Gemeinsam die Zukunft gestalten

Nordoberpfalz. Rund 120 Expertinnen und Experten diskutierten bei den 14. „Marienbader Gesprächen“ über die Wirtschaft im ostbayerisch-tschechischen Grenzraum.

Bernard Bauer,  Franz Löffler,  Katharina Wierer, Jürgen Mistol, Dr. Ivana Červenková , Dr. Georg Haber, Jürgen Kilger, Walter Jonas, Tobias Gotthardt, und Rainer Haselbeck (von links) waren in Marienbad dabei. Foto: Fotostudio Kraus
Bernard Bauer, Franz Löffler, Katharina Wierer, Jürgen Mistol, Dr. Ivana Červenková , Dr. Georg Haber, Jürgen Kilger, Walter Jonas, Tobias Gotthardt, und Rainer Haselbeck (von links) waren in Marienbad dabei. Foto: Fotostudio Kraus
HWK-Präsident Dr. Georg Haber im Podiumsgespräch. Foto: Fotostudio Kraus
HWK-Präsident Dr. Georg Haber im Podiumsgespräch. Foto: Fotostudio Kraus
Marienbader Gespräche 2022: Das erste Mal seit 2019 wieder in Präsenz. Foto: Fotostudio Kraus
Marienbader Gespräche 2022: Das erste Mal seit 2019 wieder in Präsenz. Foto: Fotostudio Kraus
Foto: Fotostudio Kraus
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Zum 14. Mal, und seit 2019 das erste Mal wieder in Präsenz, lud die Handwerkskammer Niederbayern-Oberpfalz Experten aus unterschiedlichen Institutionen sowie aus Wirtschaft und Politik zu den Marienbader Gesprächen ein. Das Hauptziel der Veranstaltung war es, Anregungen und konkrete Ideen zu entwickeln, um das gemeinsame Wirtschaften innerhalb der ostbayerisch-tschechischen Grenzregion unbürokratischer zu gestalten und weiter zu intensivieren. Darüber hinaus sind die Marienbader Gespräche seit jeher eine Plattform, die vor dem Hintergrund aktueller grenzübergreifender Herausforderungen zu einem lebendigen Erfahrungsaustausch genutzt wird. 

Krisen kennen keine Ländergrenzen

„Krisen machen keinen Halt vor Ländergrenzen“, sagte der Präsident der Handwerkskammer, Dr. Georg Haber in seinem Grußwort. „Um Herausforderungen praktisch bewältigen zu können, ist es unabdingbar, miteinander ins Gespräch zu kommen, voneinander zu lernen und gemeinsame Wege herauszuarbeiten.“ Diesem Ruf folgten rund 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus Tschechien, Österreich und Deutschland und diskutierten in zwei Arbeitskreisen zu unterschiedlichen Themen.

Grenzübergreifende Begegnungen fördern

Im Fokus des Arbeitskreises Eins stand der fehlende Fachkräftenachwuchs, der Betriebe in Ostbayern und Tschechien gleichermaßen vor große Herausforderungen stellt. In einem Podiumsgespräch teilten Experten beider Länder ihre Erfahrungen und diskutierten über Lösungsansätze zur Nachwuchsgewinnung.

So stellte Rolf Rehbold vom Forschungsinstitut für Berufsbildung im Handwerk der Universität zu Köln seine empirisch belegten sieben „glorreichen“ Ratschläge vor: Werte, die für junge Menschen bei der Berufswahl besonders wichtig sind, wie beispielsweise der Spaß an der Arbeit, sichere Perspektiven und gute Verdienstmöglichkeiten.

