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Das tiefste Loch der Erde ist in der Nordoberpfalz

Windischeschenbach. Vor 25 Jahren endete mit der Kontinentalen Tiefenbohrung eines der wissenschaftlich spannendsten Projekte Deutschlands. Warum die oft als falsch kritisierte Bezeichnung „Tiefstes Loch der Erde“ heute trotzdem stimmt, erklärt […]

Windischeschenbach. Vor 25 Jahren endete mit der Kontinentalen Tiefenbohrung eines der wissenschaftlich spannendsten Projekte Deutschlands. Warum die oft als falsch kritisierte Bezeichnung „Tiefstes Loch der Erde“ heute trotzdem stimmt, erklärt […]
Frank Holzförster ist in die Nordoberpfalz gekommen, "um zu bleiben".

Das tiefste Loch der Erde ist in der Nordoberpfalz

Windischeschenbach. Vor 25 Jahren endete mit der Kontinentalen Tiefenbohrung eines der wissenschaftlich spannendsten Projekte Deutschlands. Warum die oft als falsch kritisierte Bezeichnung „Tiefstes Loch der Erde“ heute trotzdem stimmt, erklärt Frank Holzförster, der wissenschaftliche Leiter des Geozentrums an der KTB.

Von Udo Fürst

KTB Windischeschenbach Frank Holzförster
Das Geozentrum lockt jedes Jahr tausende Besucher.

Noch heute, 25 Jahre nach dem Ende der Bohrung, haftet der Kontinentalen Tiefenbohrung (KTB) ein Irrtum an. Der Volksmund spricht nämlich nach wie vor vom mit 9.101 Metern „tiefsten Loch der Erde“. Das allerdings liegt einige tausend Kilometer entfernt in Russland, wo die Wissenschaftler einige Jahre zuvor ein exakt 12.262 Meter tiefes Loch gebohrt haben.

Loch in Russland wieder verschlossen

„Aber das Loch dort ist bereits wieder verschlossen, weshalb unseres trotzdem als tiefstes Loch bezeichnet werden kann“, sagt Frank Holzförster, und schaut – wohl zum tausendsten Mal, seit er hier vor elf Jahren die Leitung des Geozentrums an der KTB übernommen hat – hinüber zum 83 Meter hohen Bohrturm. Er ist sozusagen das sichtbare Relikt einer damals als revolutionär geltenden Technik.

1.468 Tage und 300 Grad

Als die Techniker im Herbst 1987 den Bohrer ansetzten, hatten sie ein Hauptziel: jene Übergangszone in der Erdkruste zu erreichen und zu erforschen, in der das Gestein nicht mehr spröde ist, sondern duktil, zähflüssig, „wie Honig“, sagt Frank Holzförster. 1.468 Tage dauerte das Projekt schließlich, ehe am 12. Oktober 1994 Schluss war. In 9101 Metern Tiefe, bei fast 300 Grad Celsius. Die Forscher waren im zähflüssigen Bereich angekommen. Das Bohren war nicht mehr möglich.

KTB Windischeschenbach
Demnächst soll der Bohrturm sogar begehbar gemacht werden.

Ein Schritt auf dem Weg zum Ziel

Befällt Frank Holzförster Wehmut, wenn er das Ende der Bohrung denkt? „Nein. Das ist abgeschlossen“, sagt der 51-Jährige. Es sei ein Schritt auf dem Weg zum Ziel gewesen. Ein Ziel, das man zumindest teilweise erreicht habe. Vor allem in Bezug auf die Erdbebenforschung und auf die Erdwärme habe man wertvolle Erkenntnisse gewonnen. Den vereinzelt geäußerten Vorwurf, dass von der Bohrung vor allem die Erdölindustrie profitiert habe, will Holzförster so nicht stehen lassen: „Früher oder später hätten die auch selbst solche Ergebnisse erzielt.“

VGN Nürnberg – Phase1
VGN Nürnberg – Phase1

Gekommen um zu bleiben

Gebohrt wird im harten kristallinen Gestein nicht mehr, aber weiterhin wissenschaftlich gearbeitet. Tests in der Tiefe, bei großer Hitze, seien nützlich für die Vulkanforschung.

Der in Kassel geborene Wissenschaftler lebt mit seiner Familie mittlerweile in Pirk bei Weiden und ist angetan von der Oberpfalz – von der Landschaft, von der Natur und von den Menschen. „Der Nordoberpfälzer ist ein grundsätzlich freundlicher und bodenständiger Menschenschlag. Manchmal etwas dickköpfig, aber sehr verlässlich und nahbar“, charakterisiert der Wissenschaftler. Und er sei gekommen, um zu bleiben.

Noch mindestens zehn Jahre will er das Geozentrum leiten und voranbringen. Dort erfahren jährlich circa 25.000 Besucher, davon 8000 Schüler, alles über das KTB-Projekt, dazu viel über Vulkanismus, Magnetfelder und Erdbeben.

Einzigartig in Deutschland

Die bayerische Umweltstation ist mit ihrem geowissenschaftlichen Schwerpunkt einzigartig in Deutschland. Das Zentrum ist in zwei Einheiten gegliedert: Die Stiftung Geozentrum ist Eigentümer des Grundstücks mit den Gebäuden und dem KTB-Bohrturm, der Träger- und Förderverein Geozentrum an der KTB e. V. betreibt die Umweltbildungseinrichtung und tritt als Arbeitgeber für derzeit 16 Mitarbeiter auf. Frank Holzförster lebt das Geozentrum leidenschaftlich, vergisst aber nicht, wem dessen Gründung zu verdanken ist. „Es hat viele Mütter und Väter, aber ganz entscheidend beteiligt war Projektleiter Hans-Albert Dahlheim.“

KTB Windischeschenbach Frank Holzförster
Frank Holzförster, der Leiter des Geozentrums an der KTB bei Windischeschenbach

Holzförster sieht sich noch lange nicht am Ziel seiner Arbeit, die für ihn auch Berufung ist. „Halbherzig geht nicht. Da steckt vom ganz Team voller Einsatz dahinter“, lobt der Wissenschaftler seine Truppe. Man habe das Projekt in den elf Jahren seit der Gründung ein Stück weit vorangebracht, freue sich über stabile Besucherzahlen und eine hervorragende Vernetzung.

„Das macht natürlich stolz“, sagt Holzförster. Er weist darauf hin, dass er noch einige Ziele habe. Das nächste: den Bohrturm begehbar und damit das Geozentrum noch attraktiver zu machen.

Fotos: Udo Fürst