Christian Engels Ruck-Rede: „Die Oberpfalz hat ein enormes Potenzial“

Neuhaus. Einer muss immer vorangehen. Auch bei der Echo-Wahlinitiative. Das erste Impulsreferat kommt von einem industriellen Schwergewicht. Christian Engel skizziert den schwierigen Weg von der amtlich gescheiterten Denkwelt zum bundesweit erfolgreichen Start-up Event DENK.summit der jungen Engels.

Christian Engel, Vorstandssprecher der BHS Corrugated, geht mit seiner Ruckrede bei der Echo-Wahlinitiative beim Bahler-Zoigl voran. Foto: Jürgen Herda

„Von der Denkwelt zum DENK.summit“ haben wir dem Vorstandssprecher der BHS Corrugated als Arbeitstitel für das Impuls-Referat für den Auftakt des Echo-Ruck-Events beim Bahler-Zoigl in Neuhaus mit auf dem Weg gegeben. „Oh mei“, hat Christian Engel erst gestöhnt, „das ist kein dankbares Beispiel.“ Aber dann hat er doch mit Bravour die Kurve von der Klage über die Bürokratie zum Mutmacher für die Oberpfalz genommen.

Am Ende zeigt dieses Beispiel, dass wir sehr wohl unsere Region, unsere Demokratie auch ein Stück weit selbst gestalten können, wenn wir die Ärmel hochkrempeln und uns nicht entmutigen lassen. Mit dem Elan und der Begeisterungsfähigkeit der nächsten Unternehmergeneration – Pauline, Thomas und Julian Engel, die in den Startlöchern steht. Auch wenn das Trio, zugegeben, in diesem Umfeld schon einen gewissen Startvorteil mitbringt.

Seehofer als Namensgeber

„Wir haben 2012 angefangen mit der Idee zur Denkwelt“, ordnet Christian Engel die Ur-Idee am Wirtshaustisch für die Zoigl-Gäste ein. „Es sollten eigentlich KI-affine Arbeitsplätze entstehen.“ Damals, vor 13 Jahren, sei das noch ein Thema gewesen, das gerade aus der Forschung geschlüpft sei. „Heute kennt das jeder, und ChatGPT hat jeder in der Hosentasche mit dabei.“ Engel und sein Mitstreiter, Professor Erich Bauer haben den Geistesblitz dem damaligen bayerischen Ministerpräsidenten Horst Seehofer vorgestellt.

„Denkdorf haben wir das Projekt halt mal am Anfang bescheiden genannt“, sagt er. „Nachdem Seehofer verstanden hatte, was da für eine Forschung entstehen soll, was damals auch zur Gründung des Hochschulverbundes Amberg-Weiden-Regensburg geführt hat, hat er gesagt:

Das ist provinziell, das heißt Denkwelt. Ministerpräsident a.D, Horst Seehofer

Und dem Chef der Staatskanzlei widerspricht auch ein leibhaftiger Engel ungern: „Professor Bauer und ich sind damals fast vom Stuhl gefallen, aber seit damals hieß es Denkwelt.“

Politischer Wille scheitert am Amtsschimmel

Was dann geschah, sei symptomatisch für die deutsche Landschaft: „Der politische Wille wird sehr oft nicht in Praxis umgesetzt.“ Was Seehofer, was das Kabinett für eine tolle Sache gehalten hätten, wofür schon Fördergelder locker gemacht worden seien, sei unter die Räder des lokalen Amtsschimmels geraten. „Sie glauben doch nicht ernsthaft, dass sich hier in Weiden irgendjemand gefreut hätte!“ Man habe das Projekt hinterfragt, wie Karl Valentin die Kunst. Nach dem Motto: „Kunst ist schön, macht aber viel Arbeit.“

Und am Ende werde der Engel damit auch noch reich: „Ich bin schon reich“, sagt der Unternehmer süffisant, „ich muss nicht reich werden.“ Bis er dann 2023 resigniert beschlossen habe: „Das Projekt hört jetzt auf.“ Es sei schlicht überflüssig geworden. „Die Mittel sind nach Speinshart geflossen“, erklärt er. „Man ist von der Entwicklung der Künstlichen Intelligenz überholt worden.“ Das sei ein Beispiel dafür, wie in Deutschland die Zeit vertrödelt werde von Bürokraten, die die Möglichkeiten um uns herum überhaupt nicht ergreifen wollten. „Ich rede nicht vom Stadtrat, der uns darin sehr wohl unterstützt hat.“

Junge Leute mit Elan und Begeisterung

Und jetzt die Kehrtwende: „Wir haben überlegt, wenn sich die Denkwelt so nicht materialisiert, was können wir dann machen?“ Und das habe man dann an die Kinder delegiert. „An die von meinem Bruder, Thomas und Julian, und meine Tochter, Pauline – ich hätte noch drei, aber sechs sind zu viel für das Thema.“ Jetzt hätten diese „Kinder“ – „sie sind 21 und 23 Jahre, sie sind trotzdem noch Kinder“ – es geschafft, was eine Bürokratie nicht geschafft habe.

Sie haben einen Event in der Oberpfalz hochgezogen, der nicht nur in der Oberpfalz am Lande, seinesgleichen in Deutschland sucht. Christian Engel

Der DENK.summit habe das Ziel, junge Start-ups in der Oberpfalz zu promoten: „Damit was vorangeht, mit Ideen, die sonst bei uns nicht so gesehen werden.“ Und das mit Low-Budget: „Vielleicht 20.000 oder 25.000 Euro“, sagt Engel. „Sie, das habe ich für die Denkwelt im ersten Monat ausgeben müssen, damit überhaupt einmal ein Planungsbüro einen Stift in die Hand nimmt.“ Die jungen Engels hätten mit Elan, mit Begeisterung angefangen, mit Power und guten Vorsätzen. „Wie das Running-Snail-Team der OTH“, schwärmt er. „Die haben den Tillmann Schulze von der ,Höhle der Löwen‘ geholt – überhaupt kein Problem.“ Das zeige, dass diese Begeisterung auch andernorts in Berlin und München gesehen werde.

