Jahn in Liga 2: Engagiert, aber „lost“ auch in Karlsruhe

Karlsruhe. So nah dran war der SSV Jahn selten an einem echten Erfolgserlebnis wie heute Abend bei einem verunsicherten Karlsruher SC. Zweimal in Führung, zwei krumme Elfer für den KSC und dann gnadenlos ausgekontert. Regensburg lebt, aber nur noch auf der Intensivstation der Zweiten Liga.

Zum Schluss jubeln immer die anderen: Fabian Schleusener macht den Sack für den KSC zum 4:2 zu. Foto: jrh

Am heutigen Abend hat es sicher nicht gelegen, dass der SSV Jahn abgeschlagen am Tabellenende der Zweiten Bundesliga überwintern muss – zumal im Parallelspiel Münster auch noch drei Punkte aus Berlin entführte. Die Regensburger haben heute, wie von Chef-Trainer Andi Patz versprochen, deutlich sichtbar alles hineingeworfen, was die Oberpfälzer an Mitteln zur Verfügung haben.

Und das hätte gegen einen ebenfalls verunsicherten Karlsruher SC durchaus für einen Erfolg reichen können, weil Christian Viet nach einer Flanke aus zwölf Metern Volley abzieht und Marcel Franke reflexartig den Arm hochreißt wie weiland der unselige Marc Cucurella. Schiri Felix Prigan zeigt auf den Punkt – Elias Huth zittert den Strafstoß Keeper Max Weiß in die Arme, aber Prigan lässt wiederholen, Weiß hat sich zu früh von der Linie bewegt (17.).

Mit dem Hintern eingerissen

Ja, ist denn heute schon Weihnachten? Christian Kühlwetter darf’s jetzt auch mal versuchen, schießt nicht viel besser, halbhoch in die Mitte, Weiß ist noch mit dem Fuß dran – aber sei’s drum, der Ball netzt ein, Kühlwetters erster Treffer in 16 Saisonspielen, 0:1 (19.). Wenn das mal nicht ein gutes Omen ist, oder? Von wegen: Wenn die hektischen Jahn-Akteure nicht mit dem Hintern einreißen würden, was sie sich zuvor hart erarbeiteten.

Statt die – nicht unverdiente – 1:0-Führung mit in die Pause zu nehmen, serviert Rasim Bulic, der zuvor in Vorstopper-Manier alles abräumte, was gefährlich in die Box kam, unbedrängt mit einem blinden Ball aus dem eigenen Strafraum in die Mitte zum Gegenschlag: Budu Zivzivadze geht ein paar Schritte, spielt in die Gasse für Fabian Schleusener, Jahn-Keeper Felix Gebhardt pariert zum wiederholten Mal, der mitgelaufene Zivzivadze köpft den Abpraller ins leere Tor, 1:1 (45 + 2).

Elfer nach 11 Sekunden

Auch nach der Pause sieht das – nach einem ersten Schockmoment – gar nicht mal so schlecht aus für das Schlusslicht: Erst pfeift der junge Schiri Prigan 11 Sekunden (!) nach Wiederanpfiff einen halbseidenen Elfer, weil Zivzivadze gefühlte Minuten nach einem Stolperer über Bryan Heins Fuß zu Boden geht – ausgleichende Gerechtigkeit: Zivzivadze schießt flach rechts in Gebhardts Arme, der die Kugel im Nachfassen dingfest macht (47.).

Und dann legt derselbe Hein einen langen Ball von Keeper Gebhardt links an seinem Gegenspieler vorbei, geht zur Grundlinie, legt quer auf Eric Hottmann, der das Leder über die Linie drückt, 1:2 (49.). Ein kleines Wunder liegt jetzt in der feucht-kalten Karlsruher Luft. Wenig später streift Kühlwetters Flachschuss aus 18 Metern nur knapp am linken Pfosten vorbei (53.). Das hätte es mal sein können für die Regensburger.

