Parkstein: Windkraftgegner fordern Haftungsübernahmeerklärungen

Parkstein. Die Bürgerinitiative Windparkfreie Heimat hatte Stephan Kaula, einen bei Windkraftgegnern beliebten, aber nicht unumstrittenen Referenten für einen Vortrag gewonnen. Von Marktgemeinde und Bürgerenergiegenossenschaft will die BI Haftungsübernahmeerklärungen fordern.

Markus Scheidler-Diertl, Sprecher der “Bürgerinitiative Windparkfreie Heimat Parkstein”. Foto: Walter Beyerlein

Am Samstagnachmittag wehte um den Parksteiner Basaltkegel herum ein laues Lüftchen. Bei der Veranstaltung der Bürgerinitiative “Windparkfreie Heimat Parkstein” im Festsaal hingegen entwickelte sich ein stürmischer Wind, der auch Windräder hätte antreiben können. Doch genau das will die Bürgerinitiative verhindern. Sie hatte mit dem Bad Homburger Hausarzt Dr. Stephan Kaula einen Referenten eingeladen, der über die Gefahren und gesundheitlichen Auswirkungen von Windrädern auf den Menschen sprach.

Bürgerinitiativen zu Gast

Außerdem schilderten Bürger aus Gleiritsch (Pfreimd) ihre Erkenntnisse zu den dortigen Windrädern. Markus Scheidler-Diertl, Sprecher der Bürgerinitiative, hieß zum Informationsnachmittag neben dem Referenten Vertreter der Bürgerinitiativen aus Hessenreuth, Rauher Kulm, Plößberg, Gegenwind Stiftland und Bärnau willkommen. Sinn der Informationsversammlung sei die Sorge der Bürgerinitiative um das Wohlbefinden der Bürgerinnen und Bürger. Der Ausbau der erneuerbaren Energie sei mit der Frage verbunden, ob deren Umsetzung auch den Lebensalltag der Menschen verändere. Scheidler-Diertl sagte, der Bürgerinitiative sei bekannt, dass einige Parksteiner ihren Wegzug ins Auge fassten, sollten die Windräder gebaut werden.

„Über Klimaerwärmung diskutieren“

Stephan Kaula befasste sich im ersten Teil seines Vortrags mit der Energiewende und der „realen Klimaerwärmung“, über die aber offen diskutiert werden müsse. Die deutsche Energiewende nannte er einen „Sonderweg“, weil Deutschland das einzige Land der Welt sei, das gleichzeitig aus Kohle und Atomkraft aussteigen will. Deutschland hat inzwischen auch die größte Dichte von Windenergieanlagen und pro Kopf installierter Windkraftleistung und ist deshalb auch das einzige Land, das dadurch Stromüberschüsse produziert. Kaula: „Die deutsche Energiewende ist kein Erfolgsmodell und kein Vorbild für die Welt.“ Es sei naiv zu glauben, dass doppelt so viele Windkraftanlagen auch doppelt so viel verfügbaren Strom erzeugten. „Nicht jedes Windrad, das sich dreht, erzeugt auch wirklich Strom“, so der Referent. Kaula bezeichnete das „Wasserstoffzeitalter“ und die Stromspeicherfrage als nicht finanzierbar.

Der Allgemeinarzt Dr. Stephan Kaula gilt als vehementer Gegner der Windkraft. Foto: Susi Moisländer

Kritik von Sonja Reichold

Kritisch setzte sich Dr. Kaula auch mit dem Südlink auseinander, der nur in der Hälfte des Jahres benötigt werde, um Strom in den Süden zu leiten. Als Fazit zog der Redner, dass die deutsche Energiewende weder wirksam noch ökonomisch tragbar, weder menschenfreundlich noch naturverträglich sei.

Am Ende des ersten Vortragteils verabschiedete sich Sonja Reichold (Die Grünen) mit den Worten, sie sei extrem enttäuscht und unter falschen Voraussetzungen zu dieser Veranstaltung gelockt worden. „Ich kann mir das nicht mehr anhören, dass die Energiewende hier grundsätzlich verdammt wird.“ An Kaula gerichtet sagte Reichold: „Wer ja zur Atomkraft sagt, muss auch ja zu einem Endlager sagen.“ Der Vortrag sei nur ein „Durcheinander von Zahlen“ gewesen.

Die Besucher des Informationsnachmittags im Festsaal. Foto: Walter Beyerlein

„Schlafstörungen durch Infraschall“

Im zweiten Teil ging es speziell um das Thema Windkraftanlagen. Dabei berichteten von Windrädern und deren Infraschall betroffene Menschen vor allem über Schlafprobleme. Ein Landwirt berichtete über ein geändertes Verhalten von Tieren. Die Betroffenen geben für ihre Schlafstörungen dem Infraschall die Schuld. Von 98 Betroffenen in einem Ort seien 20 weggezogen oder wollen den Wohnort wechseln, 27 schlafen nicht mehr im eigenen Haus, war in einem Videobeitrag zu sehen. Fazit von Kaula: Die Nebenwirkungen von Windenergieanlagen in behördlich erlaubten Abständen gingen weit über eine bloße Störwirkung hinaus. Es handle sich um gesundheitliche Schädigungen und Krankheit. Kaula bedauerte, dass hier belastbare Reaktionen des Umweltbundesamtes fehlten. Noch gelte vor Gericht, dass nicht bewiesen sei, dass Windkraftanlagen krank machen könnten.

