Echo-Wahlinitiative (5): Was muss sich für den Neustart in der Politik ändern?

Amberg/Weiden. Man kann an Politik und Parteien vieles aussetzen: Die Auswahl des Personals, die Orientierung an Wahlterminen und Umfragen. Andererseits ist es auch nicht vergnügungssteuerpflichtig die Interessen von 80 Millionen Menschen unter einen Hut zu bringen. Im fünften Teil sucht das Echo-Unternehmer-Trio nach einer politischen Vision.

Bernd Wagners Sport Signage stattet weltweit Motorsport-Rennstrecken aus: Die Formel-1-Saison 2024 begann mit dem ersten Rennen in Bahrain. Wagners Team arbeitete vom ersten Entwurf bis zur endgültigen Installation daran, das Podium für den Saisonauftakt vorzubereiten. Foto: Sport Signage

Politik ist das Bohren dicker Bretter, hat Max Weber, der Begründer der Soziologie, das schwierige Ringen um politische Kompromisse einmal genannt. Und man könnte den Politikern und Parteien vieles verzeihen, wenn man den Eindruck hätte, dass sich alle nach bestem Wissen und Gewissen um Lösungen bemühen.

Wären da nur nicht die durchsichtigen Wahlversprechen, die schon an der Koalitionsarithmetik scheitern, parteipolitische Manöver, kleinkarierte Personalintrigen – und, ja auch das: Skandale und verschleuderte Steuergelder. Andererseits: Warum sollten Politiker die besseren Menschen sein – und ein gerechteres Auswahlsystem, als eine demokratische Wahl hat bisher niemand erfunden.

Mit Bernd Wagner, einem Spediteur, Logistiker und Sportausstatter, der die Strecken der Formel 1 und anderer Motorsportevents mit Brücken, Tribünen und Bewerbung ausstattet, Harald Gollwitzer, einem Spezialtiefbau-Unternehmer, der komplexe Objekte beispielsweise am Hamburger Hafen bebaut und Siegfried Schröpf, Geschäftsführer von Grammer Solar, einem PV- und Solar-Thermik-Unternehmer der ersten Stunde mit Niederlassungen in Spanien und Chile, diskutieren wir im fünften Teil unserer Echo-Wahlserie, wie eine Politik ausschauen könnte, mit der eine Mehrheit der Menschen im Land wieder halbwegs zufrieden sein könnte.

Ihr habt in den vorangegangenen Teilen die Erfolgsformel beschrieben, die mittelständische Unternehmen charakterisieren. Wie könnte man diese in die Politik transferieren, um eine allgemeine Aufbruchstimmung zu erzeugen?

Siegfried Schröpf: Wenn einer von uns das Patentrezept hätte, dann wären wir schon viel weiter. Ich glaube, es hilft schon mal, dass wir das thematisieren, um auf Lösungen zu kommen.

Klar, wir sind auf der Suche. Harald, du als erfahrener Kommunalpolitiker kennst das Strukturproblem der Politikerauswahl über Ortsverbände, wo man eine Parteikarriere starten kann, ohne in der Öffentlichkeit etwas Produktives geleistet zu haben – wichtiger ist es, ein parteiinternes Netzwerk aufzubauen. Hast du einen Vorschlag, wie man Mandatsträger dazu bringt, sich stärker an den Interessen der Menschen vor Ort zu orientieren?

Harald Gollwitzer: Man muss unterscheiden. Auf kommunaler Ebene muss der Stadtrat schon raus, sonst wird er nicht gewählt …

… manchmal reicht ein Doktortitel …

Harald Gollwitzer: … das ist immer noch so, wenn ich einen Doktortitel vorn dran habe. Aber im Kommunalen zählt schon noch der persönliche Bezug. Je weitere du nach oben kommst in der Hierarchie, desto mehr musst du auf der Parteilinie sein. Das änderst du auch nicht, egal welche Partei. Das ist meine Wahrnehmung.

In der Gemeinde musst du schon noch selber überzeugen, mit deinem Können, deiner Einsatzbereitschaft, mit deiner Freundlichkeit. Je weiter du nach oben kommst, desto weiter entfernst du dich. Harald Gollwitzer

Warum gibt es kaum mehr Politiker wie Ludwig Stiegler, der in jeder Firma unterwegs war, die einen Schnupfen hatte, um zu schauen, wie er zusammen mit Hans Schröpf und Gustl Lang überparteilich helfen konnte?

Harald Gollwitzer: Das war früher etwas anders. Jetzt gilt über alle Parteien hinweg schon dieser Spruch: Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal. Ich glaube aber, Adressat unserer Runde, muss nicht die Politik sein, es muss der Bürger, der Wähler sein. Die Politik ist dann wieder die Folge des Wählers.

Politiker handeln nach einer Kosten-Nutzen-Relation: Wer Koalitionen mit anderen Kreisverbänden schließt, kann sich einen besseren Listenplatz sichern – egal, welche Inhalte er oder sie vertritt – und das ist schon ein Problem dafür, inwieweit jemand ein Interesse hat, für die Region etwas zu bewegen.