ChatGPT und die Welt kennen den DENK.summit

Dieser DENK.summit – „Da können Sie bei ChatGPT mal reinschauen, was der darüber weiß, was die Welt über den DENK.summit weiß“ – sei unglaublich. Und Engel zählt auf, was die Künstliche Intelligenz über dieses Start-up-Event in Weiherhammer alles ausspuckt: „Wir haben den DENK.summit gegründet“, steht da, „um die Oberpfalz als Innovationsregion zu stärken und Menschen dazu zu inspirieren, ihre Ideen und Karrieren hier zu verwirklichen.“ Ziel sei es gewesen, einen Event zu schaffen, der Brücken baue zwischen Start-ups, Unternehmen, Investoren und Talenten für die Zukunft.

„Die Oberpfalz hat ein enormes Potenzial“, heißt es weiter. „Wir wollen mit dem DENK.summit zeigen, dass großartige Ideen nicht nur aus Metropolen kommen.“ Und es gebe noch 40 Zitate mehr bei ChatGPT dazu. „Das ist alles Wirklichkeit“, frohlockt Engel, „dazu braucht es keinen Staat. Dazu braucht es keine Behörden. Dazu braucht es keine Ämter.“ Und dieses Jahr werde es wieder einen DENK.summit geben:

Ich weiß noch nicht, wer es am Ende macht, es sind schwer klingende Namen, die da kommen sollen. Christian Engel

Maschmeyer hält viel vom jungen Engel-Event

Schon dieses erste Event sei ein Straßenfeger geworden. „Dann kam das zweite Jahr, das war noch ein viel größerer Erfolg.“ Man habe Carsten Maschmeyer nicht lange bitten müssen: „Der hat sich hingestellt und hat vorgetragen, was er von der Sache hält – und der hält sehr viel von der Sache.“ Junge Leute in der Oberpfalz hätten etwas geschaffen, was vorher noch niemand probiert habe. „Und so was gibt es auch nicht in München, da müssen Sie schon zur TUM gehen, zu einer großen Universität, wenn Sie so was finden wollen.“

Unterschwellig habe Engel immer so das Gefühl, wenn man von der Oberpfalz rede, als ob man dem Land weniger zutraue wie der Stadt und großen Ballungszentren: Das Gegenteil sei der Fall.

Ich glaube kaum, dass die Erfolgsgeschichte der BHS – oder Witron – dass so was in München möglich ist. Christian Engel

Man brauche sich vor nichts und niemandem zu verstecken. „Es geht einfach nur darum, dass ein paar Leute neue Ideen in die Hand nehmen und es schlichtweg machen.“ Das Amt sei dann natürlich auch noch zu den Junior-Veranstaltern gekommen und habe nachgefragt, ob denn auch die Toilettenordnung eingehalten werde. Thomas Engel habe geantwortet: „Wir haben uns schon gedacht, dass, wenn 800 Leute da sind, sie auch pieseln müssen.“

Ein einfaches Beispiel dafür sei dieser Spannungsbogen zwischen Denkwelt und DENK.summit, wie man etwas ans Licht befördere und anderen Mut mache: „Es fehlt in dem Land etwas an Mut“, findet der Unternehmer. „Dann geht’s schon voran, wenn man nicht andauernd nur Angst hat – Ende gut, alles gut.“ So entstünden Start-ups in der Region: „Ob erfolgreich oder nicht, wird man dann schon sehen.“

Der G’stanzl Lucky gibt bei der Echo-Wahlinitiative ruckvoll seinen musikalischen Senf dazu. Foto: Jürgen Herda

Weitere Ruck-Reden folgen

Christian Engel machte den Anfang. An diesem Abend beim Bahler in Neuhaus zwischen Zoigl und Zukunftsperspektiven haben noch drei andere Visionäre gesprochen, die wir in den nächsten Tagen vorstellen:

  • Helmut Prieschenk, Geschäftsführer WITRON: „Von Parkstein in die Welt – was die Oberpfalz von der Welt und die Welt von der Oberpfalz lernen kann“
  • Clemens Bulitta, OTH-Präsident: „Die Lorbeeren von heute, sind der Kompost von morgen“ – die Hochschule als Mitgestalter der Region“
  • Bernhard Wolf, Vorstandssprecher der VR Bank Nordoberpfalz: „Die Genossenschaftsbank als Partner für Mittelstand, Landwirtschaft und Privatkunden auch in schwieriger Lage“.

* Diese Felder sind erforderlich.

1 Kommentare

Realo - 17.01.2025

Natürlich kann hier etwas geschaffen werden, Innovation ist da. Auch richtig Ranklotzen können die Oberpfälzer, bin ich überzeugt. Allerdings greift der Staat dabei kräftig zu oder legt von Amts wegen oder aus reinem Unvermögen immer Steine in den Weg. Demotivation par excellence! Beispiel: Wenn ich (StKl.1) durch Mehrleistung z.B. 150 Euro brutto mehr verdiene (9 Stunden Arbeitstag) bleiben mir netto ca. 46 Euro übrig. Diese Lebenszeit kann und werde ich wahrlich wertvoller füllen.