Gregor Forster: Wie der SPD-Kandidat das schier Unmögliche möglich machen will
Eschenbach. Gregor Forster steht vor einer Mammutaufgabe. Der SPD-Bundestagskandidat des Unterbezirks muss das Direktmandat gewinnen, um sicher in den Bundestag einzuziehen. Wie er das schaffen will, verrät er im Gespräch mit OberpfalzECHO.

Wäre die Stimmung beim Wahlkampfauftakt des SPD-Unterbezirks Weiden-Neustadt-Tirschenreuth am Nikolaustag im Erbendorfer Bürgerhaus ein Gradmesser, wäre dem Polit-Newcomer aus Eschenbach das Mandat wohl ziemlich sicher. Gregor Forster präsentierte sich kämpferisch-zuversichtlich und erntete für seine emotionale Rede Standing Ovations.
Allerdings halt „nur“ von seinen Genossinnen und Genossen von der SPD. Und die ist den Umfragen zufolge deutschlandweit derzeit nicht gerade auf Rosen gebettet. Außerdem: Wann genau holte ein Sozialdemokrat im Wahlkreis Weiden zuletzt das Direktmandat für den Bundestag? Genau: noch nie.
„Direktmandat ein Meisterstück“
Für den SPD-Kandidaten Forster, der sich im Unterbezirk gegen den Tirschenreuther Gunar Prauschke durchgesetzt hatte, zählt die Vergangenheit nicht. Er sieht im Direktmandat ein „Meisterstück“. Und er zitiert Bertolt Brecht: „Wer kämpft, kann verlieren. Wer nicht kämpft, hat schon verloren.“ Wie soll dieser Kampf genau aussehen? In erster Linie wolle er mit einem umfassenden Tür-zu-Tür-Wahlkampf die Menschen im Wahlkreis überzeugen.
„Soziale Medien sind wichtig. Viel wichtiger aber ist der persönliche Kontakt. Da kannst du mit den Leuten reden, ihnen deine Vorstellungen darlegen und so vielleicht den einen oder anderen überzeugen.“ Vor allem bezüglich der Präsenz sehe er sich als Gegenentwurf der zwei anderen Weidener Bundespolitiker (Albert Rupprecht, CSU, und Manfred Schiller, AfD, Anm. d. Red.), die man nur kurz vor den Wahlen beziehungsweise überhaupt nicht sehe. „Der eine wohnt nicht mal in der Oberpfalz und vom anderen möchte ich gar nicht reden.“
Politik für Leistungsträger des Alltags
Er wolle eine Politik für die Leistungsträgerinnen und Leistungsträger des Alltags machen, hat der 43 Jahre alte Studienrat an der Realschule Auerbach (Fächer: Deutsch, Geschichte, Politik) auf seinen Wahlflyer geschrieben. Chancengleichheit, soziale Gerechtigkeit und die Stärkung des ländlichen Raums seien die Beweggründe für sein politisches Engagement. „Dabei muss immer der Mensch im Mittelpunkt stehen“, betont Forster, der Anfang der 2000er Jahre die Juso-AG in seinem Geburtsort Pressath mitgründete.
„Als die SPD nach der Ära Kohl endlich wieder das Ruder übernahm, träumte ich von einem gerechteren Deutschland und daran hat sich bis heute nichts geändert. Als Jungsozialist war ich zudem schon damals konfrontiert mit dem Wiedererstarken rechter Gesinnung, was mich in meinem Engagement für die Sozialdemokratie und gegen den Faschismus zusätzlich bestärkte.“
Gregor Forsters Ziele
Welches sind nun Gregor Forsters Ziele, die er als Bundestagsabgeordneter anpacken würde? Folgende Punkte brennen dem mit der stellvertretenden Landrätin Lina Forster verheirateten Vater dreier Kinder zuallererst auf den Nägeln:
Mobilitätswende in der Nordoberpfalz: „Der ÖPNV (Öffentlicher Personennahverkehr) kann in unserer ländlichen Struktur niemals die alleinige Lösung sein. Hier muss man deutlich facettenreicher denken. In der Nordoberpfalz gibt es bereits innovative Ansätze wie das BAXI-Rufbussystem, ein System, das zwar ein Schritt in die richtige Richtung ist, aber dringend erweitert werden muss.
