„Die KNO-Reform ist nachvollziehbar und alternativlos“

Weiden/Tirschenreuth. Während die Notärzte im Landkreis Tirschenreuth gegen die KNO-Reform weiter Sturm laufen, haben eine Krankenkasse und ein Weidener Notarzt eine andere Sicht auf die Dinge.

Ab 1. April wird sich am Krankenhaus Tirschenreuth einiges ändern. Foto: Udo Fürst

Die Notärzte der „Initiative Klinik retten“ sind enttäuscht. In der „gemeinsamen Pressemitteilung“ nach dem Gespräch bei der Bayerischen Gesundheitsministerin Judith Gerlach https://www.oberpfalzecho.de/beitrag/das-aus-des-krankenhauses-tirschenreuth-in-der-jetzigen-form-ist-besiegelt hatte es unter anderem geheißen, dass die Umstrukturierung „unumgänglich sei“. Das Krankenhaus Tirschenreuth solle nicht geschlossen, sondern zu einer ambulant-stationären Versorgungseinrichtung umgebaut werden.

Die Sprecher der Initiative relativierten jetzt die Meldung und sprechen davon, dass die Landesregierung keine Rücksicht auf gleiche Lebensbedingungen in ganz Bayern nehme. Man fühle sich zudem in der Auffassung bestätigt, dass die Umstrukturierung eine rein wirtschaftlich begründete Entscheidung der Kliniken Nordoberpfalz sei, die ebenso keine Rücksicht auf die Versorgung der Bevölkerung nehme.

Petition wird nicht geschlossen

Nach dem Gespräch in München sollte eigentlich die Petition „Verhindert die Schließung unserer Krankenhäuser“ geschlossen werden. Die Leute müssten für etwas unterschreiben, was definitiv nicht mehr rückgängig zu machen sei, hieß es am Dienstag vor einer Woche. Doch die Initiatoren haben ihre Meinung geändert. „Wir wollen unsere Unterstützer über die weitere Entwicklung informieren“, teilten die Notärzte mit. Deshalb soll die Petition mit ihren 55.000 Unterstützern bis Ende April geöffnet bleiben. Sie kritisieren, dass die Umstrukturierungsmaßnahmen ohne jede politische Notwendigkeit getroffen worden seien, weil noch kein entsprechendes Gesetz vorliege. „Verantwortlich hierfür sind allein die politischen Mandatsträger vor Ort, die die jeweiligen Träger der KNO repräsentieren, die beiden Landkreise und die Stadt Weiden“, heißt es auf der IKR-Internetseite.

Nur noch bis Gründonnerstag, 28.  März, ist die Notaufnahme in Tirschenreuth rund um die Uhr geöffnet. Foto: Udo Fürst
Nur noch bis Gründonnerstag, 28. März, ist die Notaufnahme in Tirschenreuth rund um die Uhr geöffnet. Foto: Udo Fürst
Noch bis zum 31. März ist die Notaufnahme in Tirschenreuth rund um die Uhr geöffnet. Foto: KNO
Noch bis zum 31. März ist die Notaufnahme in Tirschenreuth rund um die Uhr geöffnet. Foto: KNO
Noch bis zum 31. März ist die Notaufnahme in Tirschenreuth rund um die Uhr geöffnet. Foto: KNO
KNO

„Politiker haben einfach abgenickt“

Weiter heißt es: „Die Politiker haben das als alternativlos verkaufte Konzept der Kliniken Nordoberpfalz einfach abgenickt.“ Sie kritisieren, dass sie zu „Gegnern“ deklariert und „seit dem Krankenhausgipfel im Dezember ebenso belogen wurden wie Tausende Landkreisbürger, die genauso große Hoffnungen in einen konstruktiven und faktenbasierten sachlichen Austausch gesetzt haben“.

Krankenkasse mit anderer Sichtweise

Dagegen bedauert ein AOK-Sprecher die derzeitige öffentliche Diskussion und die persönlichen Angriffe auf die politisch Verantwortlichen. „Seit Jahren sind die stationären Behandlungen rückläufig: Die Bettenauslastung ist im Durchschnitt auf knapp 66 Prozent gesunken. Dazu kommt der akute Mangel an Pflegekräften.“ Es brauche nicht immer Gesetze, um dringende Handlungen anzugehen. „Berlin löst unser Problem nicht. Berlin schafft auch kein ‘neues’ Problem. Meist werden reale Probleme durch faule politische Kompromisse und zögerndes Handeln verschärft.“ Es werde von Seiten der Ärzte viel über Medizin und Finanzen gesprochen. Dabei gehe es vielmehr um bedarfsgerechte Strukturen (Nutzung, Auslastung) und Qualität (Mindestmenge). „Den bundesweiten Entwicklungen muss man folgen – das gilt auch für die Nordoberpfalz.“