Harald Gollwitzer: Du brauchst bloß schauen, wie viele Arbeiter noch im Bundestag sitzen – zwei oder drei? Da ist sehr viel öffentlicher Dienst. Aber den Unternehmer und den abhängig Beschäftigten findest du nicht mehr. Und du musst dich dem Parteidiktat dann auch unterordnen. Ich habe da auch keine Alternative. Aber ich finde, wir müssen den Bürger erreichen.

Ich denke, wir müssen beide erreichen – die Politiker sind ja dann die ausführenden Organe, die den Wählerwillen umsetzen. Und wenn die das nicht können oder wollen, haben wir ein Problem. Sigi, du hattest zumindest in den Gremien Kontakt zur Politik – wie war dein Eindruck von den Grünen? Wurdest du wenigstens bei den grünen Themen wie Solarenergie gehört?

Siegfried Schröpf: Das ist eine spannende Frage zum Schluss. Das ist zu kompliziert für einen Satz. Ich will durchaus deutlich machen, dass ich ein Anhänger grüner Politik in den 80er und 90er Jahren war. Wenn ich das Ergebnis heute betrachte, finde ich, ist da nicht viel angekommen.

Bernd, hattest du mal einen Kontakt zur Politik, wo du sagen kannst, da hat mir mal jemand geholfen oder hast du das nie gebraucht?

Bernd Wagner: Geholfen hat mir vielleicht schon mal jemand, aber es ist nicht so, dass ich sagen könnte, diese Partei hat mich toll unterstützt. Ich finde, jede Partei hat ihre Berechtigung, aber teilweise sind die Positionen einfach falsch besetzt. Ich kann einen Grünen-Politiker nicht als Außenminister und als Wirtschaftsminister nominieren – das funktioniert nicht.

Sind Politiker aller Parteien nicht meistens Generalisten und keine Fachexperten?

Bernd Wagner: Man setzt voraus, dass dieser deutsche Staat, der größte Betrieb ist, von dem wir alle leben. Da möchte ich Vollprofis sehen an diesen Positionen. Familien- oder Kulturminister ist vielleicht ein anderes Thema, aber das Herzstück, die Wirtschaft, ist entscheidend, und das Außenministerium genauso.

Und da brauchst du genau die richtigen Leute, die wir schon mal hatten, die diese Maschinerie antreiben – ich hoffe, dass das wieder kommt. Bernd Wagner

Unsere Schwerpunktthemen

14. Januar: Ein Ruck fehlt in Deutschland

  • Deutschlands Meta-Krise: Nach Corona und Russischem Angriffskrieg die Metakrise – wir verlieren unser Geschäftsmodell, weil Trump den US-Schutz für Europa aufkündigt, das billige Gas als Futter unserer Industrie weg ist, der Protektionismus unsere Exporte gefährdet und die Industrie in einigen Bereichen den Anschluss verloren hat. Was tun?
  • Investitionen mit knappen Mitteln: Durch Schröders aus der Not geborenen Agenda 2010 wurde Deutschland zum Globalisierungsgewinner. Und ist wieder zurückgefallen als Investitionsstau-Meister. Wie durchschneiden wir den Gordischen Knoten, um mit knappen Mitteln die Wirtschaft in Schwung, Schulen, Straßen und Brücken instand und die Bundeswehr in Verteidigungsbereitschaft zu setzen?
  • Alle reden vom Bürokratieabbau: Keiner schafft es. In Jahrzehnten des „Mehr Demokratie wagen“ sind Mitbestimmungsrechte bei Baumaßnahmen, im Umwelt-, Verbraucher- und Datenschutz gewachsen, die eine wirtschaftliche Entwicklung fesseln. Wie kann man sich davon auch juristisch sauber befreien, ohne zu viel Porzellan zu zerschlagen?

