Geplatzter Oldie-Traum (1): Warum ein Rentnerpaar aus Höflas auswandert

Höflas/Konnersreuth. Sie leben in einem idyllischen Vierseithof in Höflas bei Konnersreuth. Mit Pferdeställen, Koppeln, einem römisch-dekadenten Whirlpool und drei Hunden. Dennoch wollen Evi und Robert Grundler-Gaymann ihre Rente in Kroatien genießen. Teil 1 der Auswanderer-Story.

Evi und Robert Grundler-Gaymann auf der Terrasse ihres Vierseithofs in Höflas. Bild: Jürgen Herda

Wenn nicht jetzt, wann dann? Evi und Robert Grundler-Gaymann erzählen uns an einem lauen Sommerabend die Geschichte zweier bewegter Leben. Vor acht Jahren schien es, als hätten der Oberpfälzer Tüftler und die Tochter eines Großindustriellen aus Oberbayern in einem Vierseithof in Höflas ihr Glück gefunden. Inzwischen zieht es beide an die kroatische Adria.

Das Haus hat eine Seele“

Leicht fällt es den beiden nicht, ihren Traumhof aufzugeben. „Man geht hier beim Tor rein“, schwärmt Evi, „macht das Tor zu, kann atmen.“ Als sie das Gehöft vor acht Jahren in dem kleinen Weiler, einem Ortsteil von Konnersreuth, im Internet fand, schien es ihr wie ein Sechser im Lotto. In dem Anwesen, mit Pferdestall, Weiden und fast 9000 Quadratmetern Grund, konnte sie ihre eigenen Pferde halten. „Als ich den Hof das erste Mal gesehen habe“, erinnert sich die ehemalige Pferde- und Hundezüchterin, „bin ich da rein und habe mir gedacht, hier kriegst du Luft – so war das.“

Robert erging es nicht viel anders. Auch heute noch findet der Oldtimer-Fan: „Untereinander sagen wir, das Haus hat einfach eine Seele, eine tolle Atmosphäre, super.“ Die beiden Workaholics haben sich den historischen Hof – Genaueres über die Baugeschichte wissen die Besitzer nicht – nach ihren Bedürfnissen zurechtsaniert. Wobei schon der Vorbesitzer, ein Konnersreuther Bauunternehmer, ganze Arbeit geleistet hatte: „Nach dem Hörensagen hat er das Anwesen mit seinen 50 Arbeitern hergerichtet“, sagt Robert. „Er ist spezialisiert auf Klöster und Schlösser.“

Da kann da draußen sein was will“

Den Sinn fürs Ästhetische atmet der Hof Schritt auf Tritt. „Angeblich ist bei dem Bauunternehmer auch ein von Thurn und Taxis ein- und ausgesaust“, sagt Robert. Seine Tochter habe eine Gaststube mit Gastroküche eingebaut. „Von der Martina List reden die Leute noch heute.“ Sie habe sich mit Eventkochen einen Namen gemacht: „Mit Themenabenden – und das hat sie sehr, sehr, sehr, sehr gut gemacht.“ Als die beiden das architektonische Gesamtkunstwerk übernahmen, habe sie ihnen einen Plan für die nächsten zwei Jahre in die Hand gedrückt. „So weit im Voraus war schon bestellt.“

Daraus ist allerdings nichts geworden: „Ich hab‘ das Gewerbe abgemeldet“, sagt Robert frei heraus. „Weil wir zwei haben ja für uns was gesucht.“ Nämlich die selige Ruhe hinter hohen Mauern: „Uns ist entgegengekommen, dass wir da zumachen können im Vierseithof – Sie glauben gar nicht, wie schön ruhig es da herinnen ist, da kann da draußen sein, was will.“ Wohl behütet lebe man hier. Und was ist aus den Pferden und den Hunden geworden, die sie hier züchten wollten?

