Großschleusung in Tirschenreuth – Bundespolizei greift 47 Migranten auf

Waidhaus. Die Serie reißt nicht ab. Nach einem Bürgerhinweis konnte die Bundespolizei am Mittwochabend zwischen Tirschenreuth und Mitterteich 47 illegal eingeschleuste Migranten aufgreifen. Sie wurden zur Bundespolizei Waidhaus gebracht.

Bundespolizei Übergang Waidhaus Kontrollen Flüchtlinge
Diese Familie war Teil der Geschleusten-Gruppe, die am Mittwochabend bei Tirschenreuth aufgegriffen wurde. Das Foto entstand mit Einverständnis der Eltern in einem Container der Bundespolizei Waidhaus. Foto: Christine Ascherl

Es handelt sich nach Auskunft von Bundespolizeisprecher Tobias Pfeiffer um türkische, syrische und irakische Staatsangehörige. Zum Großteil sind es Familien. Eine Familie hat zehn Kinder dabei. Eine Anwohnerin hatte gegen 20 Uhr mehrere arabisch aussehende Personen an der B15 gemeldet. 

Bei einer sofort eingeleiteten Fahndung wurden 47 Personen rund um Tirschenreuth festgestellt. Kräfte der Bundespolizei Waidhaus, der Polizeiinspektionen Waldsassen, Tirschenreuth sowie der Verkehrspolizeiinspektion aus Weiden brachten mehrere Gruppen ins Feuerwehrhaus Tirschenreuth. Dort konnten sich die Menschen aufwärmen und wurden mit Getränken versorgt. Pfeiffer dankt den Kollegen der Landespolizei und der Feuerwehr für die Zusammenarbeit.

Aufgriffszahlen gehen steil nach oben

Die Aufgriffszahlen an der deutsch-tschechischen Grenze gehen damit steil nach oben. Innerhalb der letzten zehn Tage registrierte die Bundespolizei Waidhaus 183 illegale Einreisen, was etwa einer Verdreifachung entspricht. Bisher waren es heuer bis September 2102 illegale Einreisen.

In der Bundespolizeiinspektion in Waidhaus herrscht am Donnerstagvormittag Hochbetrieb. In den Zellen im Keller warten männliche Migranten. Die Großfamilie darf im Container auf dem Hof frühstücken. Für die Kinder scheint alles ein großes Abenteuer: Sie winken jedem Polizisten, der am Containerfenster vorbeigeht.

Wieder viele türkische Staatsangehörige

Alle Eingereisten (ab 6 Jahre) müssen erkennungsdienstlich behandelt werden: Fingerabdrücke werden genommen, Fotos gemacht. Weil die Bundespolizei Waidhaus diese Woche sprichwörtlich an ihre Grenzen stößt, sind 18 Angehörige der Gruppe zur weiteren Bearbeitung an die Kollegen in Passau abgegeben worden.

Es zeichnet sich ab, dass alle Asylantrag stellen wollen. Sie werden damit nach der Bearbeitung zur Erstaufnahmeeinrichtung der Regierung nach Regensburg weitergeschickt. Sie kommen aus Syrien, dem Irak und der Türkei. Das entspricht aktuellen Zahlen des BAMF (Bundesamt für Migration und Flüchtlinge). Bis Ende Juli wurden 23.000 türkische Asylanträge gestellt. Damit steht die Türkei inzwischen an Top 3 der Herkunftsländer hinter Syrien und Afghanistan. Oft handelt es sich um Kurden.

Ermittlungsgruppe will die Schleuser

Im Keller der Inspektion befindet sich auch das Vernehmungszimmer. Ein Dolmetscher ist eingetroffen. Im Fokus der Ermittler steht die Schleuserkriminalität, der Einhalt geboten werden soll. Die Migranten geben an, in einem Lkw nach Deutschland gebracht worden zu sein.

Der Aufgriff vom Mittwoch ist der zweite größere innerhalb einer Woche. Erst am Tag davor waren bei Leuchtenberg 38 Migranten eingesammelt worden. Die Aufgriffe zeigen auch, dass die neu eingeführten Kontrollen nicht lückenlos sein können. Täglich kommen über die A6 bei Waidhaus rund 20.000 Fahrzeuge ins Land, darunter 3000 Busse und Lkw. Es ist unmöglich, jeden zu kontrollieren.

Bundespolizei Übergang Waidhaus Kontrollen Flüchtlinge
Tobias Pfeiffer, Sprecher der Bundespolizei. Foto: Christine Ascherl

Autobahnverkehr wird über Parkplatz umgeleitet

Dennoch sind die Zahlen beeindruckend. Allein am Wochenende (20. bis 22. Oktober) sind am A6-Parkplatz Ulrichsberg 3500 Personen überprüft worden. Gegen 20 Personen lagen Haftbefehle vor. Auf der Autobahn ist keine freie Fahrt mehr möglich. Ausnahmslos alle Fahrzeuge aus Tschechien werden durch die Kontrollstelle am Parkplatz geleitet. Es gibt keine Möglichkeit, vorher von der Autobahn abzufahren. Der Trichter hilft bei der Auswahl der zu kontrollierenden Fahrzeuge.

