Der nächste Domino-Stein fällt: Ziegler-Tochter Naturheld GmbH meldet ebenfalls Insolvenz an

Hütten. Die Naturheld GmbH, Betreiber des Dämmplattenwerks in Hütten, ist das erste Tochterunternehmen der Ziegler-Holding, das im Insolvenzregister auftaucht. Insolvenzverwalter Volker Böhm übernimmt auch dort die Regie. Und SPD-Kandidat Gregor Forster fordert politische Unterstützung.

Hochspannung vor zwei Jahren: Die Produktion in Zieglers Dämmfaserplattenwerk läuft an. Archivbild: David Trott

Stefan Zieglers Konzept schien einleuchtend: Warum nur den Rohstoff vergleichsweise günstig in holzarme Regionen wie die arabische Halbinsel verschiffen, wenn man mit eigenen Mitteln auch ein ganzheitliches Geschäftsmodell aufziehen kann.

„Wie anfällig das System ist, wenn die Märkte wegbrechen, haben wir 2008 am eigenen Leib erfahren“, schilderte Ziegler in einem Interview mit OberpfalzECHO vor drei Jahren die Motive für seinen Entschluss. „Alles wurde nach Asien ausgelagert, wenn dann die Lieferketten abreißen, fehlen die wichtigsten Rohstoffe und Produkte.“

Vom Holz zum Haus

Er versuche deshalb, alle Fertigungsschritte vom Holzimport bis zum Hausbau in das Unternehmen zu holen. „Ich halte es für essenziell, vieles, was wir ausgelagert haben, wieder nach Zentraleuropa zurückzubringen.“ Man wird Ziegler nicht gerecht, wenn man ihm vorwirft, er habe wahllos Firmen zusammengekauft. Sicher, im Überschwang erster Erfolge hat sich Ziegler auch branchenfremde Steckenpferde ins Haus geholt.

„Eigentlich hatte ich mir geschworen, nie eine Burg und nie ein Wirtshaus zu kaufen, wie so viele andere Unternehmer“, sagte Ziegler damals. „Aber dann kamen die Wirtsleute auf mich zu, die für ihr traditionelles Wirtshaus zwischen Bahnhof und Industriegebiet einfach keinen Käufer fanden.“ Er habe sich gedacht: „Ich muss meine Kunden immer in Weiden unterbringen, dann kann ich das auch hier machen.“

Zieglers Ziel: Alles aus einer Hand

Der Löwenanteil der zugekauften Unternehmensteile passte allerdings ins Portfolio: „Alle Schritte, die wir unternehmen, basieren auf einem Problem, das gelöst werden musste.“ Er habe zwei Bahnhöfe gekauft, die ihm angeboten wurden. „Wir haben die Logistik aufgebaut, mit Luft- und Seefracht, wir unterhalten eine Flotte mit 160 Lkw und fahren auch für alle großen Unternehmen der Region.“

Der Masterplan hinter der Einkaufstour: „Decken und Wände können wir selber fertigen.“ Das Holzfaserdämmwerk war bereits in Planung. „Wir haben eine Leimholzfirma gekauft, um unsere eigenen Leimbinder und Deckenelemente herstellen zu können.“ Man habe sich mit dem Thema Heizung beschäftigt, weil alle Systeme für den Neubau schwierig zu produzieren sind – und ein innovatives Heizsystem aus Bayreuth zugekauft. „So setzt sich alles zusammen.“ Das Ziel: den Absatz von Schnittholz sicherzustellen.

Marktreife mitten in der Baukrise

Der nächste Schritt der Ziegler-Group zum 100-prozentigen Öko-Holzhaus sollte das Dämmfaserplattenwerk in Hütten werden. Am 1. September 2021 legten die Planer auf dem 28 Hektar großen Areal in Hütten bei Grafenwöhr los. Exakt einen Tag vor dem Jahrestag des Baubeginns verließen die ersten Dämmfaserplatten die Produktionsanlagen mit einer Investitionssumme von 150 Millionen Euro.

