Das gibt’s nur in “Eschawo” und Plößberg: kreisrunde Faschingsbrezen

Windischeschenbach/Plößberg. Ja, wo gibt's denn sowas? In Windischeschenbach, Neuhaus und Plößberg hat die Breze zur Faschingszeit eine runde Form. Sie schmeckt auch anders. Über eine Tradition, die vielleicht schon über 1000 Jahre alt ist.

Bäckerei Zetzl Faschingsbrezen
Bäcker Thomas Zetzl mit Faschingsbrezen. Foto: Christine Ascherl

Es handelt sich um eine jahrhundertealte Tradition, die selten geworden ist: In einigen wenigen Orten der Oberpfalz werden Faschingsbrezen gebacken. Die Besonderheit: Sie sind kreisrund. Und sie sind so genannte weiße Brezen, weil sie vor dem Backen in Pottasche gekocht werden. Die klassische braune Breze wird in kalten Lauge getaucht.

Nach Geschmack: Anis, Koriander oder Fenchel

Die Kringel haben einen ganz speziellen Geschmack. Das liegt auch an den besonderen Gewürzen. Bäcker Thomas Zetzl aus Neuhaus würzt seine Faschingsbrezen mit Anis und Koriander. Andere Bäcker nehmen Fenchel oder Muskatnuss. Der Teig wird mit Eiswasser angerührt, hinein kommen Mehl, Salz, Gewürze nach Geschmack und nur wenig Hefe. Der Aufwand ist nicht ohne. Normale Brezen flicht Zetzl “im Schlaf”. Die Faschingsbrezen sollen gleichmäßig rund sein. Das erfordert Geschick.

An Aschermittwoch ist Schluss

Die Faschingsbrezen gibt es bei ihm nur von Heiligabend bis Aschermittwoch, und das hat seinen Grund. Kälte ist wichtig fürs Gelingen und die gab es in vergangenen Jahrhunderten eben nur im Winter. Die Teigringe müssen unbedingt gut kalt sein, damit sie sich nicht verformen, wenn sie in den Topf mit heißer Pottasche geworfen werden. Darin werden sie ein bis zwei Minuten gekocht. Wenn sie an der Oberfläche auftauchen, sind sie fertig. Am Ende werden die Faschingsbrezen noch eine gute Viertelstunde im Ofen gebacken.

Uralte Tradition

Möglicherweise ist die Tradition sogar fast tausend Jahre alt. Der verstorbene Bäckermeister Oswald Lindner (“Heinerbeck”) aus Windischeschenbach sprach in einem Interview 2010 vom “Ursprung im 12. Jahrhundert”. Sein Bruder Ludwig muss beim historischen Hintergrund passen, erinnert sich aber noch gern an seine eigene Kindheit, wo er für drei Pfennig pro Stück mit zehn Brezen am Arm nach Hause ging.

In Plößberg einst die “Sebastiani-Breze”

In Plößberg ist Bäckermeister Reiner Hopf der letzte, der die Faschingsbrezen noch herstellt. “Es gäbe eine Rebellion, wenn’s keine weißen Brezen mehr gäbe”, sagt er. Die runden Brezen sind äußerst begehrt, viele Kunden nehmen das besondere Gebäck tütenweise an ihre Arbeitsstätten mit. Ob bei Schott in Mitterteich oder im Klinikum Weiden: Jeder beißt gern in die Kringel.

Bäcker Hopf hält die Faschingsbreze für ein historisches Salzgebäck: Sie sei schon gebacken worden, als es noch keine Natronlauge gab. Aufgrund des Kühlungsbedarfs konnte sie zudem früher nur im Winter hergestellt werden: also in der Faschings- oder Fastenzeit. Selbst Hopf erinnert sich noch, wie früher die Bretter mit den Teiglingen – durch Tücher abgedeckt – aus allen Fenstern nach draußen ragten.

Belohnung nach der Beichte

Volkskundler Harald Fähnrich aus Beidl hat sich mit der Urbreze aus Plößberg befasst. Nach seinen Erkenntnissen geht sie zurück auf das Fest des Heiligen Sebastian (20. Januar), den man auch den “Brez’nheiligen” nenne. Dessen Namenstag war in Plößberg ein großer Beichttag, zu dem viele Bauern aus der Umgebung kamen. Auf dem Heimweg nahmen sie – von ihren Sünden erleichtert – einen ganzen “Haglstecken” (Spazierstock) voll Brezen für ihre Familien und das Gesinde mit nach Hause.

Freilich ist es nicht auszuschließen, dass es irgendwo in Bayern ähnliche Faschingsbrezen gibt. In Königsstein (Landkreis Amberg-Sulzbach) bäckt die Bäckerei Roth (seit 300 Jahren im Familienbesitz) kreisrunde Faschingsbrezen, allerdings in Bierlauge gekocht. Dann kommt traditionell Salzpuder drüber. Fans nehmen dafür zweieinhalb Stunden Fahrt auf sich. “Die Kunden kommen bis aus Wunsiedel”, sagt eine Mitarbeiterin.

Vorläufer der Laugenbreze

All dieser Fasten-, Faschings und Sebastiani-Brezen sind in gewisser Weise Vorläufer der heutigen Laugenbreze. Der Plößberger Bäckermeister Hopf hat von ähnlichem Gebäck in der Schweiz gehört. Das Lungau in Österreich wirbt mit Fastenbrezen aus Semmelteig. Das “Blaue Ländchen” im Taunus (Rheinland-Pfalz) ist stolz auf kreisrunde Fastenbrezeln: allerdings aus gesüßtem Hefeteig mit Zimt, erstmals erwähnt 1511.

Letztlich bleibt sich’s gleich. “Es geht lang zurück”, fasst Bäckermeister Hopf zusammen. Und hoffentlich noch lange so weiter.

Bäckerei Zetzl Faschingsbrezen
In der Bäckerei Zetzl in Neuhaus werden die traditionellen Faschingsbrezen gefertigt. Foto: Christine Ascherl

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