Jahn in Liga 2: Abschiedstournee mit Strohhalm gegen Schalke 04

Regensburg. Und wieder grüßt das Murmeltier: Der SSV Jahn lädt zur nächsten Episode der beliebten Endzeitserie: Wer glaubt noch dran? Abstiegsdrama in 34 Teilen. Diesmal als Stargast a.D.: Schalke 04 – von der Champions League in die Dauerkrise.

Kleine Schalker Fans sind auch nicht gerade aus dem Häuschen bei der Magerkost gegen den SSV Jahn. Foto: jrh

Was bleibt noch zu sagen nach 28 Akten einer Tragikomödie, die eher Beckett als Bundesliga ist? Die Oberpfälzer taumeln, wanken, stolpern – aber noch stehen sie. Irgendwie. Rein rechnerisch steht die Tür immer noch einen Spalt breit offen. Und wie wir aus „Per Anhalter durch die Galaxis“ wissen: Der Sinn des Lebens ist 42.

42 Punkte sind zwar nicht mehr zu erreichen, aber 37 würden wohl auch reichen. Dass die Oberpfälzer jetzt aber eine Siegesserie wie in der Hinrunde der vergangenen Drittliga-Saison hinlegen, ist so wahrscheinlich, wie Douglas Adams unendlicher Unwahrscheinlichkeits-Drive.

Jahn-Kapitän Geipl: Kopf aus, Herz an

Der Kapitän verlässt zuletzt das sinkende Mannschaftsschiff. Deshalb ist der Routinier als psychologische Stütze in diesen schweren Tagen besonders gefragt. Nach dem Elversberg-Waterloo machte Andi Geipl aus seinem Herzen keine Mördergrube: „Es ist schwer, Worte zu finden. Nach dem Heimsieg in Nürnberg haben wir uns viel vorgenommen. Davon haben wir heute gar nichts auf den Platz bekommen.“ Der Jahn habe sich vom saarländischen Fußball-Dorf vorführen lassen.

Weil wir nicht in die Zweikämpfe gekommen und nur hinterhergelaufen sind. Ein 0:6 spricht für sich. Andi Geipl

Da fehlten dem Schafkopf-Profi die Worte: „Wir haben uns fest vorgenommen, ein anderes Gesicht zu präsentieren, das ist uns nicht gelungen. Wir waren heute im Kopf nicht da. Es wird nicht einfacher, aber wenn wir uns weiterhin auswärts so präsentieren, keine Chance.” Klingt noch nicht ganz wie eine Durchsage im Maschinenraum der Titanic: „Volle Fahrt voraus!“ Eher: „Gefühlt könnte es sein, dass wir uns dieses Mal wirklich reinhängen!“ Oder, um es in Fußballphilosophie zu übersetzen: Wenn der Kopf schwer ist, werden die Beine lahm – also denkt nicht, lauft!

Jahn-Trainer Patz entschuldigt sich

Jahn-Trainer Andi Patz musste sich erstmal für den Anti-Auftritt seiner Truppe entschuldigen: „Es war in keiner Weise das, was wir zeigen wollten. Es war ein Klassenunterschied.“ Außer in den ersten Minuten habe man in keiner Spielphase die notwendigen Grundtugenden gezeigt. „Von Intensität, Zweikampfführung oder Laufbereitschaft war nichts zu sehen.“ Individuelle Fehler und Ausfälle hätten zu dem katastrophalen Ergebnis geführt.

„Diese Art und Weise ist nicht, wie wir Spiele angehen und Fußball spielen wollen.“ Der Auftritt sei inakzeptabel gewesen. „Das können wir so nicht stehen lassen. Das ist nicht der SSV Jahn und nicht das, was wir den Fans schuldig sind.“ In den letzten sechs Spielen erwarte er von allen Spielern, die auf dem Feld stehen, alles zu geben und für den Verein einzustehen. Aber hey – wenn schon untergehen, dann bitte mit aufrechtem Gang und offener Sohle. „Wir sind in einer Situation, in der es keinen Platz mehr für Ausreden gibt. Jetzt zählt nur noch: alles raushauen.“

Schalke-Trainer warnt: Regensburg beißt

Auf Schalke will man freilich von einer g’mahten Wies’s auf dem Regensburger Acker nichts wissen. Nicht, dass in der Oberpfalz ein unerwarteter Eisberg auch noch das Gelsenkirchener Schiff zum blamablen Kentern bringt. Kees van Wonderen, der niederländische Übungsleiter der Knappen, warnt in der PK mit typisch holländischem Understatement: „Sie haben nichts zu verlieren. Das macht sie gefährlich. Wir dürfen ihnen keine Räume geben – sie können laufen, sie sind mutig.“

Kurzum: Der Trainer rechnet mit einem kampfstarken Jahn – wahrscheinlich auch, weil sie das 2:0 aus dem Hinspiel keineswegs so souverän über die Bühne schaukelten, wie sich das Ergebnis anhört. Gerade gegen einen Gegner, der 18 seiner 19 Punkte zu Hause geholt hat.

Das ist ein Gegner, der sehr viele Zweikämpfe macht im Spiel, eine Kämpfermannschaft – so sind sie in der Lage, zu Hause die Punkte auch gegen große Gegner zu holen. Deshalb müssen wir wach sein! Kees van Wonderen

Zahlen, die keiner hören will – aber alle kennen

  • Schalke: 48 Tore – immerhin.
  • Jahn: 26 Tore – autsch.
  • Schalke: Aufstiegskandidat im Kader, Abstiegskandidat auf dem Platz.
  • Jahn: Umgekehrt wär’s uns lieber.
  • Aber: Schalke hat 50 Gegentore kassiert – da geht was.

Fazit: Der letzte Strohhalm liegt bereit – wer greift zu?

Was jetzt zählt, ist kein Taktikfeuerwerk. Kein gepflegtes Kurzpassspiel. Was zählt, ist der Wahnsinn. Der Wille. Der letzte Funke, den es braucht, um das fast schon erloschene Feuer doch noch mal aufflackern zu lassen.

Kopf aus – Beine an.
Den Sinn des Lebens suchen wir später. Jetzt wird gekämpft.

PS. Wie man’s richtig macht, zeigt gerade im Freitagsspiel der letzte realistische Konkurrent um den Relegationsplatz: Eintracht Braunschweig gewinnt beim HSV mit 4:2 – ade, du schnöde Fußballwelt!

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