Doch dann wendete sich das Blatt, wie Tirschenreuths Bürgermeister Franz Stahl die Situation beschreibt: Ziegler habe das Pech gehabt, mit seinem Konzept vom Holzmodulbau zum denkbar schlechtesten Zeitpunkt in die Produktion eingestiegen zu sein: „Zwei Krisen in Folge, drastische Preissteigerungen, fehlende Kapazitäten und Fachkräfte in der Baubranche – und dann auch noch, nach Jahren der Null-Zins-Politik, erhebliche Zinserhöhungen und als Folge, der praktisch komplette Einbruch beim Hausbau – da ist die wirtschaftliche Entwicklung brutal in das Konzept reingegrätscht.“

Ohne Bauboom, keine Verwendung für Dämmplatten

Dabei schienen die Rahmenbedingungen bis dahin Ziegler recht zu geben: Die Vision vom bezahlbaren, nachhaltigen, Energie-autarken Holzhaus war Wasser auf den Mühlen der Befürworter einer Holzbauwende. Schließlich ist der Bausektor maßgeblich am Ausstoß von CO₂ beteiligt. Durch die Änderung der Bayerischen Bauordnung war jetzt sowohl der Mehrgeschoss- als auch der Hochhausbau in Holz möglich. Die Vorzeichen für eine bundesweite Vorreiterrolle der Ziegler-Group schienen günstig. Bis der russische Angriffskrieg, die Energiekrise und die Zinswende den privaten Hausbau fast zum Erliegen brachten.

Die logische Folge: Ohne Bauboom und Hausverkauf, auch keine Verwendung für Dämmplatten. Die anfangs 100 geplanten Arbeitsplätze mussten bald nach unten korrigiert werden. Anfang dieses Jahres meldete das Werk in Hütten schließlich Kurzarbeit an. Die Suche nach einem Investor aus der Branche schlug fehl. Schließlich der harte Schnitt: Der Gang zum Insolvenzrichter und eine angesetzte Betriebsversammlung am heutigen Freitag.

Gregor Forster (rechts), Nordoberpfälzer SPD-Kandidat für den Bundestag, und Fritz Möstl, ehemaliger SPD-Landtagsabgeordneter, im Redaktionsgespräch. Foto: Jürgen Herda

SPD-Kandidat Forster: „Zieglers Konzept ist richtig“

Inzwischen hat sich auch Gregor Forster, Weidener SPD-Kandidat für den Bundestag und möglicher Nachfolger von Uli Grötsch zu Wort gemeldet: „Zieglers Konzept ist nach wie vor richtig.“ Mit regenerativer Architektur könne man sich quasi aus der Klimakrise herausbauen, postuliert Klimaforscher Hans Joachim Schellnhuber.

Schließlich speichert der nachwachsende Rohstoff auch noch als Bauholz CO₂ und ist allemal klimafreundlicher als Beton und Stahl. „Die Bundesregierung hatte sich das Ziel gesetzt, 400.000 Wohnungen zu bauen“, sagt Forster. „Es wird Zeit, dass man im Bau- und im Wirtschaftsministerium in die Gänge kommt.“ Zieglers Konzept verdiene allemal politische Unterstützung.

Und auch der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete Fritz Möstl stößt ins gleiche Horn: „Das Interesse der Heuschrecken, das Unternehmen zu zerschlagen und aus dem Stammwerk das Maximum herauszuholen, ist mit Sicherheit geweckt“, warnt der Eslarner vor einem Ausverkauf auch von Arbeitnehmerinteressen in der Region.

„Wenn ein ernsthafter Investor aus der Branche fürs Stammwerk da wäre, würde ich ihn fördern.“ Möstl hofft jetzt auf ein glückliches Händchen des Insolvenzverwalters: „Volker Böhm kennt die Region.“

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