Finanzminister Füracker: „Wir müssen die Menschen jetzt entlasten“ [mit Video]

Parkstein. Der bayerische Heimat- und Finanzminister nimmt beim Redaktionsbesuch in Parkstein die Bürokratie auf die Schippe: „Die Romanik hatte ihre Rundbögen, die Gotik Spitzbögen, das 21. Jahrhundert Fragebögen.“ In dem zweiten Teil des Interviews mit OberpfalzECHO spricht der Oberpfälzer CSU-Vorsitzende über die galoppierende Inflation, den Zustand der CSU und die Chancen eines KI-Zentrums in Halmesricht.

Finanzminister Albert Füracker passt unter Parksteins Basaltkegel gut ins Bild. Bild: David Trott

Seit vielen Jahren bringt die Niedrigzinspolitik das Sparvermögen der Bürger zum Schmelzen. Inzwischen bedroht die galoppierende Inflation den Wohlstand. Hat der bayerische Finanzminister Instrumente, um diese Entwicklung abzumildern – oder zumindest einen Vorschlag, was getan werden muss?

Füracker: Da geht es weniger um Finanzpolitik als um die Geldpolitik, die die EZB betreibt. Wir plädieren seit Jahren dafür, aus dem Krisenmodus endlich wieder auszusteigen. Die Methode seit der Finanzkrise, dass billiges Geld die Wirtschaft ankurbelt, kann nur ein vorübergehendes Instrument sein. Aber die EZB hat den Kurs fortgesetzt und darüber hinaus Staatsanleihen in Billionen-Höhe gekauft. Wir müssen wieder geldpolitische Normalität herstellen. Dazu kommt, dass wir die Corona-Krise zum Teil auch fiskalisch bewältigen mussten. Energie ist momentan der Inflationstreiber Nummer 1. Wir müssen die Menschen jetzt entlasten, zum Beispiel mit der Senkung von Stromsteuern und der sofortigen Abschaffung der EEG-Umlage. Zudem müssen wir die Pendlerpauschale erhöhen, um vor allem die Bürgerinnen und Bürger im ländlichen Raum zu entlasten. Vor allem braucht es aber ein Signal der EZB, ihren geldpolitischen Kurs zu ändern. Es gibt bereits erste Signale der Fed und der Bank of England. Und auch die EZB gesteht ein, dass die Inflation länger dauert, als erwartet.

Finanzminister Albert Füracker im Redaktionsgespräch. Archivbild: Jürgen Herda

Was hat es mit den von SPD und Grünen bemängelten „Steueroasen“ auf sich: Ist die Scheinverlagerung mit Briefkastenfirmen in Kommunen mit niedrigen Hebesätzen wie Grünwald nur ein Münchener Problem?

Füracker: Grundsätzlich ist das kommunale Hebesatzrecht verfassungsrechtlich verankert. Der Mindesthebesatz in Deutschland liegt bei 200 Prozent. Jede Gemeinde kann das handhaben, wie sie will. Und es liegt in der unternehmerischen Freiheit, einen Firmen-Standort zu wählen. Das ist völlig legitim. Es darf daher kein Generalverdacht erhoben werden, nur weil sich eine Firma in einer Gemeinde mit niedrigem Gewerbesteuersatz ansiedelt. Gesetzesverstöße und Steuerhinterziehung aber müssen konsequent bekämpft werden. Das tun wir. Wenn es berechtigte Zweifel gibt, greift die Steuerverwaltung ein.

Wie erleben Sie als christsozialer Politiker die schleppende Aufklärung des Missbrauchs in kirchlichen Einrichtungen – ist ein neuer Montgelas vonnöten oder trauen Sie dem Kirchenrecht noch zu, für Gerechtigkeit zu sorgen?

Füracker: Wo Unrecht geschieht, muss umfassend aufgeklärt werden. Die Geschehnisse sind für mich nur sehr schwer zu begreifen. Was die Opfer durchlitten haben, ist nur schwer in Worte zu fassen.

Seit der verlorenen Bundestagswahl rumort es auch in der CSU: Haben Sie den Eindruck, dass die Oberpfälzer CSU den verunglückten Wahlkampf aufgearbeitet hat? Welche Konsequenzen zieht die Partei aus der Niederlage?

