WSW-Vertriebspartner: Kontostand 6 Millionen, Aussage 0 Worte

Weiden. Der Prozess gegen die Verantwortlichen der WohnSachWerte eG wird sich bis ins Frühjahr ziehen. Aktuell sagen Geschäftspartner aus – und haben die Hosen voll.

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Beratungspause. Der Regensburger Rechtsanwalt Tim Fischer (sitzend, Mitte) begleitet Unternehmer Peter H. aus Niedersachsen, der mit der WSW Millionen verdient hat. Links Anwalt Michael Haizmann. Foto: Christine Ascherl

Am Montag (Tag 11) sagt der Steuerberater (46) der WSW aus. Richtig muss es heißen: Er sagt eben nicht aus. Er wird selbst als Beschuldigter geführt. Der Mann wird daher begleitet von Anwalt Prof. Dr. Jan Bockemühl als Zeugenbeistand. Nach einer Stunde verlässt der Zeuge den Schwurgerichtssaal wieder. Ohne auch nur eine Frage beantwortet zu haben. Er beruft sich auf die Schweigepflicht, von der ihn die Vorständin (50) nicht entbinden will.

Nächster Zeuge: “100 Prozent Dynamit, 100 Prozent Vollgas”?

Am Mittwoch (Tag 12) sagt im WSW-Prozess ein Unternehmer aus Niedersachsen aus. Peter H. war Vertriebspartner der WohnSachWerte. Auch er sagt nichts. Der 47-Jährige hat zu viel Angst, selbst strafrechtlich belangt zu werden. Auf Konten seiner Firmen flossen von der WSW rund 6 Millionen Euro. Gegen ihn ist nie ein Ermittlungsverfahren eingeleitet worden.

Die angeklagte Vorständin (50) hatte ihn in ihrer Aussage beschrieben mit den Worten: “Das ist ein Mann, der ist 100 Prozent Dynamit, 100 Prozent Vollgas.” Davon sind Null Prozent übrig. Der Vertriebler wird von Rechtsanwalt Tim Fischer als Zeugenbeistand begleitet. Dieser rät zur Verweigerung der Aussage. Niemand muss sich selbst belasten. Laut Fischer sei praktisch jede Frage ausgeschlossen: “Allein die Frage, ob er die Angeklagten kennt, wäre potenziell geeignet, sich selbst zu belasten.”

Jeden Monat tausende Neukunden

Die Vorständin hatte den 47-Jährigen in ihrer Aussage am dritten Prozesstag ganz schön reingeritten. 2020 habe sie einen Online-Vertriebsweg gesucht, um der WSW schneller zu deutlich mehr Mitgliedern zu verhelfen. “Wir suchten einen zuverlässigen Menschen, der uns Interessenten generiert.” Gemeinsam mit Sohn und Mann sei sie nach Hannover zu einer Besprechung mit Peter H. gefahren.

Dieser sei in einer ganz anderen Größenordnung unterwegs gewesen. Peter H. habe 2500 neue Mitglieder pro Monat angekündigt. Tatsächlich stieg die Anzahl sprunghaft an. Tina K.: “Er hat aufgedreht – und bei uns war erstmal Land unter.” Man habe gar nicht alle Anrufe entgegennehmen können. Am Ende zählte die WSW über 12.000 zahlende “Genossen”, die Peter H. beigesteuert hatte.

Fördergeld “vom Osterhasen”

Er entwickelte nach Aussage von Tina K. die Homepage “Foerderhelden.de”. Diese warb mit dem Slogan: “Bis zu 560 Euro Fördergeld kostenfrei & einfach sichern!” Der Genossenschaftsbeitritt erschien nur im Kleingedruckten. Tina K. schilderte, wie man den Vertriebler aus Niedersachsen einbremsen musste. Einmal bemühte dieser den Osterhasen: “560 Euro Fördergeld für Dich vom Osterhasen!” Ein andermal wollte er den Bundesadler verwenden. Beide Vorschläge seien nicht akzeptiert worden.

Schnell habe man auch Ärger mit den Kunden von Peter H. bekommen: “Randale-Kunden, die sich beschwerten” und nichts von einem VL-Vertrag wussten. Sie habe dieses Thema mit dem Vertriebspartner auch “offen angesprochen”: “Wir haben sehr viel Ärger mit Deinen Kunden und haben den Staatsanwalt an der Backe.”

Am Nachmittag sagt der Programmierer aus, der für Peter H. die digitale Umsetzung übernommen hatte. Er bestätigt, dass das Problem der fehlenden qualifizierten Signatur bekannt war. Dies macht die Beitritte unwirksam – ein Kernthema des Prozesses.

WSW: Prozesstage bis ins Frühjahr

Nach ursprünglichem Plan wollte das Gericht bis Mitte Dezember schon mit 22 der 39 vorgesehenen Zeugen durch sein. Aktuell steht man bei 8. Es fehlen noch Mitarbeiter der WSW, Polizeibeamte, der Ermittlungsleiter und Geschädigte. Nächster Verhandlungstag ist der 13. Dezember (ohne Zeugen), für den 20. Dezember sind die Assistentin der Vorständin sowie der zweite Vorstand der WSW geladen.

Die Strafkammer plant inzwischen weitere Prozesstage bis ins Frühjahr.

Die bisherigen Prozesstage:

Prozess gegen WohnSachWerte: Unterbrechung bis 6. November

Prozess gegen WohnSachWerte: Anwälte erheben Vorwürfe gegen Ermittler

WSW-Prozess: Der Auftritt der Vorständin

WSW: Aston Martin nur eine Geldanlage

Prozess gegen WohnSachWerte: Gericht beißt sich durch Informatik-Fragen

Sohn sagt im WSW-Prozess aus: Vollstes Vertrauen in die Mutter

Fragwürdige Kontrolle: Genossenschaftsberater sitzt im Prüfverband

Kripo-Betriebswirtin sagt aus: Wo sind die Millionen hin?

Gegenwind für Angeklagte: Vorständin wusste früh um ungültige Verträge

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