Fataler Rechenfehler beim Infraschall

„Der unhörbare Schall von Windkraftanlagen“ ist eine viel zitierte Studie der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) aus dem Jahr 2005. Forschende der BGR hatten im Umfeld einer Windenergieanlage (WEA) Infraschallwerte von über 100 Dezibel gemessen und daraus abgeleitet, dass der Infraschall großer Windräder auch viele Kilometer weiter detektierbar sei.

Jetzt räumt die Bundesanstalt einen systematischen Fehler in ihrer Studie ein: Die in Dezibel ausgedrückte Lautstärke ist zu hoch berechnet. Sie sei 36 Dezibel niedriger als ursprünglich angegeben. Da der Schalldruck aber exponentiell ansteigt, macht das einen großen Unterschied. Zehn Dezibel mehr bedeuten ein zehnmal so lautes Geräusch. Nach Expertenmeinung setze die BGR-Studie die Infraschallwerte insgesamt um den Faktor 10.000 zu hoch an.

Entdeckt hatte diesen fatalen Rechenfehler Dr. Stefan Holzheu, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Bayreuther Zentrum für Ökologie und Umweltforschung an der Universität Bayreuth. Auch andere Wissenschaftler hatten jahrelang die Studienergebnisse der BGR angezweifelt und auf eigene Messungen verwiesen. Die BGR reagierte mit einer vertieften Prüfung erst, nachdem sich die Physikalisch-Technische Bundesanstalt (PTB) im März 2021 eingeschaltet und den Fehler bei der Programmierung des Algorithmus herausgefunden hatte.

Die Korrektur der Infraschall-Studie könnte auch Auswirkungen auf die Diskussion über angebliche gesundheitliche Auswirkungen von Windenergieanlagen haben. Stefan Holzheu: „Es gibt keine wissenschaftliche Publikation mehr, die relevante Schalldrücke belegt. Pro-Windkraft Gruppen sagen mir inzwischen, dass das Infraschall-Argument von der Gegenseite immer seltener vorgebracht wird.
Angesichts der Klimakrise sehe ich die Windkraft als alternativlos. Ich wünsche mir, dass Projekte mit den Bürgern vor Ort realisiert werden – mit fairen Konditionen für beide Seiten.”

Stephan Kaula schreibt uns in einer Stellungnahme, dass diese Darstellung falsch sei. „Die Reichweite des Infraschall von Windenergieanlagen wurde von vielen
unabhängigen Untersuchern in peer-review-Studien untersucht und belegt. Die vielfach wiederholte Aussage der LUBW-Studie „Infraschall von Windenergieanlagen geht schon nach 700 m im Hintergrundrauschen unter und sei deshalb weiter entfernt gar nicht mehr nachweisbar“ sei laut Kaula irrreführend. Stefan Holzheu diffamiere alle Personen, die sich mit möglichen
Gesundheitsgefahren durch Windenergieanlagen auseinandersetzten.

Kaula: „In meinem Vortrag erklärte ich ausdrücklich, dass Wirbelschleppen und
Druckpulse, die von den Anlagen ausgehen, die krankmachende Fernwirkung
erklären können. Diese sind ein strömungstechnisches (rheologisches)
Phänomen und kein akustisches wie Infraschall, auf das es von den Behörden
und auch von Holzheu reduziert wird.”

(Redaktion)

Beispiele aus Gleiritsch

In Parkstein sieht Dr. Kaula niedrige Windgeschwindigkeiten, keine ausgeprägte Hauptwindrichtung und die Hanglage des Ortes als Problem. Die Bürgerinitiative und Dr. Kaula schlagen den Bürgern vor, eine Haftungsübernahmeerklärung von der Marktgemeinde zu fordern. Dr. Siegfried Burger aus Gleiritsch, Orthopäde in Pfreimd, berichtete über das Verfahren zum Bau der Windanlagen in seinem Heimatort. Dort habe er eine Studie über mögliche Krankheiten ab Inbetriebnahme der Windräder gefordert. In Gleiritsch hätten 30 bis 40 Prozent der Bevölkerung Symptome.

BI fordert Haftungserklärungen

Markus Scheidler-Diertl kündigte an, die Haftungserklärungen dem Vorsitzenden der Bürgerenergiegenossenschaft, Josef Langgärtner, zu übergeben. Er betonte, dass eine derartige Aufklärungsversammlung eigentlich Aufgabe des Bürgermeisters sei, und zwar schon vor dem Bürgerbegehren. Mit der Möglichkeit von Anteilkäufen würden die Bürger gelockt und geblendet. „Die glauben tatsächlich, einen Beitrag zum Klimawandel zu leisten.“

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1 Kommentare

Karl-Werner Schramm - 26.10.2023

Keine Haftung für Aufrechterhaltung von falschen Daten? Atomkraftwerke und ihre Folgen waren nicht mal versicherbar. Wenn nun Haftung durch Windräder kommen soll, müsste auch für Umweltverschmutzung, Ausbeutung von Ressourcen und nachweislich klimabedingte Schäden gehaftet werden. Aktuell werden die Kosten sozialisiert. Aber die Fakten der Dezibel-Überschätzung durch einen Rechenfehler von fast 10000-fach halten sich als „Fake“. Wer haftet eigentlich dafür?