Auf dem Weg zum Digitalfunk

Neustadt/WN. Bereits seit 1990 wird an der Umstellung des digitalen Behördenfunks gearbeitet. Nach vielen Jahren der Planung, steht die Umstellung der Freiwilligen Feuerwehr im Landkreis nun kurz vor dem Abschluss. Der Weg dorthin war lang und steinig.

Von Alexander Kleber

Warum Digitalfunk?

Seit vielen Jahren macht der Begriff „Einführung des digitalen Polizeifunks“, oft im Zusammenhang mit „veraltetem Analogfunk“, in vielen Medien die Runde. Hinter dem Begriff verbirgt sich aber die Tatsache, dass nicht nur die Polizei, sondern alle deutschen, für die öffentliche Sicherheit und Ordnung zuständigen, Behörden am digitalen Behördenfunk (TETRA-BOS) beteiligt sind. Also nicht nur die Polizeien von Bund und Ländern, sondern beispielsweise auch Zoll, Technisches Hilfswerk, Rettungsdienst, Katastrophenschutz und nicht zu vergessen: Die Feuerwehr. Eingeläutet wurde der Umstieg durch die Festsetzung im Schengener Übereinkommen (Art. 44) vom 19. Juni 1990, ein einheitliches Sprach- und Datenfunksystem für die Sicherheitsbehörden zu erstellen.

Der Beginn der Planungen

Seitdem sind viele Jahre der Planungen vergangen, sogar eine Bundesbehörde wurde im Jahr 2007 neu gegründet (BDBOS, Bundesanstalt für den Digitalfunk der Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben). Diese hat unter anderem zur Aufgabe, den Aufbau der Netzkomponenten zu vergeben und den Betrieb zu überwachen. Außerdem kümmern sich die Techniker dort um die Zertifizierung der Geräte, da nicht jedes verfügbare TETRA-Digitalfunkgerät auch im Behördennetz eingesetzt werden kann, weil zum Beispiel unterschiedliche Sicherheitskonzepte gefordert sind. Im Netz der BOS muss beispielsweise in jedem Gerät eine Sicherheitskarte (vergleichbar mit der SIM-Karte im Mobiltelefon) vorhanden sein, um am Betrieb teilnehmen zu können.

Erste sichtbare Arbeiten

Einige deutsche Bundesländer, hier vor allem Berlin, Brandenburg und Sachsen, machten den Anfang ab zirka 2007. Sie ließen die Netztechnik für ein Rumpfnetz installieren und beschafften die nötigen Funkgeräte, testeten das Netz und die Geräte. Nach und nach kamen weitere Bundesländer dazu. Dann wurden auch in Bayern die Arbeiten langsam konkreter. Eine Projektgruppe (DigiNet, ansässig beim Landeskriminalamt in München) wurde gegründet und ein Pilotnetz in der Landeshauptstadt aufgebaut. Dieses, vorwiegend durch die Polizei genutzte Netz, wurde auf Herz und Nieren getestet und die daraus resultierenden Erkenntnisse in die weiteren Ausführungen eingearbeitet. In den Jahren 2013 und 2014 wurden dann im Netzabschnitt 36, zu dem auch der Landkreis Neustadt/WN. gehört, die Planungs- und Installationsarbeiten gestartet. Von den einzelnen Organisationen (z.B. Feuerwehren, Katastrophenschutz, Rettungsdienst) wurde die Anzahl der benötigten Endgeräte abgefragt, um damit einen Rahmenvertrag zur günstigen Beschaffung der Geräte auszuschreiben. Die Vergabe erfolgte Mitte 2014 an den Anbieter Selectric. Bestellungen konnten somit ab Ende 2014 durch die beteiligten Gemeinden getätigt werden, parallel dazu war der Netzaufbau von insgesamt 23 Basisstationen erfolgt, deren Inbetriebnahme auch Ende 2014 weitestgehend abgeschlossen werden konnte. Seitdem verfügt also der Netzabschnitt 36 über ein funktionierendes Digitalfunknetz, welches ab diesem Zeitpunkt im sogenannten erweiterten Probebetrieb allen beteiligten Organisationen zur Verfügung stand und mittlerweile beim Polizeipräsidium Oberpfalz seit 20. Oktober 2015 im primären Wirkbetrieb parallel zum Analognetz als Rückfallebene läuft. So weit so gut…