Die stationäre Kontrollstation an der A6 ist laut Bundespolizeisprecher Pfeiffer nicht die einzige Maßnahme in der momentanen Situation. Auch die Straßenübergänge in Eslarn und Waidhaus werden überwacht. Der Zoll unterstützt. Vor dem Hintergrund der jüngsten Aufgriffe läuft verstärkte Schleierfahndung. Man sei durch Unterstützungskräfte, unter anderem aus Sankt Augustin (Bonn) verstärkt worden. Zahlen nennt Pfeiffer nicht.

Neues Herzschlag-Messgerät für Lkw

Am Donnerstagvormittag trifft am Ulrichsberg auch Michal Vodrazka von der tschechischen Firma Grant Detection ein. Er übergibt an die Einsatztechniker der Bundespolizei Waidhaus ein neues Gerät: ein Herzschlagmessgerät. Es ermöglicht die Untersuchung der Ladefläche, ohne den Lkw zu öffnen und die Verplompung zu lösen. Wenn der Fahrer ausgestiegen ist, wird das kleine Gerät an den Lkw montiert. Schlägt es an, sind Menschen drin. Nach Auskunft von Vodrazka wird das Gerät bereits in zehn Ländern der EU eingesetzt.

Zeugenaufruf:

Die Suche nach dem Fahrer des mutmaßlichen Schleusungs-Lkw läuft derzeit auf Hochtouren. Er muss sich wegen des Einschleusens von Ausländern nach Deutschland verantworten.

Die Waidhauser Bundespolizei hat die Ermittlungen gegen den (noch) unbekannten Lkw-Fahrer aufgenommen. Wer an der B15 zwischen Tirschenreuth und Mitterteich am Mittwochabend, 25. Oktober, von 19 bis 20 Uhr Wahrnehmungen zu einem Kleinlaster oder Lkw gemacht hat, von dessen Ladefläche Personen ausstiegen, wird gebeten, die Bundespolizeiinspektion Waidhaus unter Telefon 09652/82060 zu kontaktieren.

Die Container auf dem Hof der Bundespolizei. Foto: Christine Ascherl
Die Container auf dem Hof der Bundespolizei. Foto: Christine Ascherl
Das Vernehmungszimmer der Bundespolizei. Ziel ist die Ermittlung der Schleuser. Ein Dolmetscher übersetzt. Foto: Christine Ascherl
Das Vernehmungszimmer der Bundespolizei. Ziel ist die Ermittlung der Schleuser. Ein Dolmetscher übersetzt. Foto: Christine Ascherl
Die Habseligkeiten eines Syrers: Pass, Schmerztabletten, Ladekabel und Feuerzeug. Foto: Christine Ascherl
Die Habseligkeiten eines Syrers: Pass, Schmerztabletten, Ladekabel und Feuerzeug. Foto: Christine Ascherl
Ein Angehöriger der Geschleustengruppe aus Tirschenreuth bei der Abnahme der Fingerabdrücke. Foto: Christine Ascherl
Ein Angehöriger der Geschleustengruppe aus Tirschenreuth bei der Abnahme der Fingerabdrücke. Foto: Christine Ascherl
Die Zellen im Keller der Bundespolizei. Hier warten Geschleuste auf ihre Sachbearbeitung. Die meisten nutzen die Zeit zum Schlafen. Foto: Christine Ascherl
Die Zellen im Keller der Bundespolizei. Hier warten Geschleuste auf ihre Sachbearbeitung. Die meisten nutzen die Zeit zum Schlafen. Foto: Christine Ascherl
Rund 40.000 Fahrzeuge fahren täglich auf der A6 in beide Richtungen. Foto: Christine Ascherl
Rund 40.000 Fahrzeuge fahren täglich auf der A6 in beide Richtungen. Foto: Christine Ascherl
Die A6 aus Richtung Tschechien: Nichts geht mehr. Zuletzt war das während der Corona-Pandemie der Fall. Foto: Christine Ascherl
Die A6 aus Richtung Tschechien: Nichts geht mehr. Zuletzt war das während der Corona-Pandemie der Fall. Foto: Christine Ascherl
Ausnahmslos alle Fahrzeuge müssen durch die Kontrollstelle am Parkplatz Ulrichsberg. Foto: Christine Ascherl
Ausnahmslos alle Fahrzeuge müssen durch die Kontrollstelle am Parkplatz Ulrichsberg. Foto: Christine Ascherl
Kontrolle an der A6. Foto: Christine Ascherl
Kontrolle an der A6. Foto: Christine Ascherl
 Michal Vodrazka von der tschechischen Firma Grant Detection zeigt Bundespolizisten, wo das Herzschlagmessgerät angebracht wird. Foto: Christine Ascherl
Michal Vodrazka von der tschechischen Firma Grant Detection zeigt Bundespolizisten, wo das Herzschlagmessgerät angebracht wird. Foto: Christine Ascherl
Das Herzschlagmessgerät soll helfen, illegale Migranten in Lkw zu finden. Foto: Christine Ascherl
Das Herzschlagmessgerät soll helfen, illegale Migranten in Lkw zu finden. Foto: Christine Ascherl

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