Zudem brauchen wir verständliche Tarifsysteme, damit der Zugang auch älteren Menschen ohne Computer oder Smartphone problemlos möglich ist. Gerade das Deutschland-Ticket ist deshalb ein riesiger Erfolg der Ampel, ein großer Fortschritt, der unbedingt erhalten bleiben muss. Ein nächster Schritt muss sein, dass die Tarife für Kinder und Rentner nochmals speziell gestaltet werden. Ich stelle mir da ein 25-Euro-Ticket vor.“
Autonome Busse auch auf dem Land: Großes Potenzial sieht Forster in der Nutzung moderner Technologien. „Warum sollten nicht auch bei uns autonome Busse wie in den großen Städten fahren?“ Eine Kombination aus neuen Technologien und der Reaktivierung von Bahnstrecken könnte die Region besser vernetzen und auch den Anschluss an Tschechien stärken.
„Grenzüberschreitende Verkehrsprojekte sind ein entscheidender Schritt, um diese Verbindung wiederherzustellen und den Menschen auf beiden Seiten zu helfen. Schließlich haben wir in Bayern täglich circa 25.000 Einpendler nach Bayern, die die Wirtschaft dringend braucht. Außerdem ist da das leidige Thema Elektrifizierung der Bahnstrecken, die in Tschechien längst realisiert wurde.“
E-Mobilität mit PV vom Dach: Ferner werde er sich für den Ausbau der Elektromobilität einsetzen. „Die Nordoberpfalz hat viele Dächer, die mit Photovoltaikanlagen ausgestattet sind oder noch werden können. Mit lokal produziertem grünem Strom könnten Elektroautos in vielen Fällen fast kostenlos, auf jeden Fall aber günstiger betrieben werden. Wir müssen nicht auf die Ladeinfrastruktur warten, sie ist schon da in der eigenen Garage.“
Viele Menschen in der Fläche seien auf das Auto angewiesen. Hier müsse man den Bürgern ermöglichen, ihre Autos weiterhin bezahlbar zu nutzen. Das versprochene Klimageld muss endlich ausgezahlt werden, und die CO₂-Bepreisung darf niemanden überfordern. „Hier hat die SPD in der Ampel auch zu wenig getan.“ Der Studienrat unterstützt die Idee, dass Jugendliche schon ab 16 Jahren Auto fahren dürfen. Auch eine Subventionierung des Führerscheins hielte er im ländlichen Raum für sinnvoll. „Mobilität ist das Schlüsselthema bei uns, das wir mutig und innovativ anpacken müssen.“
Fachkräftemangel und bezahlbarer Strom: „Die Nordoberpfalz hat mit Unternehmen wie Siemens, Hamm, Schott, Witt und den vielen mittelständischen Betrieben eine enorme wirtschaftliche Stärke. Doch all diese Unternehmen stehen vor einer Herausforderung: dem Fachkräftemangel. Schon heute fehlen ausreichend gute Leute – von der Pflege bis zur Produktion. Wir brauchen eine klare Strategie, um die jungen Leute hierzubehalten und weitere Fachkräfte zu gewinnen.“
Das beginne mit bezahlbarem Wohnraum und der Unterstützung beim Eigenheim. Wenn man sich hier keine Wohnung leisten könne, fänden die Unternehmen auch niemanden, der hier arbeiten möchte. Hier müsse man auch die Zuwanderung gezielt fördern. „Arbeitskräfte aus dem Ausland können dazu beitragen, unseren Status quo zu sichern – sowohl in der Wirtschaft als auch im Rentensystem.“
Bezahlbarer Strom: „Insbesondere energieintensive Branchen wie Glas- oder Maschinenbau brauchen wettbewerbsfähige Strompreise.“ Aber dieser Strom dürfe nicht aus Atomkraftwerken kommen. „Wir müssen auf erneuerbare Energien setzen – die Nordoberpfalz hat hier ein riesiges Potenzial. Leider ist Bayern wegen der CSU-Politik diesbezüglich abgehängt.“
Gleichzeitig bräuchten Unternehmen Unterstützung bei der Transformation, sei es durch Digitalisierung, klimaneutrale Prozesse oder Entlastungen bei der Bürokratie. Er versichere allen Unternehmen, vor allem den Handwerksbetrieben, seinen vollen Einsatz beim Bürokratieabbau zu.