Digitalfunk bei den Feuerwehren im Landkreis NEW

Die Anschaffung der Geräte für die Feuerwehren der Gemeinde Waldthurn wurde nach einem gemeinsamen Antrag Ende Januar 2015 durch den Gemeinderat beschlossen. Es folgte die Zusammenstellung der Bestellpakete und die daraus resultierende Bestellung der Handfunkgeräte und der Sicherheitskarten. Die Lieferung der Geräte erfolgte dann im Mai 2015. Ähnlich verlief das Ganze auch bei den anderen Feuerwehren im Landkreis. Aber was nutzen das Funknetz und die neuen Digitalfunkgeräte, wenn niemand die Technik kennt und sie bedienen kann? Hier kommen die Sprechfunkausbilder und Multiplikatoren ins Spiel. Diese sind im Feuerwehrbereich des Landkreises NEW verantwortlich für die Ausbildung der Mannschaft und der Führungskräfte. Die dafür notwendigen Kenntnisse wurden in einem einwöchigen Lehrgang an der Feuerwehrschule Regensburg vermittelt. Diesen Lehrgang mussten sowohl die Multiplikatoren als auch die schon vorhandenen Funkausbilder besuchen. Ein einheitliches Ausbildungskonzept wurde vom Ausbilder-Team erstellt, welches sich an den Rahmenbedingungen der von der Feuerwehrschule Würzburg herausgegebenen „Roten Fäden“ orientiert und an die spezifischen Gegebenheiten im Landkreis NEW angepasst wurde. Eine große Hilfe war hier, dass die oberbayerischen Landkreise Dachau und Fürstenfeldbruck im Netzabschnitt 33 einige Monate früher mit der Einführung begonnen hatten und hier schon gute Vorarbeit von den dortigen Verantwortlichen geleistet wurde. So konnten das Ausbildungsmaterial auf einem guten Grundgerüst aufgebaut werden. Die Ausbilder sprechen somit bei allen Ausbildungen „die gleiche Sprache“ und können die gleichen Grundlagen vermitteln, egal ob im westlichen, mittleren oder östlichen Teil des Landkreises.

Die Ausbildung

Die Ausbildung selbst muss von jedem Feuerwehrdienstleistenden besucht werden. Sie besteht aus einem nicht unwesentlichen Teil (oft ungeliebter) Theorie. Hier werden die Grundlagen des digitalen BOS-Funks sowie Rechtsgrundlagen ebenso erörtert als auch der Umgang mit den Sicherheitskonzepten, angefangen von der Bedeutung der Sicherheitskarte bis hin zur Verschlüsselung der Übertragung. Ein weites Feld nimmt die Begutachtung des sogenannten Fleetmapping ein, bei dem die vielen zur Verfügung stehenden Gesprächsgruppen im Direkt- und Netzbetrieb (DMO und TMO) erklärt werden. Ebenso wird die Aussendung von kurzen Statusmeldungen, die immer wiederkehrende Standard-Sprachmeldungen (zum Beispiel „Einsatzübernahme“, „Eintreffen an der Einsatzstelle“) ersetzen, durchgenommen und die Notruffunktionalität, die ein Grundmerkmal jedes BOS-Digitalfunkgerätes ist, erläutert. Die Führungskräfte ab Gruppenführer aufwärts bekommen zusätzlich noch eine Einweisung im taktischen Bereich, bei der es größtenteils um die Verwendung der zur Verfügung stehenden Sprechgruppen und Kommunikationsmodi geht. Im praktischen Teil der Ausbildung werden die Teilnehmer dann in den einzelnen Geräten eingewiesen. Begonnen wird mit einer groben Funktionsübersicht der Geräte (welcher Tastendruck hat welche Auswirkung?). Im weiteren Verlauf lernen die Teilnehmer dann auch den Einsatz von Direkt- und Netzmodus. Mit viel Staunen werden die Tests der Geräuschfilterfunktion von den Teilnehmern wahrgenommen: Hier werden vom Gerät Umgebungsgeräusche zu 100% herausgefiltert, so dass nur die reine Sprachübertragung hörbar wird. So werden keinerlei Geräusche von laufenden Maschinen und Aggregaten mit übertragen, was eine optimale Sprachverständlichkeit zur Folge hat. Ungewohnt ist es für manchen Teilnehmer, dass man neben einer laufenden Tragkraftspritze eben nicht laut ins Funkgerät sprechen muss, um am anderen Ende auch wieder gehört zu werden, sondern dass man dabei ganz normal sprechen kann. Wir (Kreisbrandmeister Gerhard Gösl, Multiplikator Markus Gösl und Ausbilder Alex Kleber) waren dazu im Frühjahr 2015 im östlichen Landkreis NEW bei insgesamt 12 Ausbildungsveranstaltungen bei den Feuerwehren vor Ort, um die Teilnehmer mit schon vorhandenem Sprechfunklehrgang Analogfunk (eine Teilnahmevoraussetzung) auszubilden. Zusätzlich wurden noch drei Sprechfunklehrgänge angeboten, die für die Feuerwehrdienstleistenden ohne analogen Sprechfunklehrgang gedacht waren. Diese Lehrgänge dauerten jeweils vier Abende und mussten mit einer kurzen theoretischen Prüfung abgeschlossen werden. Zusätzliche Ausbildungsinhalte waren hier unter anderem physikalische Grundbegriffe und die Anwendung der korrekten „Funksprache“.