Dass insbesondere das Handwerk mit diesen Qualitäten glänzen kann, sei eine wertvolle Erkenntnis für die Praxis in der Nachwuchswerbung, so HWK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Kilger. „Je mehr Ideen wir haben, desto besser können wir auf operativer Ebene reagieren, wenn es darum geht, junge Menschen für eine Karriere im Handwerk zu begeistern.“ 

Den Horizont erweitern

Zur Bedeutung grenzübergreifender Begegnung bei der Berufsorientierung sprach Generalkonsulin Dr. Ivana Červenková vom tschechischen Generalkonsulat in München. „Durch den grenzübergreifenden Austausch können junge Menschen beider Länder ihren Horizont erweitern.“ Auch der Landtagsabgeordnete Jürgen Mistol sprach zu den Chancen des Jugendaustauschs zwischen Bayern und Tschechien. Gerade die Verständigung habe für dieses Kennenlernen einen hohen Stellenwert. „Sprache öffnet dieses Tor. Nur dann haben Vorurteile und Stereotype keine Chance mehr.“

Transparenz aufbauen, Hürden abbauen 

Der Arbeitskreis Zwei thematisierte die Mitarbeiterentsendung innerhalb des Grenzraums sowie der EU. Hier standen primär die administrativen Herausforderungen beim grenzübergreifenden Wirtschaften im Fokus. Tschechische und deutsche Experten aus unterschiedlichen Institutionen, wie zum Beispiel dem tschechischen Arbeitsministerium, dem Bundeswirtschaftsministerium beider Länder, dem Zoll und der tschechischen Arbeitsinspektion teilten ihre jeweilige Expertise.

Einheitliche Formulare

Nach einer Vorstellung der tschechischen und deutschen Meldeportale haben die Verantwortlichen durch den Blick aus der Praxis bestärkende Rückmeldung und Änderungsvorschläge aufgenommen. Auch konkrete Anregungen, wie ein standardisiertes Entsendeformular, wurden besprochen und weiter ausgearbeitet. Den konstruktiven und lebendigen Austausch begrüßten alle Teilnehmer, denn einheitliche, benutzerfreundliche Meldeverfahren und Formulare könnten die Situation für Betriebe deutlich entschärfen. 

Der Hemmnisabbau bei der Mitarbeiterentsendung ist seit jeher ein Kernthema der Marienbader Gespräche. Durch die differenzierten Blickwinkel der unterschiedlichen Akteure, den Einblick in die gegenseitigen Arbeitsbereiche und den direkten Austausch miteinander wurden hier bereits in der Vergangenheit Fortschritte erreicht und die Mitarbeiterentsendung im Grenzraum praxisnaher und anwenderfreundlicher gestaltet. 

Austausch lebt vom Perspektivenwechsel 

HWK-Hauptgeschäftsführer Jürgen Kilger fasste die Ergebnisse der Arbeitskreise am Abend zusammen. In einer Talk-Runde mit politischen Vertretern beider Länder wurden weitere wertvolle Impulse zur grenzübergreifenden Zusammenarbeit gegeben. So sprach der Landtagsabgeordnete Tobias Gotthardt über den Ausbau Deutsch-Tschechischer Sprachangebote an Bayerischen Schulen und Hochschulen.

Bedeutung von Regionalkooperationen unterstrichen

Die große Bedeutung von Regionalkooperationen im Grenzraum betonten auch die beiden Regierungspräsidenten Walter Jonas (Oberpfalz) und Rainer Haselbeck (Niederbayern). Denn die Grenzregionen in beiden Regierungsbezirken leben von einem wirtschaftlichen, politischen, kulturellen und sprachlichen Austausch mit ihren jeweiligen Nachbarn. Mit welchen Herausforderungen sich die gemeinsame Region während der Grenzschließungen in der Corona-Hochphase konfrontiert sah, führte der Chamer Landrat Franz Löffler aus. 

Marienbader Gespräche gehen weiter

Auch zukünftig werden die Marienbader Gespräche eine Plattform für grenzübergreifende Gespräche im gemeinsamen Wirtschaftsraum darstellen. Dr. Georg Haber in seinem Grußwort: „Wenn Positionspapiere, die auf Anregungen aus den Arbeitskreisen der Marienbader Gespräche entstanden sind, mittlerweile auf den Tischen von Arbeitsgruppen auf EU-Ebene liegen, dann sehen wir einen Fortschritt, der aus unserer gemeinsamen Tradition gewachsen ist.“

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