[Update] Insolvenz der Ziegler Holding: Insolvenzverwalter und Politiker suchen Lösungen
Weiden/Plößberg. Die Holding der Ziegler Group hat am Mittwochvormittag Insolvenzantrag beim Amtsgericht Weiden gestellt. Letzte Woche waren Gespräche mit potenziellen Investoren und Banken gescheitert.
Kernproblem ist zum einen der hohe Schuldenstand: Die Schulden lagen laut Geschäftsbericht 2022 bereits damals bei 407 Millionen Euro (davon 326 Millionen Bankverbindlichkeiten) und sollen weiter gestiegen sein. Als weiteres Problem gelten die vielen Übernahmen, Beteiligungen und Investitionen seit 2017, auch außerhalb des Kerngeschäfts. Parallel dazu brach die Baukonjunktur dramatisch ein.
Die Zahl der Mitarbeiter gab die Ziegler Group zuletzt mit 3.200 an 34 Standorten an, davon 2.000 in der nördlichen Oberpfalz (allein 1.500 im Landkreis Tirschenreuth). In der Holding GmbH sind 170 Mitarbeiter betroffen.
Insolvenzverwalter vorsichtig optimistisch
Der vorläufige Insolvenzverwalter Dr. Volker Böhm (Nürnberg) war bereits vor Mittag vor Ort am Hauptsitz in Betzenmühle (Plößberg). Böhm informierte die Mitarbeiter. Er machte sich nach eigenen Angaben in Gesprächen mit den beiden Geschäftsführern Stefan Ziegler und Jörg Artmann ein Bild der Lage.
Gegen 13 Uhr gab er eine erste Presseerklärung ab: Demnach beabsichtigt er, „soweit möglich“, den Geschäftsbetrieb der Ziegler Holding GmbH während des vorläufigen Verfahrens in vollem Umfang fortzuführen. Die Löhne und Gehälter der rund 170 Beschäftigten sind über das Insolvenzgeld für drei Monate gesichert.
Der Insolvenzantrag betrifft die Holding der Ziegler Group. Bisher habe keine der mehr als 30 Gesellschaften der Gruppe Insolvenzantrag gestellt. Inwieweit einzelne dieser Gesellschaften ebenfalls Insolvenzantrag stellen müssen, sei noch offen und werde zurzeit geprüft.
„Die Ziegler Group ist eine innovative Unternehmensgruppe, die in zahlreichen Wachstums- und Zukunftsbranchen engagiert ist“, betonte Böhm. „Nach einer ersten Einschätzung bestehen gute Chancen, die Gruppe mittels Insolvenzverfahren neu zu ordnen.“ Die Wirtschaftswoche schreibt: „In der Insolvenz dürfte es nun vor allem darum gehen, sich von Randbereichen und unrentablen Geschäftsfeldern zu trennen – und das Holzimperium wieder auf einen profitablen Kern zurückzuschneiden.“
Ziegler-Insolvenz: Antrag ging um 10 Uhr morgens ein
Der Antrag war am Vormittag bei Insolvenzrichter Dr. Alexander Wedlich am Amtsgericht Weiden eingegangen. Wedlich ordnete um 10 Uhr die vorläufige Insolvenzverwaltung an. Er bestellte Rechtsanwalt Dr. Volker Böhm (Kanzlei Schultze und Braun aus Nürnberg) zum vorläufigen Insolvenzverwalter.
Landtagsvizepräsident Tobias Reiß (CSU), Abgeordneter für den Stimmkreis Tirschenreuth, hat bereits den Kontakt zum bayerischen Wirtschaftsministerium hergestellt. Man werde unterstützen, wo man nur könne. Aktuell befindet sich Reiß in Brüssel. Im Gespräch mit OberpfalzECHO sagte er „alles, was erforderlich ist an Unterstützung“ zu. Auch bei der Auszahlung des Insolvenzgeldes dürfe es zu keinen Verzögerungen kommen. „Die Mitarbeiter dürfen jetzt nicht im Regen stehen gelassen werden.“
OB Jens Meyer (Weiden): Bittere Nachricht für die Wirtschaftsregion
Der Weidener Oberbürgermeister Jens Meyer reagiert bestürzt auf die Nachricht: „Das ist eine bittere Nachricht und ein schwerer Schlag für die Wirtschaftsregion Nordoberpfalz.“ Er denke an die vielen Beschäftigten, für die kurz vor Weihnachten „eine Welt zusammenbricht“.
Landrat Roland Grillmeier (Tirschenreuth): 1.500 Arbeitsplätze im Feuer
Der Tirschenreuther Landrat Roland Grillmeier sagt: „Heute ist kein guter Tag für den Landkreis Tirschenreuth und die nördliche Oberpfalz. Wir haben mit großem Bedauern von der Insolvenz der Ziegler Holding erfahren.“ Leider hätten die Gespräche der letzten Tage mit den Banken keine Lösungen erbracht. Die Firma Ziegler, speziell Stefan Ziegler, hätten den Aufschwung der Region und des Landkreises Tirschenreuth in den letzten Jahren erheblich mitgeprägt.