Jahn-Trainer Andi Patz kann seiner tapfer kämpfenden Jahn-Elf in Karlsruhe nichts vorwerfen. Foto: jrh

Elfer-Liebhaber Prigan schlägt wieder zu

Stattdessen geht es bald darauf auf der anderen Seite steil den Bach hinab für die Gäste: Elfer-Liebhaber Prigan zeigt erneut auf den Punkt: Dabei schubst kurz vorm Fünfer erst Schleusener Bulic, der ins Straucheln gerät und den Angreifer leicht mit sich zieht – Stürmerfoul wäre die richtigere Entscheidung gewesen. Aber wenn du Pech am Schuh kleben hast … (55.). KSC-Kapitän Marvin Wanitzek verwandelt unhaltbar hoch links, 2:2 (56.).

Noch einmal hätte die Partie in die andere Richtung kippen können, aber Elias Huth hat den falschen Tag erwischt, um seinen Startelf-Einsatz zu vergolden: Nach einem Steckpass ist er halblinks frei durch, KSC-Keeper Weiß verkürzt den Winkel und macht Huths Chance zunichte (58.). Da ist Karlsruhe einfach effektiver: Der eingewechselte Luca Pfeiffer mit einem kroosesken Ball von der Mittellinie in die Tiefe auf Zivzivadze, der entwischt der Verfolgung durch die gesamte Jahn-Abwehr und schlenzt das Ding aus rund elf Metern links neben den Pfosten ins Netz, 3:2 (62.).

Der KSC will den Handelfer für den SSV Jahn nicht wahrhaben. Foto: jrh

Zu viele Fehler für diese Liga

Letzte Ausfahrt für Andi Patz: Der Jahn-Coach schmeißt Noah Ganaus und Mansour Ouro-Tagba für Huth und Hottmann ins Getümmel (77.). Vor allem Ouro-Tagba haut sich auch gleich richtig rein, fällt aber mehr durch übermotivierte Schubser als gefährliche Strafraumszenen auf. Der Jahn kämpft weiter verbissen, aber es fehlt die Ruhe am Ball, der einfach immer wieder zu schnell weg ist – Fehlpässe im Zentrum laden die Karlsruher zum finalen Todesstoß ein.

Schließlich schickt Zivzivadze auf der linken Außenbahn Pfeiffer auf die Reise, der legt für Schleusener quer, der aus sieben Metern keine Mühe hat, den Sack zum 4:2 dichtzumachen (86.). Jetzt darf sich auch noch Dominik Kother bei seinem ehemaligen Verein blicken lassen – er kommt für den glücklosen Kapitän und Ackergaul Andi Geipl (87.).

Hat sich viel vorgenommen: Wenig klappt beim KSC gegen den SSV Jahn. Foto: jrh

Vergeblich gekämpft, gebissen und gekrallt

Fazit: Man kann dieser Mannschaft nichts vorwerfen: So wie sie heute gekämpft, gebissen und gekrallt hat, hätte sie sich mindestens einen Punkt verdient. Mit derselben Galligkeit in allen vorangegangenen Spielen hätte der SSV Jahn wohl schon einige Zähler mehr auf dem Konto. Die Wahrscheinlichkeit eines Abstiegs liegt jetzt – hat ein neunmal kluger Statistiker errechnet – bei über 80 Prozent.

Na prima, SSV! Du hast nichts mehr zu verlieren, bist fast chancenlos, also immer weiter. Und für die Verantwortlichen heißt das, wir schrieben es bereits: Bitte alle Kassen durchforsten und nach Verstärkung Ausschau halten. Denn diese tapfere, aber überforderte Jahn-Elf muss an jedem Spieltag weit über ihre Grenzen gehen, um in dieser Zweiten Bundesliga noch relevant zu punkten. Man muss sich ja nicht gleich verschulden: Wir wären schon, wie an anderer Stelle aufgelistet, mit ehemaligen Kämpen zufrieden, die aufgrund ihrer Lage kaum Millionengagen aufrufen können.

Jahn-Trainer Andi Patz kann seiner tapfer kämpfenden Jahn-Elf in Karlsruhe nichts vorwerfen. Foto: jrh

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