Echo-Wahlinitiative (4): Woher bekommen wir die Fachkräfte, die unseren Wohlstand sichern?
Amberg/Weiden. Es gibt Parteien, die noch an den Storch glauben – oder eben, dass wir uns die benötigten Fachkräfte selbst biodeutsch backen können. Im vierten Teil plädiert unser Unternehmertrio für eine gesteuerte Einwanderung nach dem Vorbild Kanadas oder der USA.

Mit Bernd Wagner, einem Spediteur, Logistiker und Sportausstatter, der die Strecken der Formel 1 und anderer Motorsportevents mit Brücken, Tribünen und Bewerbung ausstattet, Harald Gollwitzer, einem Spezialtiefbau-Unternehmer, der komplexe Objekte beispielsweise am Hamburger Hafen bebaut und Siegfried Schröpf, Geschäftsführer von Grammer Solar, einem PV- und Solar-Thermik-Unternehmer der ersten Stunde mit Niederlassungen in Spanien und Chile, bilden wir einen Querschnitt der vielfältigen, mittelständischen Oberpfälzer Wirtschaft ab.
Was alle eint: Dass es uns nicht reicht, wenn alle eine Situation, die zum Teil kritisch, aber beileibe nicht hoffnungslos ist, bekritteln und bejammern, aber keiner Anstalten unternimmt, die Lage zu verbessern. Unser Ansatz: Wir beschreiben die Ausgangslage und stellen Fragen, was wir machen müssen, um unsere Position in der nördlichen Oberpfalz und darüber hinaus zu verbessern.
Seit Jahren beklagen wir einen wachsenden Mangel an Fachkräften in allen Bereichen. Und dabei gäbe es bereits fähiges Personal im Land, das keine Arbeitserlaubnis bekommt. Fallbeispiel: Eine Krankenschwester aus Indien, die perfekt Deutsch spricht, in Stuttgart ihre Lehre an einem Krankenhaus absolvierte, einen Arbeitsvertrag der Klinik vorliegen hatte, braucht nach der Ausbildung eine neue Aufenthaltsgenehmigung.
Die aber wurde über Monate nicht erteilt, weil die Ausländerbehörde überlastet war. Wäre das nicht ein Thema, das eine neue Regierung angehen müsste?
Bernd Wagner: Das ist typisch. Leute, die wollen, die dürfen nicht. Bei uns dauert’s zu lang. Aber unsere Regierung hat gezeigt: Es geht auch schneller, wie bei den Ukrainern, die von heute auf morgen bei uns arbeiten dürften. Das heißt, es gibt Mechanismen und Werkzeuge, mit denen du das beschleunigen kannst.
Wie ist das bei dir mit deinen internationalen Mitarbeitern vor Ort?
Bernd Wagner: Mit Sport Signage international müssen wir immer liefern, und das können wir mit einer rein deutschen Belegschaft nicht. Deshalb haben wir begonnen, ein internationales Team aufzubauen – da sind Europäer, Belgier, Engländer, Franzosen, ein geringer Anteil Deutscher vor allem in der Verwaltung, und dann haben wir mit Mexikanern und Malaysiern starke Teams, wo wir rotieren. Und sogar bei ihnen ist es schwierig, die Sport Signage Mexico nach Deutschland oder Europa zu bringen und eine Genehmigung zu bekommen.
Da musst du wirklich alle Register ziehen, um das zu ermöglichen. Allein das zeigt, wie sich Europa momentan aufstellt im Vergleich zu allen anderen Ländern. Bernd Wagner
Ist es in den anderen Ländern, in denen du unterwegs bist, einfacher, ein Arbeitsvisum zu bekommen?