„Die wahren Kliniksterbenverursacher“

Weiter heißt es in dem Schreiben: „Die selbst ernannten ‘Klinikretter’ und Strukturveränderungsverweigerer sind die tatsächlichen ‘Kliniksterbenverursacher’. Wer glaube denn ernsthaft, dass man sich bei 30 bis 40 Prozent Bettenbelegung nahezu 100 Prozent Vorhaltung von Personal und Geräte leisten könne? Allein die fehlenden Pflegekräfte würden zu Schließungen von Stationen und Häusern führen. Die Zusage, dass die Krankenkassen Vorhaltepauschalen finanzieren sollen, um den großen wirtschaftlichen Druck durch eine „reine“ Fallfinanzierung herauszunehmen, sei keine Einbahnstraße. „Diese Zusage ist an eine Strukturbereinigung gekoppelt.“ Beitragszahler, Wirtschaft und Arbeitnehmer bräuchten diese Bereinigungen und müssten erkennen, dass sie nicht immer höhere Beiträge für eine nicht mehr bedarfsgerechte und Vorhaltefinanzierung aufbringen.

Reformpläne nachvollziehbar

Differenziert betrachtet auch der Weidener Ärztliche Leiter Rettungsdienst, Dr. Josef Kick, die Lage der KNO und bezeichnet deren Reformpläne als nachvollziehbar. Seinen Kollegen im Landkreis Tirschenreuth empfiehlt er mehr „medizinische Einsicht“. „Durch die gesetzlichen Vorgaben sind wir alle sehr eingeschränkt.“ Bereits jetzt würden schwere Fälle wie Herzinfarkt, Schlaganfall, Mehrfachverletzungen und Schädel-Hirn-Trauma schon ausnahmslos in Weiden oder Marktredwitz behandelt. Bisher halte die internistische Station in Tirschenreuth trotz durchschnittlich nur circa 20 minderschweren Kontakten am Tag alle technischen Geräte und das Personal vor. Allein die Notaufnahme in der bisherigen Form koste jährlich acht Millionen Euro. „Das ist auf Dauer nicht zu finanzieren.“

Der Ärztliche Leiter Rettungsdienst, Dr. Josef Kick (links), und ILS-Leiter Jürgen Mayer in der Leitstelle. Foto: Udo Fürst

Stationen wieder öffnen

Dr. Kick glaubt, dass die zwei vorübergehend geschlossenen Stationen am Klinikum Weiden durch die Reform und den Umzug aus Tirschenreuth wiederbelebt werden könnten. „Die KNO hat dem Personal in Tirschenreuth zumindest schon mal angeboten, nach Weiden zu gehen.“

Der Chef der Integrierten Leitstelle (ILS) Nordoberpfalz, Jürgen Mayer, verweist auf den engen Kontakt der ILS zum Systempartner KNO, mit der man „Hand in Hand“ arbeite. Er weiß aber auch um das Risiko einer Reform: „Kleine Veränderungen können für das Rettungswesen große Veränderungen nach sich ziehen.“

 

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3 Kommentare

Dr. Hans-Jürgen Jokiel - 03.02.2024

Der anonyme “AOK-Sprecher” übersieht, dass in TIR wie in WEN je 50 Betten stillgelegt waren; das macht bei WEN mit 649 Gesamtbetten ca. 8 Prozent, bei TIR mit 145 Gesamtbetten ca 34 Prozent. Da wundert mich nichts mehr. Weiterhin sollte dieser feige und inkompetente Herr vor der eigenen Haustür kehren: bei 96 gesetzlichen und 47 privaten Krankenkassen in Deutschland könnten Verwaltungskosten ungeheuren Ausmaßes eingespart werden durch Reduktion auf 1 “Gesundheitskasse”! Da könnten mal sinnvoll Synergie-Effekte genutzt werden! Und der Ärztliche Leiter Rettungsdienst Herr Dr. Kick kann schon mal Pläne erarbeiten, wie er das im Zusammenbruch befindliche Notarztsystem in TIR aufrechterhalten will.

M.Kastner - 02.02.2024

Alternativlos und oder Experten! Wenn ich das schon höre.

Peter Breuer - 01.02.2024

Die Äußerung der AOK “Weiter heißt es in dem Schreiben: „Die selbst ernannten ‘Klinikretter’ und Strukturveränderungsverweigerer sind die tatsächlichen ‘Kliniksterbenverursacher” ist ja erst recht eine Frechheit und würde mich dazu veranlassen, sofort aus der AOK auszutreten. Wie der Rettungssanitäter richtig kommentiert und ja wohl auf der KNO Website auch steht: Bei einigen (und das sind gar nicht so wenige), wie Herzinfarkt, Schlaganfall, allergischer Schock, etc. zählt jede Minute. Ich ziehe den Hut vor den Initiatoren der Petition zum Erhalt der Krankenhäuser und der 24 stündigen Notaufnahme und kann nur alle Mitbürger bitten und ermutigen, weiterhin die Petition zu unterschreiben