Demenz – ein Thema rückt in die Mitte der Gesellschaft

Nordoberpfalz. Eine Demenz ist für Betroffene und deren Angehörige eine große Herausforderung und stellt im Alltag eine starke Belastung dar. Der Verein zur Förderung der seelischen Gesundheit im Alter e. V. hat hierfür ein tragfähiges Netzwerk aufgebaut.

Symbolbild: Pixabay

Bis zum Jahr 2030 wird die Zahl der demenziell Erkrankten in Bayern auf über 300.000 ansteigen. Die Bayerische Demenzstrategie hat deshalb das Ziel, die Bevölkerung für das Thema zu sensibilisieren, die Lebensbedingungen von Menschen mit Demenz und deren Angehörigen sowie deren Teilhabemöglichkeiten zu verbessern.

Im Rahmen der Bayerischen Demenzstrategie gibt es bereits in unterschiedlichen Lebensbereichen Projekte, die wir weiter ausbauen wollen. Mein Ziel ist es, Menschen mit Demenz und ihren Angehörigen eine größtmögliche Lebensqualität zu gewährleisten.Klaus Holetschek, Staatsminister

Hilfe und Unterstützung vor Ort

Projektträger der Fachstelle für Demenz und Pflege Oberpfalz ist der Verein zur Förderung der seelischen Gesundheit im Alter (SEGA e. V.) in Sulzbach-Rosenberg.

Bayerischer Fachtag Demenz

Am 8. November findet in Landshut der Siebte Bayerische Fachtag Demenz statt. Da die Veranstaltung bereits ausgebucht ist, wird der Fachtag live übertragen. Zum diesjährigen Schwerpunktthema „Demenz und Sterben“ erwarten alle Interessierte Fachvorträge, Praxisideen und Diskussionsrunden. Der Fachtag soll heuer verschiedene Perspektiven und Ansätze für die Begleitung von Menschen mit Demenz in der letzten Lebensphase aufzeigen.

Mein Ehepartner hat Demenz… was nun? Ein Erlebnisbericht.

Geschrieben von Sonja Oleson (SEGA e. V.) mit Genehmigung von Hans K.

Als die Diagnose Demenz kam, waren wir noch sehr entspannt. Was soll schon Schlimmes passieren? Wir sind seit Jahren ein gutes Team und haben viele Höhen und Tiefen erlebt. Wir waren uns sicher, wir schaffen das. Unsere Kinder verdrängten das Thema und waren nicht bereit, sich damit auseinanderzusetzen. Wir dachten, wir lassen ihnen Zeit. Anfangs waren die Situationen auch noch handelbar. Man konnte noch gemeinsam lachen. Die guten Tage wurden aber immer weniger und es gab kaum mehr ein Wir, sondern nur noch mich und die Demenz, die die Liebe meines Lebens veränderte.

Die einfachsten und alltäglichen Sachen waren nicht mehr durchführbar. Der Weg nach Hause, warum sie nicht mehr Autofahren durfte oder wie das Handy funktioniert, wurde vergessen. Als sie dann noch stützte und zwei Wochen ins Krankenhaus kam, verschlimmerte sich die Situation erneut. Zweimal pro Woche kam nun ein Pflegedienst und unterstützte uns bei der Körperpflege, aber ansonsten war ich allein damit gelassen.

Alles nicht so schlimm!?

Gerade die Nächte brachten mich an die Grenzen meiner Kraft. „In guten wie in schlechten Zeiten“, ich hatte ihr das versprochen. Ich schämte mich für meine Gedanken, sie in ein Heim zu geben – damit es mir und ihr wieder besser geht. Aber ich verdrängte das und passte mich dem Verhalten unserer Kinder an. Aber es kam, wie es wohl kommen musste: Eines Nachts stand sie auf und wollte kochen. Sie ließ ein Geschirrtuch auf der heißen Herdplatte liegen. Und es brannte. Nicht nur in unserer Wohnung, sondern es brannte in unserem Leben.

Mut zum Anruf

Ich brauchte Hilfe. Aber woher? Was sollte ich tun? Ich las von einem Verein, der sich um die seelische Gesundheit im Alter kümmerte. Es kostete mich viel Mut dort anzurufen. Denn aus meiner Sicht war das ein Eingeständnis, dass ich versagt hatte. Zu meiner Überraschung wurde mir viel Verständnis entgegengebracht und bereits am Telefon erhielt ich einige Ratschläge zum einfühlsamen Umgang mit meiner Frau. Später wurden wir zur Verbesserung der Wohnsituation von einer Pflegeberaterin besucht. Außerdem erhielt ich Angebote zum Austausch mit anderen pflegenden Angehörigen.

Mut Hilfe anzunehmen

Über den Verein erfuhr ich von der Fachstelle für pflegende Angehörige, von Anbietern in meiner direkten Umgebung, die mich entlasteten und meine Frau professionell begleiteten. So wurden mit ihr mehrere Museumsausflüge unternommen und spazieren gegangen. Meine Frau liebte die Kunst und Spaziergänge in der Natur.

Mein entscheidendstes Erlebnis war, als die Begleiterin kam und meine Frau einen ihrer willkürlichen Schreianfälle hatte. Es war mir so unangenehm, dass ich die Dame bat wieder zu gehen, da ich dachte, meine Frau sei einfach nicht in Stimmung. Sie beruhigte mich aber, ging zu meiner Frau, kniete sich vor sie und nahm ganz sanft ihre Hand. Zu meiner großen Überraschung hörte meine Frau sofort auf zu schreien.

Rückblick – was hätte ich anders gemacht?

Mittlerweile ist meine Frau verstorben. Auch in dieser Zeit wurde ich von dem Verein aufgefangen und an eine Trauerbegleitung vermittelt. Heute bereue ich nur eins – dass ich mich nicht vorher bemüht habe. Wie unnötig schwer habe ich es mir und meiner Frau gemacht. Wenn ich aber ehrlich bin, ich wusste es wohl. Aber ich überblätterte die Seiten. Ich hörte nicht zu, blieb an den Ständen nicht stehen und wenn ich von Veranstaltungen hörte, die das Thema beinhalteten, war ich nicht interessiert.

Gerne würde ich die Leute wachrütteln und sie bitten, sich frühzeitig mit den Themen auseinanderzusetzen. Es kann nun mal jeden treffen und besser man ist vorbereitet und gestärkt, wenn diese Situation eintrifft.

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