Urig ausgebauter Dachstuhl im Vierseithof in Höflas. Bild: Jürgen Herda

Schluss mit Hunde- und Pferdezucht

„Wir haben hier schon noch gezüchtet“, sagt Evi mit melancholischem Blick auf die zwei verschmusten Mini-Australian-Shepherds und dem verspielten Schäferhund Tamson. „Ich bin jetzt, glaube ich, nicht der typische Züchter, der das wegen des Geldes gemacht hat, sondern ich lieb‘ meine Hunde.“ Sie habe immer gesagt: „Ich hör‘ auf, wenn ich mir die Leute nicht mehr aussuchen kann, die meine Welpen kriegen.“ Gesagt, getan.

Das gleiche gelte für die Pferde. „Wir haben unten eine schöne Zucht gehabt“, erinnert sie sich wehmütig, „aber wir haben unten schon aufgehört zu züchten, die Leute werden immer komischer und ich mag nimmer.“ Beispiel gefällig: „Naja, die Leute holen sich einen Hund und stellen nach einem Jahr fest, dass sie ihn nicht brauchen können. Dann wollen sie ihn wieder loswerden.“

Kräftezehrende Pflege der Eltern

Dazu sei der extreme Stress mit ihren Eltern gekommen, die Evi beide noch im Chiemgau gepflegt habe. Später dann, nach dem Tod ihres Vaters, habe sie die Mutter zu sich in die Oberpfalz geholt. „Papa hatte Parkinson und beide waren dement – irgendwann geht es nicht mehr, irgendwann kannst nicht mehr.“

Robert bewundert den aufopferungsvollen Einsatz seiner Frau: „Sie hat sich um ihre Eltern gekümmert, ist zu den Pferden gesaust, hat die gerichtet, ist wieder heim.“ Wenn er dann von der Arbeit gekommen sei, habe sie ihn auch noch verpflegt: „Also, sie hat da so ein großes Herz, das war der Wahnsinn.“ Ihre Mama sei hier in Höflas gestorben: „Wenn man die Grabstätte in Konnersreuth anschaut, da brauche ich dir nicht zu sagen, wo das Grab ist.“

Esszimmer im Vierseithof in Höflas. Bild: Jürgen Herda

Robert nicht zu bremsen

An den Tod wollen die beiden aber noch nicht denken, auch wenn Robert nicht mehr das blühende Leben ist. Vor vielen Jahren hat er sich auf einer Baustelle eine schwere Verletzung zugezogen, musste zahllose Operationen über sich ergehen lassen. Aber einer wie Robert lässt sich davon nicht unterkriegen. Seine Umtriebigkeit hat die beiden schließlich auch zusammengeführt – kurioserweise in der Oberpfalz, obwohl er selbst lange Jahre im schwäbischen Aichach unterwegs war.

Evi hatte zuvor schon die Liebe in die Oberpfalz geführt, besser gesagt: die trügerische Hoffnung auf dieselbe. „Ich bin mit meinem damaligen Freund raufgezogen nach Wernberg-Köblitz“, erzählt sie, „und das hat absolut nicht funktioniert.“ In letzter Sekunde habe sie ein Onkel nach Gleiwitsch geholt, lässt sie offen, welche Abgründe sich da abgespielt haben mögen. Der habe sie erst mal in seinem Haus versteckt. „Ja, und da ist er mir dann über’n Weg gelaufen.“

Der Tüftler und die Züchterin

„Und ich musste dann den Hausmeister spielen“, schildert Robert amüsiert seine Sicht der Dinge. „Die Küche installieren, dies und das machen – und naja, so hat man sich kennengelernt.“ Der ruhelose Tüftler und die Tochter aus wohlhabendem Haus, deren Großvater, Theodor von Winterstein, in der Zwischenkriegszeit Regierungspräsident der Oberpfalz war. Und da der Robert immer ein Eisen im Feuer hat, dauert es nicht lange, bis die Vorboten des nächsten großen Projekts an die Tore des Vierseithofes klopfen.

