Geburtstagsfeier einer „ganz alten Dame“

Grafenwöhr. In kürzester Zeit wurde das Gotteshaus aus dem Boden gestampft, die Bauzeit betrug nur 16 Wochen. Diese Glanzleistung trug sich vor 100 Jahren zu, nun wurde das Jubiläum der evangelischen Michaelskirche gefeiert.

Am Sonntag wurde der 100. Geburtstag der evangelischen Michaelskirche gefeiert. Foto: Renate Gradl

Beim Festgottesdienst hieß Pfarrer Thomas Berthold die Gläubigen willkommen. Zur Geburtstagsfeier einer „ganz alten Dame“, wie sie der Pfarrer nannte, begrüßte er Regionalbischof Klaus Stiegler, Dekan Thomas Guba, die Pfarrer Ernst-Wilhelm Schiller, André Fischer und Daniel Fenk, Chaplain Billy Graham sowie die beiden Bürgermeister Edgar Knobloch aus Grafenwöhr und Bernhard Stangl aus Pressath.

„Die Kirche ist nicht nur ein Gebäude. Was wäre sie ohne die Menschen, die hier 100 Jahre lang gebetet, gelacht, geweint und Abendmahl gefeiert haben? In einem Zeitstrahl, der im evangelischen Gemeindehaus zu sehen ist, hat Franziska Berthold die wichtigsten Daten zusammengefasst“, erklärte Pfarrer Berthold. In der Michaelskirche kann seit Sonntag auch eine Kunstausstellung mit zeitgenössischer und moderner Kunst bewundert werden. Die Kindergarten-Kinder haben die Kirche aus ihrer Sicht zu Papier gebracht.

„Was brauchen wir in dieser Zeit von unserer Kirche?“

„Direkt neben dem Truppenübungsplatz ist der Ort des Glaubens, der Gemeinschaft und der Hoffnung“, erklärte Regionalbischof Klaus Stiegler in seiner Predigt, der zurückblickte. – Seit 1913 waren Menschen im protestantischen Kirchenbaufonds, um die Kirche zu bauen. Ihnen gelte sein Respekt. Der Regionalbischof schaute aber auch nach vorne und fragte: „Was brauchen wir in dieser Zeit von unserer Kirche? Wie geht evangelisch in diesen Zeiten, die von großen Veränderungen geprägt sind?“

Mit Worten aus dem Psalm 84 aus der hebräischen Bibel gratulierte Stiegler zum Jubiläum. Wohl den Menschen, die in deinem Hause wohnen, die sich auf Gott verlassen und mit ihm rechnen. Die Michaelskirche ist ein Ort der Gottesbegegnung, zeitgemäß, ansprechend, einladend und skandinavisch anmutend. Der Regionalbischof dankte allen, die sich seit 100 Jahren für diese Kirche eingebracht haben. Von Herzen dankte er dem Kirchenvorstand und Pfarrer Berthold für ihren Einsatz.

Regionalbischof Klaus Stiegler (rechts) und Pfarrer Thomas Berthold beim Einzug in die Kirche. Foto: Renate Gradl
Regionalbischof Klaus Stiegler (rechts) und Pfarrer Thomas Berthold beim Einzug in die Kirche. Foto: Renate Gradl
Am Sonntag wurde der 100. Geburtstag der evangelischen Michaelskirche gefeiert. Foto: Renate Gradl
Am Sonntag wurde der 100. Geburtstag der evangelischen Michaelskirche gefeiert. Foto: Renate Gradl
Foto: Renate Gradl

Eine ganz besondere Beziehung besteht zum Truppenübungsplatz. Michael (hebräisch: wer ist wie Gott) ist der Schutzpatron der Soldaten und Soldatinnen. Auch Baumaterial, Holz und Nägel, stammen vom Truppenübungsplatz. Erinnert wurde an die Schrecken des Krieges und an die Inflation, als die Michaelskirche gebaut wurde. Sie ist „ein christlicher Hotspot in Grafenwöhr in evangelischer Form“ sowie ein Ort des Halts, wo eine Selbstverständlichkeit zwischen den Fingern zerbröselt und es die Polarisierung gibt, die Leben vergiftet.

Wir erleben eine gefährliche Welt. Aber Gott sorgt sich um die Schöpfung und um uns. Stiegler zitierte Ingo Zamperoni: „Bleiben Sie zuversichtlich.“ Unser Glaube ist eine unerschütterliche Quelle von Zuversicht und Hoffnung. Auch dafür steht diese Kirche, wo wir den Segen für unser Leben erhalten.

Ein Mahnmal für den Frieden

Bürgermeister Edgar Knobloch gratulierte im Namen der Stadt. Die Kirche ist ortsbildprägend mit ihrer schwedenroten Farbe. Auch der Standort bei der Wache I ist besonders, denn mehr als eine Million US-Soldaten sind hier in den Truppenübungsplatz gefahren und haben die Kirche gesehen. „Diese Kirche ist hygge“, sagte Dekan Thomas Guba. Dies bedeutet, sie hat eine gemütliche, herzliche Atmosphäre, die sich vom Geist Gottes inspirieren lässt. Sie ist auch ein Mahnmal für den Frieden.

„Auch eine gelebte Ökumene ist hygge“, meinte Kirchenvorstand Hartmut Seidler. Diese gab es früher nicht so. Pfarrer Daniel Fenk sprach von einigen Kuriositäten mit Simultankirchen. „Gott sei Dank sieht das jetzt anders aus. Schon mit Pfarrer André Fischer und Pfarrer Bernhard Müller gab es gelebte Ökumene und einen ökumenischen Arbeitskreis“, so Fenk. Dies soll auch so weitergehen. Im Namen der Pfarrei St. Georg und Pfarrer Edmund Prechtl gratulierte Cilli Helm und überreichte eine Kerze, die von Pfarrer Prechtl verziert wurde.

Das Gotteshaus hat sich verwandelt

Grafenwöhr und Pressath war so etwas, wie „erste Liebe“ für Pfarrer Ernst-Wilhelm Schiller und seine Frau Renate. „Die Kirche wurde beinahe abgerissen und war einfach nur hässlich braun von oben bis unten sowie von außen“, blickte er zurück. Aber sie verwandelte sich in ein skandinavisches Rot und veränderte sich auch von innen.

Der Gottesdienst wurde vom Chor „New Voices“ und dem Organisten Hans-Joachim Grajer festlich musikalisch umrahmt. Die Feier ging im Gemeindehaus weiter, wo auch die Festtagstorte, die vom St.-Michaelswerk gebacken wurde, von Pfarrer Thomas Berthold und Tassilo Heimberg angeschnitten wurde.

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