Bernd Wagner: Ich habe vor kurzem eine persönliche Erfahrung in Amerika gemacht, wo man genau entgegengesetzt drauf ist: Die sehen, das Arbeitsvisum ist nicht ganz sauber, dann bist du halt mal 24 Stunden außer Gefecht gesetzt, und dann schicken sie dich wieder nach Hause. Die sagen, die Leute haben wir selber, die das machen. Das ist nicht richtig, aber es ist ein Statement. Mir hat das gefallen, auch wenn ich der Betroffene war. Man hat gesehen: Die schützen sich. Wir sollten das zwar nicht so extrem betreiben wie die Amerikaner, aber ansatzweise auf unser Volk, auf unsere Wirtschaft achten, bevor wir die Botschafter der ganzen Welt sind. Das tun wir gerade und teilweise ist das schon beschämend, weil wir das Problem bei uns haben. Jetzt sind wir wieder beim Ursprung:
Ich glaube, dass unser Mittelstand ein gutes Werkzeug ist, um zu zeigen: Mit einem guten Zusammenhalt, mit einer guten Ausrichtung können wir auch national etwas bewegen. Bernd Wagner

Das ist so ein bisschen die Gretchenfrage: Haben wir die Leute wirklich selbst im Land oder stimmt es nicht viel mehr, was so gut wie alle Experten sagen, dass wir jährlich einen Zuzug von 400.000 Fachkräften brauchen, um die Wirtschaft auf dem jetzigen Niveau am Laufen zu halten?
Siegfried Schröpf: Wir waren vergangene Woche bei einer Veranstaltung „Schule und Wirtschaft“, wo über die veränderte Einstellung der jungen Leute gesprochen wurde, die jetzt Azubis sein könnten. Die schaffen es zum Teil nicht, allein da hinzugehen, man muss die zu zweit hingehen lassen. Diese Einstellung, die wir haben in Deutschland, dass wir in gewisser Weise bequemer geworden sind, zeigt sich auch dadurch, dass unser Montagepersonal, das vielleicht ähnlich strukturiert ist wie Haralds Tiefbau-Leute, zu 95 Prozent aus den osteuropäischen Ländern kommt. Das heißt: Wir brauchen dringend Leute aus dem Ausland, aber – Stichwort USA – die müssen wir uns natürlich auch aussuchen dürfen …
… die müssen uns aber auch aussuchen wollen, daran scheitert es auch …
Siegfried Schröpf: … natürlich. Und du hast ja dieses Beispiel mit der Krankenschwester, von denen es mehrere gibt, geschildert. Da kriegt man ja so einen Hals, wenn da jemand arbeiten will, qualifiziert ist, und der wieder weggeschickt wird. Das ist ein Skandal. Aber ich komme noch einmal zum Thema „Aussuchen“, weil ich das auch untermauern will. Als ich 25 Jahre alt war, habe ich ein Praktikum in Toronto gemacht. Da war ich in einer Behörde, um mein Visum zu verlängern. Für mich war das emotional völlig entspannt.
Aber in diesem Raum, so groß wie hier, da saßen viele Familien. Da war eine richtig bedrückende Atmosphäre, weil du einem jeden angesehen hast, dass die Angst haben: Wird das jetzt verlängert oder nicht? Siegfried Schröpf
Das war keine schöne Geschichte. Kanada holt gezielt Emigranten rein, weil es sie braucht – wir bräuchten sie ja auch – und siebt aus. Das klingt so grausam, aber es gibt halt auch den Leuten, die bleiben dürfen, eine große Chance und Perspektive. Das bringt der Wirtschaft was und bringt der Gesellschaft was.
Als ich in den 1990ern in Prag arbeitete, haben mir viele gut ausgebildete ITler gesagt: „Nach Deutschland gehen wir nicht, erstens fühlt man sich nicht willkommen, zweitens haben wir Englisch gelernt – wir gehen nach England oder Amerika, da geht es wesentlich schneller, Karriere zu machen.“ Deutschland wollte lange kein Einwanderungsland sein. Jetzt stellen wir fest, dass wir Fachkräfte brauchen und wissen nicht so recht, woher wir die eigentlich bekommen sollen.