Im Landkreis Tirschenreuth stellt die Ziegler Group etwa 1.500 Arbeitsplätze. Fünf Prozent aller sozialversicherungspflichtig Beschäftigten sind nach Auskunft von Grillmeier bei Ziegler oder einem seiner Tochterunternehmen beschäftigt, knapp 2.000 sind es in der nördlichen Oberpfalz.
„Unsere Sorge gilt vor allem den Mitarbeitern.“ Bundespolitische Weichenstellungen, die Energiekrise, immer mehr Bürokratie führten zu immer mehr Sorgen für die Unternehmen, so Grillmeier. Er setze die Hoffnung auf den Insolvenzverwalter. Auch das bayerische Wirtschaftsministerium ist eingebunden. „Hier geht es um was für die Region.“ Er werde sich mit den betroffenen Bürgermeistern und Landräten kurzschließen.
Wir hoffen auf den Erhalt möglichst vieler Arbeitsplätze. Wir hoffen, dass es zu positiven Fortführungsprognosen und zur Fortführung des Unternehmens kommt. Landrat Roland Grillmeier (Tirschenreuth)
Landrat Andreas Meier (Neustadt/WN): Zuversichtlich für Hütten und Pressath
Auch der Landkreis Neustadt/WN von Landrat Andreas Meier ist mit Standorten betroffen. Meier bezeichnete das Dämmplattenwerk in Hütten und auch das Pelletswerk in Döllnitz bei Pressath als hochinnovative und moderne Produktionsstätten. „Ich bin sehr, sehr optimistisch, dass es für diese Produktionsstätten auch Interessenten gibt und dass die erfolgreich weiter betrieben werden.“ Er sagte allen Unterstützung zu, die in ihrer Existenz bedroht sind.
Meier nahm aber auch Stefan Ziegler in Schutz. Er sei in Gedanken auch bei Unternehmer Ziegler, zu dem in „goldenen Zeiten“ alle gepilgert seien: Sportvereine, die sich über Sponsoring freuten, ebenso wie Kommunalpolitiker, in deren Gemeinden er zum Teil kräftig investiert habe. „Und über den jetzt kübelweise Häme ausgegossen wird.“
Das erste Statement des vorläufigen Insolvenzverwalters der Ziegler Group:
- Insolvenzverwalter prüft die Lage
- Holding-Gesellschaft der Ziegler-Gruppe stellt Insolvenzantrag
- Rechtsanwalt Volker Böhm als vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt
- Böhm macht sich zurzeit in Gesprächen mit dem Management ein Bild der Lage
„Die Holdinggesellschaft der Ziegler Group, die Ziegler Holding GmbH, hat heute beim zuständigen Amtsgericht in Weiden Insolvenzantrag gestellt. Als vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte das Gericht den Nürnberger Rechtsanwalt Volker Böhm von Schultze & Braun.
In den nächsten Tagen und Wochen wird Böhm die zur Verfügung stehenden Sanierungsoptionen prüfen sowie geeignete Maßnahmen einleiten und umsetzen. Böhm beabsichtigt, soweit möglich, den Geschäftsbetrieb der Ziegler Holding GmbH während des vorläufigen Verfahrens in vollem Umfang fortzuführen. Bisher hat keine der mehr als 30 Gesellschaften der Gruppe Insolvenzantrag gestellt. Inwieweit einzelne dieser Gesellschaften ebenfalls Insolvenzantrag stellen müssen, ist noch offen und wird zurzeit geprüft.
„Die Ziegler Group ist eine innovative Unternehmensgruppe, die in zahlreichen Wachstums- und Zukunftsbranchen engagiert ist“, betonte Böhm. „Nach einer ersten Einschätzung bestehen gute Chancen, die Gruppe mittels Insolvenzverfahren neu zu ordnen. Mein oberstes Ziel ist der Erhalt von möglichst vielen Arbeitsplätzen in der Region und darüber hinaus.“
Böhm hat bereits die Mitarbeiter der Ziegler Group über den Stand der Dinge unterrichtet. Während des Verfahrens werden die Arbeitnehmer regelmäßig Informationen über die weiteren Entwicklungen erhalten. Die Löhne und Gehälter der rund 170 Beschäftigten sind über das Insolvenzgeld für drei Monate gesichert. Die Ziegler Group beschäftigt nach eigenen Angaben rund 3.000 Mitarbeiter in drei Ländern (Deutschland, Schweden und Rumänien) und erwirtschaftet einen Gruppenumsatz von rund 1 Milliarde Euro im Jahr.
Die Gruppe hatte in den vergangenen Jahren nicht zuletzt durch Zukäufe einen offensiven Wachstumskurs eingeschlagen. Neben dem Kerngeschäft, der Holzproduktion und -verarbeitung für die Bauindustrie, ist die Ziegler-Gruppe mittlerweile u.a. in der Logistik, der Pelletproduktion, der Forstwirtschaft, im Haus- und Fensterbau sowie in der Haustechnik tätig.
Allerdings wurde die Gruppe inmitten ihrer Wachstumsphase durch den Einbruch der Bauindustrie infolge des Ukraine-Krieges schwer getroffen.“
Schon zu Beginn der Woche hatten sich die Hinweise verdichtet, dass die Ziegler Group in ernsthaften Schwierigkeiten ist.
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