Goldene Bürgermedaille für Ehepaar Hess: Flüchtlingskindern eine Perspektive gegeben

Weiden. In einer sehr bewegenden Feier zeichnet Oberbürgermeister Jens Meyer das Ehepaar Ursula und Jost Hess mit der höchsten Auszeichnung der Stadt aus: der goldenen Bürgermedaille. Ihr Lebenswerk ist die Hausaufgabenhilfe des Arbeitskreises Asyl. Hess dankte für die Ehrung, gerade zu diesem Zeitpunkt.

AK Asyl Jost Ursula Hess Bürgermedaille Stadt Weiden

Der frühere Stadtrat Jost Hess sagte: “Ich finde es sehr bemerkenswert, dass in Zeiten, in denen bei uns sehr viel über Abschiebung und Grenzschließung geredet wird, eine Stadt wie Weiden zwei Menschen dafür ehrt, dass sie immer offen waren.”

Er versicherte aus über 40 Jahren Erfahrung in der Arbeit mit Flüchtlingen: “Wir profitieren davon, dass andere anders sind. Das kann ich aus eigener Erfahrung umfassend und ganz klar so sagen.” Die Offenheit anderen Menschen gegenüber sollte ein Grundprinzip unserer Gemeinschaft sein, so Hess.

Die betreuten Menschen kämen “nicht aus Spaß an der Freud oder Urlaubssehnsucht”. Sondern weil sie aufgrund von Not, Krieg und Folter nicht mehr zu Hause bleiben könnten, gerade wenn sie wollten, dass auch ihre Kinder noch ein Leben vor sich haben. “Wir haben das über viele Jahre sehr persönlich bei uns zu Hause erlebt.”

Siebenköpfige Familie im eigenen Haushalt aufgenommen

OB Jens Meyer erinnerte in seiner Laudatio an eine bezeichnende Tat des Ehepaars: Obwohl Familie Hess selbst drei Kinder hatte, nahm sie über Monate eine siebenköpfige Familie im eigenen Haushalt auf. Dies zeige das Maß “an Menschlichkeit, an Güte, an Zuwendung”. Meyer bezeichnete Ursula und Jost Hess als “leuchtende Beispiele für bürgerschaftliches Engagement und Menschlichkeit”: “Wir sind stolz darauf, Sie in unserer Gemeinschaft zu haben.”

Seit 1985 setzen sich Ursula und Jost Hess unermüdlich für die Belange von Asylbewerbern ein. Auslöser war damals eine spontane Entscheidung, Kinder aus dem Flüchtlingsheim zu fördern. Daraus entstand zunächst ein Kindergarten im JuZ mit rund 40 Kindern. Es folgte die ehrenamtliche Hausaufgabenhilfe, die einer Vielzahl von jungen Menschen die Möglichkeit gab, ihre Chancen zu verbessern und sich zu integrieren. Diese Hausaufgabenhilfe des AK Asyl wurde zum Lebenswerk.

“Nicht immer nur toll, manchmal ganz schön stressig”

Zur Aufnahme der siebenköpfigen Familie erzählte Jost Hess eine kleine Anekdote. “Diese Familie war etwa eineinviertel Jahre bei uns. Das war nicht immer nur toll, das war auch manchmal ganz schön stressig. Man hat manchmal ganz schön kauen müssen.” Als die Familie bei Verwandten nahe Wesel eine neue Unterkunft fand, habe er sich mit seiner Frau am Abend des Auszugs eine Flasche Wein geöffnet. “Wir haben gesagt: Jetzt atmen wir mal tief durch.”

Da klingelte es – und es stand ein kurdisches Ehepaar vor der Tür. Bei ihren Nachbarn hatte es gebrannt. Ihre Wohnung sei durch den Rauch unbewohnbar. “Sie kamen zu uns. Keine eineinviertel Jahre. Aber auch so vier, fünf Monate.”

Kinder im Fokus

Hess appellierte zu Offenheit gerade gegenüber Kindern, “die ja gar nicht wissen, was los ist”. “Wir müssen gucken, dass diese in die Gemeinschaft hineinwachsen. Dass sie die Schule bestehen, integriert werden, sich integrieren. Das ist ein Geben und Nehmen von beiden Seiten.” Wenn man dafür etwas tue, müsse man sich nicht über kriminelle Jugendliche oder Schulabbrecher unterhalten. “Das sind unsere Erfahrungen.”

Die Hausaufgabenhilfe hat tausenden Kindern in Weiden eine Zukunftsperspektive gegeben. Für 2027 hat Jost Hess das Ende angekündigt. Er erinnerte an die Verdienste seiner Frau und dankte für die Ehrung: “Ich weiß nicht, ob sie das alles so versteht. Aber sie war eine treibende Kraft. Ich bedanke mich bei Ihnen besonders für meine Frau.” Die Stadträte, Ehrengäste, Mitarbeiter, Freunde und Wegbegleiter quittierten dies mit stehendem Applaus.

Jost Hess trägt sich in das Goldene Buch der Stadt Weiden ein. Foto: Christine Ascherl
Jost Hess trägt sich in das Goldene Buch der Stadt Weiden ein. Foto: Christine Ascherl
Ein Streicher-Duett der Franz-Grothe-Schule, Nicoletta Isaak und Efraim Matz, gestaltete die Feier mit viel Würde mit Stücken von Béla Bartók. Julius Peter Schneider und Doris Schneider. Foto: Christine Ascherl
Ein Streicher-Duett der Franz-Grothe-Schule, Nicoletta Isaak und Efraim Matz, gestaltete die Feier mit viel Würde mit Stücken von Béla Bartók. Julius Peter Schneider und Doris Schneider. Foto: Christine Ascherl
Stehende Ovationen für das Lebenswerk von Jost und Ursula Hess. Foto: Christine Ascherl
Stehende Ovationen für das Lebenswerk von Jost und Ursula Hess. Foto: Christine Ascherl
Oberbürgermeister Jens Meyer (rechts) verleiht die goldene Bürgermedaille an Jost und Ursula Hess. An der Seite von Ursula Hess saßen ihre Geschwister Julius Peter Schneider und Doris Schneider. Foto: Christine Ascherl
Oberbürgermeister Jens Meyer (rechts) verleiht die goldene Bürgermedaille an Jost und Ursula Hess. An der Seite von Ursula Hess saßen ihre Geschwister Julius Peter Schneider und Doris Schneider. Foto: Christine Ascherl

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