Wegen Fischotter: Söder bekommt Schäufele statt Karpfen

Thierstein/Bärnau. Eröffnung der bayerischen Karpfensaison am Donnerstag im oberfränkischen Thierstein mit dem bayerischen Ministerpräsidenten. Da staunte Markus Söder nicht schlecht: Statt Karpfenfilet wurde Schäufele aufgetischt. Schuld daran soll der Fischotter sein.

Ministerpräsident Markus Söder (rechts) blickt etwas verdrießlich auf das fränkische Schäufele, das ihm Peter Thoma, Vorsitzender der Teichgenossenschaft Oberfranken, (gegenüber) auftischen ließ. Bild: privat

Darauf freuen sich Fischliebhaber das ganze Jahr: Auf das erste Karpfenfilet bei der offiziellen Eröffnung der bayerischen Karpfensaison. Auch dem bayerischen Ministerpräsidenten und seiner Landwirtschaftsministerin wird schon das Wasser im Mund zusammengelaufen sein. Doch dann gingen die Mundwinkel bei Markus Söder und Michaela Kaniber nach unten.

Karpfen-Affront als Aha-Effekt

„Mit dieser Überraschung hat keiner gerechnet“, erzählt Bärnaus Bürgermeister Alfred Stier auf Anfrage von OberpfalzECHO. „Plötzlich sagt Peter Thoma, Vorsitzender der Teichgenossenschaft Oberfranken, nach der Vorspeise, ,heute gibt es Schäufele statt Karpfen’.“ In einem normalen Jahr habe er 100 Karpfen im Teich, von denen er 95 entnehme – heuer seien nur noch fünf übrig gewesen.

Da hatte offenbar eine Fischotterfamilie großen Appetit. Und die Ehrengäste aus München gingen leer aus. „Der Ministerpräsident war nicht amused“, beobachtete Bärnaus Rathauschef mit zwiespältigen Gefühlen. „Das war schon ein Affront“, sagt Stier, der große Stücke auf den CSU-Chef hält. „Aber wie dramatisch die Situation inzwischen ist, kann man vielleicht nur mit solch drastischen Mitteln vor Augen führen.“

Gespanntes Warten auf das Otter-Gutachten

Schließlich sei es nicht darum gegangen, Söder zu düpieren. „Es geht um die Sache.“ Stier habe eigens nochmal nachgefragt: „Keiner hat von dem Schäufle-Plan gewusst, nur der Peter Thoma und der Wirt.“ Dass ein so besonnener Teichgenosse zu solchen Mitteln greife, zeige: „Der Otter ist das Thema Nummer eins, die Schäden sind dramatisch – wir warten alle gespannt auf das Gutachten, das morgen zugestellt werden soll.“ Die Teichwirte verzeichneten eine Betriebsmittelkostensteigerung von 35 Prozent: „Das hält kein Betrieb aus.“

Die Aktion habe jedenfalls Wirkung gezeigt: „Söder hat vor versammelter Mannschaft Kaniber angewiesen, bis nächste Woche einen Bericht zur Lage der Teichwirtschaft abzuliefern.“ Dass der Ministerpräsident und das Kabinett jetzt reagieren müssten, stehe außer Frage: „Er weiß, wie Politik geht.“ In seiner Rede habe er deshalb dezidiert gefordert, den Auftrag zur Biodiversität ernst zu nehmen: „Das bedeutet, dass man nicht einzelne Tiere auf dem Rücken anderer schützen kann.“ In der Konsequenz heiße das: „Die Entnahme von Ottern.“

Der Wolf im Karpfenteich

Landwirtschaftsministerin Michaela Kaniber bemühte sich dann auch, die „kleinstrukturierte Teichwirtschaft“ als „weltweit einzigartig“ zu rühmen. „Was der Wolf im Alpenvorland ist, ist der Fischotter in Oberfranken und der Oberpfalz.“ Das stetige Sinken des Grundwasserspiegels und die Verdunstung des Wassers durch anhaltende Hitze sei ein weiterer Stressfaktor für Fisch und Teichwirte.

In diesem Jahr sei deshalb mit einer unterdurchschnittlichen Ernte an Karpfen zu rechnen. Die Tiere seien im Schnitt kleiner, der Fettgehalt geringer. Die Preisfindung sei nach Auskunft von Genossenschaftsmitgliedern noch im Fluss – ein Preis von 4 bis 5 Euro pro Kilo Lebendfisch sei realistisch.

Abschuss gerichtlich verboten

Das Verwaltungsgericht Regensburg hat nach einer Klage von Tierschützern den Abschuss von Fischottern verboten. Die Begründung: Die Tötung einzelner Tiere würde lediglich dazu führen, dass anschließend ein anderer Fischotter dessen Platz besetzen würde. Das Gericht hält Zäune für eine bessere Lösung.

Als dann einige Teichwirte diesem Rat folgen wollten, erlebten sie eine böse Überraschung. Der Bau eines Zauns wurde aus Naturschutzgründen nicht genehmigt. Dort wo es erlaubt wurde, entstanden den Züchtern Kosten von mehreren Zehntausend Euro. Die betroffenen Teichwirte hoffen, dass das Urteil noch gekippt werden kann. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat im August die Berufung gegen des Urteil des Verwaltungsgerichts Regensburg zugelassen Jetzt soll in einem Berufungsverfahren am Verwaltungsgerichtshof in München entschieden werden, ob einzelne der unter Artenschutz stehenden Tiere in den Kreisen Tirschenreuth, Schwandorf und Cham getötet werden dürfen.

Nach Ansicht von Fischotterberater Alexander Horn läuft den Teichwirten die Zeit davon: „Wir müssten jetzt eigentlich auf die Schnelle eine Lösung finden“, sagte er dem Bayerischen Rundfunk, „wenn wir diese Produktion hier – dieses Kulturgut – erhalten wollen.” Horn begutachtet die Schäden und legt daraufhin fest, welche Entschädigungen Teichwirte gekommen.

* Diese Felder sind erforderlich.