Füracker: Bis auf wenige Ausnahmen spielte die CSU in der Kanzler-Kandidatenfrage personell keine Rolle. Es war in diesem Fall aber so, dass es bereits Jahre dauerte, bis die CDU ihren Parteivorsitzenden gewählt hat. Als man sich dann für Armin Laschet als Kanzlerkandidaten entschieden hatte, gab es Zweifel in der CDU, die beste Person ausgewählt zu haben. Deshalb entstand auch aus der CDU heraus eine Bewegung, die die Bitte an Markus Söder richtete, sich eine Kandidatur überlegen. Seine Reaktion war: „Wenn ihr das wünscht, ducke ich mich da nicht weg.“ Sein Angebot einer Kandidatur, war daraus entstanden. Nach einigem hin und her, hat sich das Präsidium mehrheitlich hinter Armin Laschet gestellt. Das hat man dann so akzeptiert. Anschließend gab es noch einige Unstimmigkeiten im Wahlkampf und vielleicht das eine oder andere missglückte Foto. Es stimmt – es ist nicht ideal gelaufen. Fakt ist, mit einem Kanzlerkandidaten Söder wären wir in Bayern wahrscheinlich deutlich über 40 Prozent gekommen. Jetzt haben wir die Oppositionsrolle angenommen und zeigen konstruktiv Alternativen auf. Und da gibt es viel zu tun nach dem Stolperstart der Ampel: Zum Beispiel bei den KfW-Zuschüssen, der Impfpflicht und der Debatte um Steuersenkungen, die Lindner angekündigt hatte. Wir sind in Bayern unstrittig in Hinblick auf 2023 gut aufgestellt mit einem starken Ministerpräsidenten und Parteivorsitzenden.

Ist dann Hubert Aiwanger wieder ihr Wunschpartner?

Füracker: Die CSU hat nie einen Wunsch-Koalitionspartner. Die Freien Wähler bieten die ideologisch größte Schnittmenge. In Berlin überlegt man derweil bereits, wie man die Ampel in allen Bundesländern installieren kann. Als nächstes stehen die Wahlen im Saarland und NRW an. Ich kann nur raten, dass wir als bürgernahe Regierung geschlossen auftreten und gemeinsame Entscheidungen auch außerhalb des Kabinettssaals mittragen und erklären. Wir müssen auf Geschlossenheit innerhalb unserer Regierung setzen.

Das Düsseldorfer Institute für Competition Economics (DICE) hat errechnet, dass der Staat durch eine Cannabislegalisierung 4,7 Milliarden Euro jedes Jahr zusätzlich einnehmen kann – etwa durch Steuereinnahmen und Einsparungen bei der Strafverfolgung. Was kann die Legalisierung aus finanzpolitischer Sicht schaden oder nützen?

Füracker: (lacht) Sie stellen Fragen! Was mich irritiert, ist, dass man so ein Thema gesellschaftspolitisch in den Mittelpunkt stellt. Wir haben drängendere Probleme. Die Ampel ist angetreten, um Probleme zu lösen – aber damit lässt sie sich Zeit und schafft laufend neue. Was soll die Legalisierung von Cannabis für ein Problem lösen? Ich lehne das weiterhin ab, selbst wenn es Steuereinnahmen brächte.

Das Gebäude von BHS Corrugated Maschinen- und Anlagenbau in Weiherhammer.
Denken in Wellen: Die bayerische Staatsregierung unterstützt das Projekt einer KI-Denkwelt der LUCE-Stiftung. Bild: David Trott

In Halmesricht plant die LUCE-Stiftung der BHS-Brüder Christian und Lars Engel unter Leitung des ehemaligen OTH-Präsidenten Erich Bauer eine Denkwelt – einen Skyscraper der Künstlichen Intelligenz, wo Lösungen für Industrie und Gesellschaft der Zukunft erdacht werden. Welchen Stellenwert und welche Chancen messen Sie dem Projekt zu? Hat der Standort das Potenzial, das KI-Zentrum Bayerns zu werden?

Füracker: Bei der Frage der Förderung bestehen ja bereits enge Kontakte. Wir haben verdeutlicht, dass wir das Projekt vorwärtsbringen wollen. Insgesamt investieren wir mehrere Milliarden Euro zum Beispiel in den Aufbau von KI im Rahmen der Hightech-Agenda. Ich bin auch mit Tobias Reiß darüber hinaus wegen Speinshart in Kontakt. Im Kloster soll ein Wissenschafts- und Begegnungszentrum für künstliche Intelligenz entstehen. Dafür stehen nach Haushaltsberatungen im bayerischen Landtag weitere 300.000 Euro zu Verfügung. Was wir jetzt brauchen, ist eine Machbarkeitsstudie: Wie gut ist zum Beispiel der Standort erreichbar? Solche Initiativen müssen auch getragen werden von den Unternehmen der Region und den Kommunen. Man muss da synergetisch denken. Die Ideengeber müssen eine Vernetzung hinbekommen und jeder sollte mitziehen.

Wir hören immer wieder, dass die Bürokratie abgebaut werden soll- und gleichzeitig, wie bei der letzten IHK-Gremiums-Sitzung, dass man davon wenig merkt. Da muss man Fragen beantworten, obwohl dem Finanzamt bereits alle Daten vorliegen. Oder seinen Umsatz nach Bundesländern angeben. Gibt es da nicht endlich mal die Möglichkeit eines echten Bürokratieabbaus?

