42-Jähriger gesteht Vergewaltigung: Transmann mit “Poppers” wehrlos gemacht
Weiden. Wegen Vergewaltigung muss sich seit Dienstag ein 41-Jähriger vor dem Landgericht Weiden verantworten. Er hatte einen Transmann mit "Poppers" wehrlos gemacht und auf erniedrigende Weise misshandelt.

Der Angeklagte ist geständig. Sein Verteidiger Jürgen Lubojanski gab die entsprechende Erklärung ab: Ja, sein Mandant habe dem 21-Jährigen das Poppers-Mittel ins Getränk gemischt, weil er sich davon ein “angeregteres Sexualerlebnis” versprochen habe. Und ja, es sei zu den angeklagten Handlungen gekommen. Davor habe schon länger eine rein sexuelle Beziehung bestanden. Da er inzwischen wisse, dass der Geschädigte durch die Geschehnisse gelitten habe, fühle er sich schuldig.
Das Gericht stellte nach einem Verständigungsgespräch eine bewährungsfähige Strafe von 1,5 bis 2 Jahren in Aussicht. Voraussetzung waren das Geständnis, eine Entschuldigung und Schmerzensgeld in Höhe von 2.000 Euro. Dem 21-jährigen Geschädigten blieb damit eine peinigende Aussage erspart. Der junge Mann kam in Begleitung einer Psychologin in den Gerichtssaal. Er nahm die Entschuldigung seines früheren Liebhabers (“Ich möchte mich entschuldigen, was in dieser Nacht passiert ist”) an. Tausend Euro legte Verteidiger Lubojanski gleich in bar auf den Tisch.
“Höchst vulnerables Opfer”
Nebenklagevertreterin Claudia Enghofer (München) beschrieb ihren Mandanten als “besonders vulnerabel”, also verletzlich. Der damals 19-Jährige habe sich zum Zeitpunkt der Tat gerade im Prozess der Geschlechtsumwandlung von Frau zu Mann befunden. Inzwischen lebt er in Oberbayern und sei psychisch sehr angegriffen. Mit der Verständigung sei er einverstanden. “Er hat kein übermäßiges Verfolgungsinteresse. Ihm ist es wichtig, als Opfer anerkannt zu werden.”
Lederreinigungsmittel “Amsterdam Revolution” in Prosecco
Die Anklage war starker Tobak. Staatsanwältin Sofie Huber fasste zusammen, was sich in einer Sommernacht 2022 in einer Wohnung in Weiden zugetragen hatte. Die beiden hatten sich zunächst in einer Weidener Bar getroffen und waren gegen Mitternacht zur Wohnadresse des 41-Jährigen aufgebrochen.
Hier bot der Angeklagte dem Geschädigten eine Dose Prosecco an, in die er heimlich ein Lederreinigungsmittel namens “Amsterdam Revolution” gekippt hatte. Dieses Mittel ist laut Staatsanwaltschaft als “Poppers” bekannt. Enthalten sind Alkylnitrite (siehe Infokasten), die üblicherweise inhaliert (“geschnüffelt”) werden.
Nach ein, zwei Schlucken schwindelig
“In Unwissenheit über die Verunreinigung trank der Geschädigte ein bis zwei Schlucke aus der Dose”, so die Staatsanwältin. Er habe sich im Anschluss schwindelig gefühlt und die Kontrolle über seinen Körper verloren. Gegenüber der Polizei beschrieb er eine Art Muskelstarre.
In der Folge vergewaltigte der Angeklagte seinen Gast – damals noch eine biologische Frau – auf verschiedene Weise. Über die ganze Zeit hinweg sei ihm dabei der entgegenstehende Wille seines Opfers bewusst gewesen, so die Staatsanwältin. Als die Wirkung der Droge nachließ, verließ der damals 19-Jährige die Wohnung und verständigte die Polizei. Die Prosecco-Dose und das Fläschchen mit dem Lederreiniger, das er auf dem Nachttisch fand, nahm er mit. In seinem Blut wurden Rückstände von Alkylnitriten festgestellt.
Am heutigen Dienstag und am Mittwoch werden noch einige Zeugen gehört, darunter der polizeiliche Sachbearbeiter. Am Mittwoch wird auch das Urteil erwartet.
Wirkungsweise von Alkylnitriten (“Poppers”)
Alkylnitrite führen nach einem Gutachten der Rechtsmedizin Erlangen zu einer Erhöhung der Herzfrequenz und zur Gefäßerweiterung, ursprünglich waren sie als Notfallmedikament von Angina Pectoris im Einsatz, sind dafür aber in Deutschland nicht mehr zugelassen.
Als Nebenwirkungen werden Blutdruckabfall, Herzrasen, Schwindel, Benommenheit, bei hoher Überdosierung Atemnot und lebensbedrohliche Komplikationen genannt. Auch Todesfälle sind in der Literatur bekannt. Wegen des raschen Abbaus werden die Wirkstoffe in der Regel inhaliert.
Bei oraler Aufnahme erfolgt die Resorption über die Mundschleimhäute. Der vom Geschädigten beschriebene “krasse Geruch” passe zur Beimischung von Alkylnitriten in den Prosecco, auch die von ihm geschilderte Muskelstarre bzw. Muskelschwäche.
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