Wie die Vision von dem Oldtimer-Parkhaus in Weißenstadt (Landkreis Wunsiedel). „Ich hab‘ schon immer Oldtimer gesammelt“, erzählt Robert, „seit ich 16 bin. Wenn du den Virus einmal hast, dann bricht der immer wieder aus.“ Ein alter Freund habe ihn auf einen leerstehenden Edeka aufmerksam gemacht, der einer Münchener Firma gehörte. Er sei sofort hingefahren, habe hart verhandelt und das Objekt erworben. „Da habe ich ein schönes Gebäude gehabt, genau passend für mich – innen alles gefliest und sauber und trocken und 800 Quadratmeter Fläche ohne eine einzige Säule.“

Büste von Evis Großvater Theodor von Winterstein, in der Zwischenkriegszeit Regierungspräsident der Oberpfalz. Bild: Jürgen Herda

Oldtimer-Vision scheitert am Nachbarn

Ein Objekt wie gemacht für Roberts Idee: „Meine Vision war eben, dass ich da Oldtimer reinstelle.“ Seine eigenen, aber auch die seiner vielen Oldtimer-Freunde, die im Winter einen Platz suchen. „Wir wären schon ausgebucht gewesen“, sagt Evi seufzend. Dazu sollte es allerdings nicht kommen. Vielmehr bewahrheitete sich das Schiller-Zitat aus Wilhelm Tell: Es kann der Frömmste nicht in Frieden leben, wenn es dem bösen Nachbarn nicht gefällt.

Dem Nachbarunternehmer, der ein Geh- und Fahrtrecht hatte, war Roberts Projekt ein Dorn im Auge. „Ich hätte dem Nachbarn um des Friedens willen Grund verkauft, damit der besser auf sein Grundstück Zugriff hat, aber das hat alles nichts geholfen.“ Der habe einen guten Draht zum Bürgermeister und darauf gepocht, keine Nutzungsänderung zuzulassen, obwohl dort ohnehin produzierendes Gewerbe wie eine Metallverarbeitung, ein Steinmetz und ein Auto-Tuner gewesen seien. „Ich habe mich ein Jahr lang rumgestritten und dann ist mir der Zorn gekommen – da habe ich es einfach der Nachbarfirma verkauft.“ Natürlich der auf der anderen Seite des Konfliktherds.

Auch eine Art von Oldtimer: Robert in seinem US-Jeep. Bild: Jürgen Herda

Traum von der Übergabe an den Sohn geplatzt

Für Robert ist damit nicht nur ein Jugendtraum geplatzt. Schwerer wiegt für ihn, dass er auch seinen Sohn mit in die verfahrene Geschichte hineingezogen hat. „Der André ist auch Oldtimer-Fan und wäre da voll miteingestiegen.“ Damit hätte der Vater gleich den Wunscherben für den Vierseithof in seiner Nähe gehabt. „Da wäre der André in meinen Augen der Richtige gewesen.“ Der Sohn, ein Spitzenkoch, der noch eine Anstellung in der Schweiz gehabt habe, hätte das Gasthofprojekt in Höflas vollenden können. „Und die Oldtimer-Halle wäre ja dann von selber gelaufen.“

Doch dann kam Corona, die Krise der Gastronomie und das Scheitern des Projekts in Weißenstadt. „André hat da so der Mut verlassen, dass er richtig abgestürzt ist.“ Derzeit habe man nicht einmal mehr Kontakt zueinander. Robert sei schon froh, dass sein Junge gerade eine Fortbildung in Regenstauf bei den Eckert-Schulen absolviere. „Und weil die Karten jetzt eben so blöd gemischt sind hier in Deutschland, haben wir gesagt: Jetzt können wir auch noch einmal woanders anfangen.“

Wie die beiden eine Villa an der kroatischen Adria gefunden haben und was sie dort vorhaben, lesen Sie im zweiten Teil.

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