Siegfried Schröpf: Ja, man kann der heutigen Regierung vieles anlasten, aber das nicht. Das hat mich immer gestört, wenn es geheißen hat, wir sind kein Einwanderungsland, weil wir damit eben auch die Chance vergeben haben zu definieren, wie wir uns das vorstellen. Das klingt ganz unpopulär, wenn ich das sage. Aber wir hätten doch die Chance zu sagen: Wie sieht so ein Profil aus, das wir brauchen. Es gibt ja genügend, die reinwollen – also hoffentlich. Und jetzt müssen wir hinterherhecheln unter dem Migrationsdruck aus anderen Ursachen, dem man auch gerecht werden muss. Dann bleiben die Arbeitswilligen auf der Strecke.
Dazu wird Thomas Würdinger, Chef der Weidener Arbeitsagentur, etwas sagen. Die haben ein paar Initiativen gestartet auch mit großen Unternehmen. BHS in Asien und Witron in Afrika haben vor eigene Schulen aufgezogen, um Leute auszubilden. Witron übrigens nicht für Deutschland, sondern für Niederlassungen in den USA, weil das englischsprachige Leute sind.
Unsere Schwerpunktthemen
14. Januar: Ein Ruck fehlt in Deutschland
- Deutschlands Meta-Krise: Nach Corona und Russischem Angriffskrieg die Metakrise – wir verlieren unser Geschäftsmodell, weil Trump den US-Schutz für Europa aufkündigt, das billige Gas als Futter unserer Industrie weg ist, der Protektionismus unsere Exporte gefährdet und die Industrie in einigen Bereichen den Anschluss verloren hat. Was tun?
- Investitionen mit knappen Mitteln: Durch Schröders aus der Not geborenen Agenda 2010 wurde Deutschland zum Globalisierungsgewinner. Und ist wieder zurückgefallen als Investitionsstau-Meister. Wie durchschneiden wir den Gordischen Knoten, um mit knappen Mitteln die Wirtschaft in Schwung, Schulen, Straßen und Brücken instand und die Bundeswehr in Verteidigungsbereitschaft zu setzen?
- Alle reden vom Bürokratieabbau: Keiner schafft es. In Jahrzehnten des „Mehr Demokratie wagen“ sind Mitbestimmungsrechte bei Baumaßnahmen, im Umwelt-, Verbraucher- und Datenschutz gewachsen, die eine wirtschaftliche Entwicklung fesseln. Wie kann man sich davon auch juristisch sauber befreien, ohne zu viel Porzellan zu zerschlagen?
21. Januar: Wie bekommen wir die Inflation in den Griff?
- Hohe Lebensmittelpreise, unbezahlbare Mieten in Großstädten, schwindelerregende Immobilienpreise: Das Leben ist teuer geworden, selbst in ländlichen Regionen wie der nördlichen Oberpfalz. Aber höhere Löhne heizen die Produktionskosten und damit die Inflation weiter an. Was sind die Ursachen, was kann man dagegen tun?
- Krisen und Kriege als Preistreiber bei Energie und Lebensmittel: Auch wenn die Energiepreise gefallen sind, billig ist anders. Ein Krieg in der Kornkammer Europas trägt sicher nicht zur Entlastung bei. Dazu kommen Mehrkosten durch den Klimawandel. Die CSU fordert die Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, die SPD ist offen für Preisdeckel – hilft das weiter?
- Preiserhöhungen im Windschatten der Krisen: Haben sich die Handelskonzerne einfach ein sattes Plus mit faulen Ausreden gegönnt? Das Kartellamt hat die Preisentwicklung untersucht und – beispielsweise bei Sonnenblumenöl und Butter – „keine Anhaltspunkte für Preisabsprachen oder den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung“ gefunden. Verbraucherschützer halten die Datengrundlage für unzureichend und fordern eine staatliche Beobachtungsstelle nach dem Vorbild anderer EU-Länder, mit dem Ziel, die Mechanismen der Preisbildung vom Acker bis zum Supermarktregal besser zu durchleuchten.
- Selbst das Häuschen im ländlichen Raum bald unerschwinglich? Es war lange das Lebensmodell auf dem Land: das Häuschen als Altersvorsorge. Inzwischen kostet selbst ein Modul-Holzbau mit Grundstück eine halbe Million. Was macht das Bauen so teuer? Rohstoffpreise, Handwerkerleistungen und immer mehr Auflagen: Leben Menschen in Italien und Frankreich wirklich so viel gefährlicher, ungesünder oder umweltschädlicher ohne deutsche Brandschutz-, und Klimaschutzauflagen?