Krankenhäuser erhalten und stärken: Die Gesundheitsversorgung müsse für alle Menschen erreichbar, bezahlbar und zuverlässig sein, betont Gregor Forster. Die Krankenhäuser vor Ort müssten erhalten und gestärkt werden. Jeder Mensch sollte innerhalb von höchstens 30 Minuten ein Krankenhaus erreichen können. „Ich bin ganz klar der Meinung, dass das Gesundheitssystem in die staatliche Hand gehört. Es ist ein Irrweg der vergangenen Jahrzehnte, dass Geld aus gesetzlichen Krankenkassen an Investoren oder private Hände fließt. Dieses System funktioniert nicht, das müssen wir radikal ändern.“
Der SPD-Kandidat plädiert zusätzlich für lokale Notfallambulanzen, die mit ansässigen Ärzten und ehrenamtlichen Helfern auf Abruf arbeiten. „Das System der KVB-Notfallpraxen ist oft eine Zumutung. Hier wäre eine bessere Vergütung für Notdienste ein wichtiger Schritt. Auch mobile Arztpraxen wie zum Beispiel der hessische ‚Medibus‘ könnten in der Nordoberpfalz Versorgungslücken schließen.“
Langfristig müssten die Anreize für Ärztinnen und Ärzte gestärkt werden, sich auf dem Land niederzulassen. Dazu gehörten finanzielle Unterstützungen, eine bessere Infrastruktur für Familien und attraktive Arbeitsbedingungen. „Außerdem muss der Numerus Clausus gesenkt werden. Wir können es uns nicht leisten, geeignete Bewerberinnen und Bewerber auszusortieren. Gleichzeitig müssen Ärztinnen und Ärzte aus dem Ausland gezielt angeworben werden. Ein gutes Gesundheitssystem dürfe nicht vom Profit abhängen, müsse für die Menschen da sein – „in jeder Gemeinde, in jedem Dorf und für jeden Einzelnen“.
Mit dem Bürgerbus übers Land
Der SPD-Bewerber hat noch weitere Themen, die er bei einer erfolgreichen Wahl umsetzen will. Dazu gehört unter anderem ein Bürgerbus, mit dem Forster durch den Wahlkreis fahren will, damit er in den Gemeinden präsent sei und das Gespräch mit den Menschen suchen könne. An die noch amtierende Bundesregierung und vor allem an die Opposition appelliert Forster:
„Es gibt noch wichtige Entscheidungen zu treffen, die ab Januar direkte Auswirkungen auf unsere Familien hier haben und die von Oppositionsführer Friedrich Merz nicht blockiert werden dürfen. Bundeskanzler Olaf Scholz hat Maßnahmen vorgeschlagen, die spürbare Entlastungen bringen würden. Dazu gehört die Erhöhung des Kindergeldes und die Erhöhung des Grundfreibetrags, wodurch die Familien mehr Geld in der Tasche haben.“
Das Deutschland-Ticket sollte verlängert werden, und, besonders wichtig, seien Maßnahmen, um die Energiekosten für Haushalte zu senken. Forster plädiert für staatliche Subventionen für Strompreise, Förderungen für den Austausch alter Heizsysteme und ein konsequenter Ausbau erneuerbarer Energien. „All das könnte sowohl eine kurzfristige Entlastung bringen als auch langfristig dazu beitragen, die Energiekosten stabil und bezahlbar zu halten.“
„Nah an den Menschen“
Seinen Wahlkampf beschreibt Gregor Forster kurz und bündig: „Nah an den Menschen. Ich will, dass die Bürgerinnen und Bürger mich kennenlernen. Bei diesem Winterwahlkampf müssen sich nicht nur die Bürger und ich warm anziehen, sondern auch meine Mitbewerber.“
Natürlich sei der Wahlkampf eine enorme Belastung, vor allem für seine Familie. „Ich bin nicht nur Bundestagskandidat, sondern auch Lehrer. Und meine Schülerinnen und Schüler verdienen guten Unterricht. Meine Frau Lina und unsere drei Kinder tragen viel dazu bei, dass ich diese Doppelbelastung bewältigen kann. Sie sind stolz auf mich, und das gibt mir viel Kraft. Außerdem habe ich ein gesundes Netzwerk aus Freunden und Bekannten, das uns unterstützt.“
Sollten all diese Wünsche, Unterstützungen und Hoffnungen in Erfüllung gehen, hat Gregor Forster tatsächlich eine Art Meisterstück gemacht.
* Diese Felder sind erforderlich.