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Die Fertigungsstraße in der Waldthurner Waschalle

Derzeitiger Sachstand

Ab Oktober 2015 wurden die Fahrzeugfunkgeräte sowie die mobilen Ladehalterungen für die Handfunkgeräte in die vier Feuerwehrfahrzeuge des Marktes Waldthurn verbaut. Dies erfolgte auf ehrenamtlicher Basis durch die Feuerwehrkameraden Georg Wittmann und Stefan Riedl (FF Lennesrieth), Rudolf Bayer und Albert Gollwitzer (FF Oberbernrieth), Christian Gallitzendörfer und Alex Kleber (FF Waldthurn). Die Bestückung mit den Sicherheitskarten und die Inbetriebnahme der Geräte erfolgte durch den zuständigen Mitarbeiter der Taktisch-Technischen Betriebsstelle (TTB) des Landkreises NEW, Stephan Schieder. Die abschließende Abnahme der Einbauten übernahm die Fachfirma Funktechnik Spiller aus Vohenstrauß. Laut dem Mitarbeiter der TTB sind Stand Oktober 2015 rund die Hälfte der Feuerwehrfahrzeuge des Landkreises mit digitalen Fahrzeugfunkgeräten ausgestattet, die restlichen Einbauten sind bereits in Planung und werden im Laufe der nächsten Monate ausgeführt. Im Gebiet der TTB (Landkreise Neustadt/WN., Tirschenreuth und Stadt Weiden) sind aktuell gut 1500 Geräte bei den Rettungsdiensten, den Katastrophenschutzeinheiten und den Feuerwehren in Betrieb genommen. Leider ist die für uns zuständige Integrierte Leitstelle (ILS) Nordoberpfalz im Moment nicht über Digitalfunk erreichbar, da die für den Einbau der Leistellenkomponenten beauftragte Firma in Insolvenz gegangen ist. Somit ist faktisch zwar die Benutzung der Geräte bei Übungen und Einsätzen im Einsatzstellenfunk ohne weiteres möglich, für die dokumentationspflichtige Kommunikation mit der ILS ist aber weiterhin nur der bisherige analoge Kommunikationsweg zugelassen.

Ausblick

Sobald die ILS die letzte Hürde genommen hat kann auch für uns der Wirkbetrieb starten. Das heißt, es wird dann überwiegend digital sowohl an der Einsatzstelle als auch mit der Leitstelle gefunkt. Bei technischen Problemen kann aber weiterhin auf die noch verbauten Analogfunkgeräte zurückgegriffen werden. Erst wenn alle Feuerwehren im Landkreis komplett ausgestattet sind kann dann mit dem Rückbau der analogen Komponenten aus den Feuerwehrfahrzeugen begonnen werden.

Fotos: Josef Pflaum

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