So will die Oberpfälzer SPD in Europa wieder Frieden schaffen

Regensburg. Am 9. Mai lud der Amberger SPD-Europaabgeordnete Ismail Ertug zum Europatag in das DGB-Gewerkschaftshaus Regensburg. Gemeinsam wollte man den Jahrestag der Grundsteinlegung der EU feiern.

Angeregter Austausch auf dem Podium im DGB-Gewerkschaftshaus: (von links) Moderator Alexander Irmisch, Dr. Cindy Wittke, MdB Nils Schmid, MdEP Ismail Ertug. Bild: Stefan Schmid

Der 9. Mai steht wie kein anderer Tag für den europäischen Neubeginn nach dem 2. Weltkrieg. Während der russische Präsident in Moskau eine aberwitzige Parade abnimmt und den Angriffskrieg gegen die Ukraine rechtfertigt, will der überzeugte Europäer Ismail Ertug an die wahren Werte des Kontinents erinnern.

Der damalige französische Außenminister Robert Schuman legte, nur 5 Jahr nach dem Krieg, einen Plan für die Zusammenlegung der deutschen und französischen Stahl- und Kohleproduktion vor. Der Grundstein für die heutige EU wie wir sie kennen. Anlässlich dieses Tages hatte die SPD zum Europatag ins Regensburger Gewerkschaftshaus geladen.

Vor den zahlreichen Gästen, darunter viele aktive und ehemalige MandatsträgerInnen der SPD, geben Dr. Cindy Wittke, MdB Nils Schmid (SPD) und Ismail Ertug ihre Einschätzungen zur Gegenwart und Zukunft der Europäischen Union ab. Nicht zuletzt aufgrund der geopolitischen Lage der EU, sind die Ausführungen überschattet vom völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine. Aber trotzdem und gerade deswegen wird die Bedeutung des europäischen Gedankens von den Anwesenden hervorgehoben.

Gut besuchter Europa-Tag der Oberpfälzer SPD im Regensburger Gewerkschaftshaus. Bild: Stefan Schmid

Russischer Angriffskrieg überlagert Europatag

Die Geburtsstunde der europäischen Einigung ist ein Grund zum Freude. Aber so wirklich zum Feiern war dann doch niemandem zu Mute. Da können sich Olaf Scholz und Emanuel Macron in Berlin noch so sehr um europäische Symbolik mühen, der Überfall auf die Ukraine bleibt bestimmend. So stehen auch die ersten Beiträge unter dem Eindruck der russischen Bedrohung.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Nils Schmid sieht die Notwendigkeit für eine deutsche Außenpolitik gekommen, „die den Regler wieder mehr in Richtung Abschreckung verschiebt“. Dialogbereitschaft will aber auch er weiter zeigen. Dr. Wittke, Leiterin der Politikwissenschaftlichen Forschungsgruppe am Leibniz-Institut für Ost- und Südosteuropaforschung, plädiert dafür, Europa von seinen östlichen Rändern aus zu denken und diese Länder mehr zu verstehen.

Ismail Ertug, Mitglied des Europäischen Parlaments, lenkt den Blick mehr auf die EU selbst. Neben seine lobenden Worte mischen sich aber auch kritische Töne. Den „Konflikt zwischen Autokratie und Demokratie“ gebe es auch innerhalb der EU selbst und nicht nur an ihren Rändern.

Frieden nicht um jeden Preis

Gerade angesichts der beiden offenen Briefe an Olaf Scholz, die in den letzten Tagen durch die Gazetten gejagt wurden, ist es den Anwesenden wichtig, ihre Haltung zu Waffenlieferungen und Friedensverhandlungen kundzutun. Nils Schmid setzt zwar im Verhältnis von Dialog und Abschreckung mehr auf zweiteres, wünscht sich aber dennoch schnellstmöglich die Beilegung der Kampfhandlungen.

Ein Punkt, dem die Politikwissenschaftlerin Wittke entschieden widerspricht. „Kein Waffenstillstand um jeden Preis“ ist ihr entschiedenes Credo. Es helfe nichts, wenn formal der Konflikt eingefroren werde. Zu fragil wäre ein Frieden, der nur auf die Abwesenheit von direkter Gewalt baut. Die Situation in Armenien und Aserbaidschan sowie die Annexion der Krim 2014 sollten warnende Beispiele sein.

Eine Lösungansatz dafür nennt Wittke: Um den europäischen Zusammenhalt und die Sicherheit weiter zu gewährleisten, müsse man sich den Ländern über die europäischen Grenzen hinaus zuwenden. Diese Zuwendung dürfe nicht nur von wirtschaftlichen Interessen gelenkt sein, sondern müsse vor allem darauf fußen, den Ländern Sicherheit gegenüber Russland zu garantieren. In diesem Punkt sind sich alle Anwesenden einig. Auch die deutsche Sicherheit hängt maximal an der Sicherheitslage der EU. „Europäische Außenpolitik ist deutsche Außenpolitik“ stellt Schmid richtiggehend fest.

Plädoyer für die EU

Aber nicht nur Negatives wurde an diesem Abend besprochen. Viele Gäste betonen während der Fragerunde, wie wichtig ihnen die EU ist und wie sehr sie das Leben in ihr schätzen. Nichtsdestotrotz hat die EU ein öffentliches Image-Problem. So vieles würde nicht gesehen, was positiv läuft. Es sind europäische Programme, die es SchülerInnen, Auszubildenden und Studierenden ermöglichen, das europäische Ausland kennenzulernen.

Es sind EU-Gelder, mit denen viele bauliche Projekte – auch in Bayern – ermöglicht werden. Es ist der europäische Schengen-Raum, der es allen möglich macht, problemlos Grenzen für den Urlaub oder den Einkauf zu überqueren. Kurz gesagt: Es ist die EU, die uns Wohlstand, Gesundheit und Sicherheit garantiert.

Mehr über die Segnungen Europas sprechen

Was fehle, sei die öffentliche Wahrnehmung. Für diese kämpft Ismail Ertug seit seinem Antritt im Europäischen Parlament vor 13 Jahren. Es ist sicherlich eine Sisyphus-Arbeit, um die man den Politiker nicht immer beneidet, für die man allerdings zutiefst dankbar sein muss. „Jeden Tag über die EU sprechen“ ist das, was der Oberpfälzer SPD-Chef den Anwesenden mit auf den Weg gibt.

Der Regensburger Stadtrat Alexander Irmisch bringt es für die SPD auf den Punkt: „Es liegt an uns, wie wir die EU nach Außen tragen und über sie reden!“ Eine Aussage, die als Aufforderung an die eigene Partei, aber auch als Kritik am politischen Gegner gilt. Besonders in Bayern sei es verbreitet so zu tun, sagt Ertug, als ob „alles Schlechte aus Brüssel kommt und wenn es gut ist, es sich selbst auf die Fahne zu schreiben“.

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