21. Januar: Wie bekommen wir die Inflation in den Griff?

  • Hohe Lebensmittelpreise, unbezahlbare Mieten in Großstädten, schwindelerregende Immobilienpreise: Das Leben ist teuer geworden, selbst in ländlichen Regionen wie der nördlichen Oberpfalz. Aber höhere Löhne heizen die Produktionskosten und damit die Inflation weiter an. Was sind die Ursachen, was kann man dagegen tun?
  • Krisen und Kriege als Preistreiber bei Energie und Lebensmittel: Auch wenn die Energiepreise gefallen sind, billig ist anders. Ein Krieg in der Kornkammer Europas trägt sicher nicht zur Entlastung bei. Dazu kommen Mehrkosten durch den Klimawandel. Die CSU fordert die Senkung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel, die SPD ist offen für Preisdeckel – hilft das weiter?
  • Preiserhöhungen im Windschatten der Krisen: Haben sich die Handelskonzerne einfach ein sattes Plus mit faulen Ausreden gegönnt? Das Kartellamt hat die Preisentwicklung untersucht und – beispielsweise bei Sonnenblumenöl und Butter – „keine Anhaltspunkte für Preisabsprachen oder den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung“ gefunden. Verbraucherschützer halten die Datengrundlage für unzureichend und fordern eine staatliche Beobachtungsstelle nach dem Vorbild anderer EU-Länder, mit dem Ziel, die Mechanismen der Preisbildung vom Acker bis zum Supermarktregal besser zu durchleuchten.
  • Selbst das Häuschen im ländlichen Raum bald unerschwinglich? Es war lange das Lebensmodell auf dem Land: das Häuschen als Altersvorsorge. Inzwischen kostet selbst ein Modul-Holzbau mit Grundstück eine halbe Million. Was macht das Bauen so teuer? Rohstoffpreise, Handwerkerleistungen und immer mehr Auflagen: Leben Menschen in Italien und Frankreich wirklich so viel gefährlicher, ungesünder oder umweltschädlicher ohne deutsche Brandschutz-, und Klimaschutzauflagen?

28. Januar: Die Rente – Sicher und genug zum Leben?

  • Das deutsche Drei-Säulen-Modell aus gesetzlicher Rente, privater (Riester-Rente) und betrieblicher Vorsorge funktioniert mehr schlecht als recht. Viel zu wenige sorgen vor. Wer vorsorgt, spart meist zu wenig. Viele können sich die zusätzliche Vorsorge nicht leisten. Der DGB fordert eine dauerhafte Stabilisierung des Rentenniveaus bei mindestens 50 Prozent, keine weitere Anhebung des Renteneintrittsalters, eine Anrechnung von Kindererziehung, Pflege etc., und eine Finanzierung versicherungsfremder Leistungen durch den Bund. Ist das auch unter Bedingungen einer Rezession realistisch?
  • Ösi-Modell: Kann das stattliche, aber teure österreichische Modell Vorbild auch für Deutschland sein? 
  • Schwedisches Modell: Sind die Skandinavier beim Rentensystem um Jahrzehnte voraus? Das sagen Experten. 
  • Kombi-Modell: Ließen sich bei einer Anlehnung an das Ösi-System versicherungsfremde Leistungen, die Österreich nicht kennt, harmonisieren? Wie die Mütterrente oder die abschlagsfreie „Rente mit 63“. Oder auch Leistungen, die es in beiden Ländern gibt, auch wenn sie zum Teil anders heißen, wie Grundsicherung im Alter, Witwen- und Waisenrenten und Erwerbsminderungsrenten?
  • Ist eine Kombination aller Systeme denkbar?

4. Februar: Fachkräftemangel, Migration und Integration

  • Menschlichkeit und Kontrolle verbinden: Migrationsforscher Gerald Knaus fordert eine Migrationspolitik, die sowohl menschlich als auch kontrolliert ist. Das bedeutet, dass Migration geordnet und legal ablaufen muss, ohne die Rechte von Geflüchteten und Migranten zu verletzen. Er lehnt eine Politik der Abschottung ab, spricht sich jedoch für klare Regeln aus, um unkontrollierte Migration und illegale Schleusertätigkeit einzudämmen.
  • Kooperation mit Drittstaaten: Er setzt auf Abkommen mit Drittstaaten, ähnlich wie das EU-Türkei-Abkommen, um Migration zu steuern. Diese Vereinbarung sollte auf Gegenseitigkeit, rechtstaatlichen Grundsätzen und gerechterer Lastenteilung beruhen. Ziel ist es, Migranten vor gefährlichen Routen zu schützen und sichere, legale Wege zu eröffnen.
  • Förderung legaler Wege: Um irreguläre Migration einzudämmen, fordert er die Schaffung legaler Alternativen wie Arbeitsmigration, Resettlement-Programme und temporäre Schutzmechanismen. Witron und BHS haben eigene Schulen in Entwicklungsländern etabliert, die Arbeitsagentur vermittelt ausgebildete Fachkräfte aus Südamerika.
  • Integration: Wie viel Mittel und Ressourcen stehen tatsächlich zur Verfügung, wie viele Hürden bei der Einreise, bei der Anerkennung von Qualifikationen, bei Sprachkursen behindern die Integration?

11. Februar: Resümee – Wie meistern wir die Chancen der Krise?

Diskutieren Sie mit, schicken Sie uns zu den Themenblöcken ihre Fragen, Anregungen und Vorschläge – aber bitte berücksichtigen Sie: Wir wollen uns nicht im Weltuntergangsmodus einrichten, sondern suchen nach Lösungen, wollen die Ärmel hochkrempeln und im besten Fall Politiker aus unserer Region motivieren, unsere Impulse in den politischen Prozess einzuspeisen. Stellen Sie sich vor, es wäre Parlament, und die Abgeordneten handelten im Interesse ihrer Wähler!

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