Füracker: Wir haben in Deutschland besonders hohe Anforderungen beim Datenschutz. Bei uns muss der Staat dafür sorgen, dass keiner missbräuchlich Daten nutzen kann. Das betrifft auch den Austausch von Daten der Behörden untereinander. Da gibt es strenge Vorgaben. Ansonsten schreitet der Datenschutzbeauftragte ein. Ich stelle fest, dass diejenigen, die die Bürokratie am lautesten kritisieren, gleichzeitig am lautesten rufen, wenn sie den Datenschutz in Gefahr sehen. Vielleicht haben wir auch einen teilweise zu strengen Datenschutz und müssen das öfter und deutlicher artikulieren. Aber es ist nicht immer nur der Staat, der Statistiken wie die Frage nach Umsatz pro Bundesländer erhebt. Anscheinend gilt in Deutschland der Spruch: Die Romanik hatte ihre Rundbögen, die Gotik Spitzbögen, das 21. Jahrhundert Fragebögen.

Also keine Besserung in Sicht?

Füracker: Auch wenn ich da derzeit leider ganz wenige konkrete Initiativen sehe, um das zu ändern – man muss mit aller Kraft dran bleiben.

Ein nachdenklicher Finanzminister Albert Füracker: Den Stein der Weisen für die Entbürokratisierung hat auch der Oberpfälzer CSU-Vorsitzende noch nicht gefunden. Bild: David Trott

Bayerische Fördergelder für die Nordoberpfalz

Glasfaser für Weidens Schulen: „Unser bayerisches Ziel bleibt: Glasfaseranschluss für jede öffentliche Schule im Freistaat! Die Stadt Weiden nutzt die Angebote Bayerns und engagiert sich beim Gigabitausbau. Der Freistaat unterstützt die Stadt daher bei der Glasfasererschließung von 13 Schulen mit über 524.000 Euro“, sagt Finanz- und Heimatminister Albert Füracker bei der Übergabe des Förderbescheids an Weidens Oberbürgermeister Jens Meyer. Alle 21 öffentlichen Schulen der Stadt werden bis in die Schulgebäude direkt an Glasfaser angeschlossen.

Bayerisch-böhmisches Projekt in Bärnau: „Der Grenzbereich zwischen Bayern und Tschechien an der Goldenen Straße ist eine geschichtsträchtige Handelsroute und Sinnbild für die freundschaftliche Verbundenheit der Nachbarregionen. Der Verein Via Carolina – Goldene Straße e. V. belebt mit seinem vielseitigen Engagement diese historischen und kulturellen Wurzeln. Das neue Projekt ‚Altes Handwerk neu gelernt im bayerisch-tschechischen Grenzraum‘ knüpft an die erfolgreiche Arbeit des Vereins der letzten Jahre an. Es ist ein Paradebeispiel für gelebtes Miteinander über Grenzen hinweg. Das Heimatministerium unterstützt dieses Projekt nicht nur ideell, sondern auch finanziell mit 300.000 Euro“, sagte Heimatminister Albert Füracker bei der Förderbescheidübergabe an den Vereinsvorsitzenden Alfred Wolf im Geschichtspark Bärnau-Tachov.

Plößberg im Gigabitzeitalter: Leistungsfähige Netze sind Grundvoraussetzung nicht nur für Homeoffice und Homeschooling, sondern für den gesamten digitalen Alltag. Dank der staatlichen Unterstützung von über 966.000 Euro können in der Marktgemeinde Plößberg und den umliegenden Gemeindeteilen 153 Adressen mit Glasfaser ausgebaut werden. Nach Abschluss aller Baumaßnahmen werden 95 Prozent der Haushalte in der Marktgemeinde Plößberg gigabitfähig erschlossen sein! Das ist ein weiterer Schritt hin zu einer leistungsfähigen und flächendeckenden digitalen Infrastruktur im ganzen Freistaat“, sagte Finanz- und Heimatminister Albert Füracker bei der Übergabe des Förderbescheids an Bürgermeister Lothar Müller in Plößberg.

Glasfaseranschluss für Freihung: Dank der staatlichen Unterstützung von über 2,2 Millionen Euro können in Freihung und den umliegenden Ortsteilen nunmehr 620 Haushalte mit hochmoderner Glasfaser erschlossen werden. Das ist ein weiterer Schritt hin zu einer flächendeckenden Versorgung des ganzen Freistaats mit Gigabit und zugleich zur Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse in Stadt und Land“, sagt Finanz- und Heimatminister Albert Füracker bei der Übergabe des Förderbescheids an Uwe König, Erster Bürgermeister der Marktgemeinde Freihung, am Donnerstag (17.2.).

IT-Sicherheit für Fensterbach: „Mit dem LSI-Siegel ‚Kommunale IT-Sicherheit‘ hat die Gemeinde Fensterbach die verdiente Bestätigung für ihr Engagement in Sachen Informationssicherheit erworben“, sagt Finanz- und Heimatminister Albert Füracker bei der Übergabe des Siegels durch den Präsidenten des Landesamts für Sicherheit in der Informationstechnik (LSI), Daniel Kleffel, an Bürgermeister Christian Ziegler.

Der bayerische Heimat- und Finanzminister Albert Füracker spricht in Teil 1 des Interviews mit OberpfalzECHO über die Ukraine-Krise, die Folgen der Pandemie und die Energiewende -hier nachlesen.

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