haben sich massiv verändert, bei dringendem medizinischen Bedarf direkt in die Klinik, ansonsten soll bei niedergelassenen Ärzten versorgt werden. Diese Vorgaben können in kleinen Häusern wie Tirschenreuth nicht mehr erfüllt werden. Grundsätzlich kann dies aber auch durch niedergelassene Ärztinnen und Ärzte sichergestellt werden. Das ist das, was wir mit der Notfallambulanz erreichen wollen. In Kemnath ist uns der „Sicherstellungszuschlag“ gestrichen worden, der uns 700.000 Euro Mehrkosten einbringt. Wir erfüllen diese Aufgabe bisher noch, müssen aber auch hier auf eine Notfallambulanz umstellen, weil die Vorgaben nicht erfüllt werden können.

Schwere Fälle jetzt schon in Weiden

In Tirschenreuth musste die Notaufnahme auch wegen Personalmangel oft geschlossen werden. Im Übrigen fahren fast alle schwereren Fälle an den kleinen Notaufnahmen vorbei. Wir werden dazu in den nächsten Wochen weitere Fakten, auch zu Geburtshilfe und Chirurgie, vorlegen, die erläutern, warum diese aufgrund der Vorgaben und Krankenhausreform nicht mehr erfüllt werden können. Wir warten seit Monaten auf die Festlegungen zu den Level 1-Häusern. Ein Großteil der Reform steht fest, Bund und Länder diskutieren noch über Details. Mitglieder der Kommission haben uns klar gesagt, dass ein Level 1-Haus die gleichen Voraussetzungen hätte, wie wir es derzeit planen – unter anderem mit Notfallambulanz.

Den Wandel gestalten

Uns wurde deutlich signalisiert, dass die medizinische Versorgung nach Vorgaben der Reform auf Konzentration, Qualitätsvorgaben und Mindestmengen setzt und den Betrieb kleiner Krankenhäuser kaum noch möglich macht. Vollständige Notaufnahmen müssen in 45 Minuten erreichbar sein, das ist die klare Vorgabe.

Wir tun momentan alles, was möglich ist, um die Gesundheitsversorgung in unseren Häusern zu sichern. Bundes-Gesundheitsminister Karl Lauterbach hat gesagt, die einzige Chance für kleine Krankenhäuser sei der Wandel. Diesen versuchen wir zu gestalten, daran arbeiten wir seit Jahren. Nur zu sagen ‚Wir müssen alles so behalten, wie es jetzt ist‘ wird die Situation nicht verbessern und die Reform nicht aufhalten.“

Was Kliniken-Vorstand Michael Hoffmann sagt:

Der Vorstand der Kliniken AG, Michael Hoffmann, ergänzt: „Zunächst ist mir wichtig, Folgendes festzuhalten: Es soll auch zukünftig eine Notfallversorgung im Krankenhaus Tirschenreuth geben. Diese soll über Notfallpraxen in Kooperation mit der Kassenärztlichen
Vereinigung und Ärzten der KNO erfolgen. Hierzu wurden bereits Gespräche aufgenommen und wir befinden uns in enger Abstimmung mit dem Gesundheitsministerium darüber, welche Vorhaltungen möglich sind. Wichtig ist aber zu wissen: Bereits jetzt werden viele akute Notfälle nicht in der Notaufnahme am Krankenhaus Tirschenreuth, sondern am Klinikum Weiden behandelt. Liegen beispielsweise intensive chirurgische, neurologische oder kardiologische Erkrankungen vor, erfolgt die Behandlung dieser Patienten bereits jetzt in Weiden, da das Krankenhaus Tirschenreuth nicht für die Behandlung bestimmter Notfall wie Schlaganfälle oder Herzinfarkte ausgestattet ist.

80 Prozent der Fälle zwischen 8 und 20 Uhr

Bisher treffen Notfälle in rund 80 Prozent der Fälle zwischen 8 und 20 Uhr am Krankenhaus Tirschenreuth ein. 70 Prozent dieser Patienten werden hier nur ambulant behandelt und nicht stationär aufgenommen. Im vergangenen Jahr wurden im Schnitt täglich nur vier Patienten als stationärer Notfall aufgenommen. Bei den meisten Patienten handelt es sich dabei zudem um Menschen mit internistischen Erkrankungen. Für die besteht auch weiterhin die Möglichkeit einer stationären Behandlung nach der Aufnahme als Notfall. Durch die geplante Notfallversorgung kann damit also ein Großteil der bisherigen Notfälle auch weiterhin adäquat behandelt werden. Dies gilt auch für Fälle der Berufsgenossenschaft, die über das MVZ neben dem Krankenhaus abgebildet werden können.“

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1 Kommentare

Klaus Emmerich - 02.12.2023

Was machen Klinikvorstand und Klinikträger, wenn die angekündigte Klage privater, gemeinnütziger und konfessioneller Krankenhausverbände gelingt, und kommunalen Trägern ein Verlustausgleich untersagt wird? Eine Fiktion? Keineswegs! Hier ist die Quelle: https://www.medconweb.de/blog/finanzierung/alle-krankenhaeuser-fair-finanzieren/ Dagegen wehrt sich mit aller Vehemenz die Aktionsgruppe Schluss mit Kliniksterben in Bayern: https://schlusskliniksterbenbayern.jimdofree.com/hintergrnde/rekommunalisierung/