28. Januar: Die Rente – Sicher und genug zum Leben?
- Das deutsche Drei-Säulen-Modell aus gesetzlicher Rente, privater (Riester-Rente) und betrieblicher Vorsorge funktioniert mehr schlecht als recht. Viel zu wenige sorgen vor. Wer vorsorgt, spart meist zu wenig. Viele können sich die zusätzliche Vorsorge nicht leisten. Der DGB fordert eine dauerhafte Stabilisierung des Rentenniveaus bei mindestens 50 Prozent, keine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters, eine Anrechnung von Kindererziehung, Pflege etc., und eine Finanzierung versicherungsfremder Leistungen durch den Bund. Ist das auch unter Bedingungen einer Rezession realistisch?
- Ösi-Modell: Kann das stattliche, aber teure österreichische Modell Vorbild auch für Deutschland sein?
- Schwedisches Modell: Sind die Skandinavier beim Rentensystem um Jahrzehnte voraus? Das sagen Experten.
- Kombi-Modell: Ließen sich bei einer Anlehnung an das Ösi-System versicherungsfremde Leistungen, die Österreich nicht kennt, harmonisieren? Wie die Mütterrente oder die abschlagsfreie „Rente mit 63“. Oder auch Leistungen, die es in beiden Ländern gibt, auch wenn sie zum Teil anders heißen, wie Grundsicherung im Alter, Witwen- und Waisenrenten und Erwerbsminderungsrenten?
- Ist eine Kombination aller Systeme denkbar?
4. Februar: Fachkräftemangel, Migration und Integration
- Menschlichkeit und Kontrolle verbinden: Migrationsforscher Gerald Knaus fordert eine Migrationspolitik, die sowohl menschlich als auch kontrolliert ist. Das bedeutet, dass Migration geordnet und legal ablaufen muss, ohne die Rechte von Geflüchteten und Migranten zu verletzen. Er lehnt eine Politik der Abschottung ab, spricht sich jedoch für klare Regeln aus, um unkontrollierte Migration und illegale Schleusertätigkeit einzudämmen.
- Kooperation mit Drittstaaten: Er setzt auf Abkommen mit Drittstaaten, ähnlich wie das EU-Türkei-Abkommen, um Migration zu steuern. Diese Vereinbarung sollte auf Gegenseitigkeit, rechtstaatlichen Grundsätzen und gerechterer Lastenteilung beruhen. Ziel ist es, Migranten vor gefährlichen Routen zu schützen und sichere, legale Wege zu eröffnen.
- Förderung legaler Wege: Um irreguläre Migration einzudämmen, fordert er die Schaffung legaler Alternativen wie Arbeitsmigration, Resettlement-Programme und temporäre Schutzmechanismen. Witron und BHS haben eigene Schulen in Entwicklungsländern etabliert, die Arbeitsagentur vermittelt ausgebildete Fachkräfte aus Südamerika.
- Integration: Wie viel Mittel und Ressourcen stehen tatsächlich zur Verfügung, wie viele Hürden bei der Einreise, bei der Anerkennung von Qualifikationen, bei Sprachkursen behindern die Integration?
11. Februar: Resümee – Wie meistern wir die Chancen der Krise?
Diskutieren Sie mit, schicken Sie uns zu den Themenblöcken ihre Fragen, Anregungen und Vorschläge – aber bitte berücksichtigen Sie: Wir wollen uns nicht im Weltuntergangsmodus einrichten, sondern suchen nach Lösungen, wollen die Ärmel hochkrempeln und im besten Fall Politiker aus unserer Region motivieren, unsere Impulse in den politischen Prozess einzuspeisen. Stellen Sie sich vor, es wäre Parlament, und die Abgeordneten handelten im Interesse ihrer Wähler!
* Diese Felder sind erforderlich.