Jahn in Liga 2: Mit Monstermentalität zwei Punkte zu wenig gegen den HSV
Regensburg. Da war sie endlich mal wieder, die lang vermisste Monstermentalität des SSV Jahn. Gegen den HSV sind es nach einem lächerlichen und einem dummen Strafstoß am Ende zwei Punkte zu wenig. Sargis Adamyans Führungstreffer gleicht Davie Selke im zweiten Versuch vom Punkt aus.

Hätte, wäre, wenn: Dieses Gesicht des SSV Jahn über die ganze Saison und die Regensburger würden heute nicht mit 15 Punkten am Tabellenende in den Seilen festhängen. Die Tiefboden-Schlacht gegen den haushohen Favoriten Hamburger SV macht deutlich, was für die Oberpfälzer auch in dieser Liga drin gewesen wäre – und hoffentlich noch immer drin ist.
96 Minuten leidenschaftlicher Fight gegen einen HSV, der anders als Hertha BSC durchaus versucht, die Regensburger mit hoher Spielkultur, Flankenläufen des blitzschnellen Jean-Luc Dompé und Regieanweisungen des spielintelligenten Miro Muheim unter Kontrolle zu bringen.
Aber die Oberpfälzer doppeln und trippeln fast jede Offensivaktion, schmeißen sich in jeden Ball und geraten eben nicht in Versuchung, sich nur hinten zu verschanzen – vor allem in der zweiten Hälfte hat das Schlusslicht optisch auch in der Offensive ein Übergewicht.
Schiri verliert die Übersicht
Schade nur, dass Regensburg den Blitzkonter nach nur 6 Minuten, als sich Eric Hottmann bei seinem Solo bis zur Grundlinie von nichts und niemandem beirren lässt und für den mitgelaufenen Sargis Adamyan auflegt, der zum 1:0 einnetzt, in den folgenden 90 Minuten nicht mehr wiederholen kann. Und wer den Sack nicht zumacht …
Dass Schiri Lars Erbst in dieser – trotz eisiger Temperaturen – hitzigen Abnutzungsschlacht phasenweise die Übersicht verliert, ist bitter, wenn auch glücklicherweise nicht spielentscheidend. Der erste Elfmeter nach Poldi Wurms zärtlicher Berührung von Dompés Schulter ist ein schlechter Treppenwitz der Kölner Keller-Geschichte, den Jahn-Keeper Felix Gebhardt als ausgleichende Gerechtigkeit gegen Davie Selkes suboptimale Ausführung pariert (54.).
Und dann noch der dumme Elfer
Dass Emir Sahiti wegen angeblicher Schwalbe Gelb sieht, nachdem er auf einen Regensburger Verteidiger aufgelaufen ist (74.), ist ebenfalls eine grobe Fehlentscheidung mit Folgen für die Hanseaten – weil er sich wenig später zu sehr echauffiert, muss er mit Gelbrot vom Platz (76.).
Der zweite Elfer für den HSV dagegen ist ebenso unstrittig wie überflüssig – wie so oft ist Rasim Bulic, der bis zu dieser Aktion im und vor dem Strafraum alles mit großem Kämpferherz abgeräumt hat, einmal mehr mit seiner hibbeligen Hyperaktivität drüber und ebnet Selke die zweite Chance vom Punkt, den der mittig versenkt, 1:1 (83.).
In Münster bitte kein Ulm-Desaster!
Am Ende steht ein Remis, das beiden nicht so richtig weiterhilft – für den SSV Jahn tabellarisch ohnehin nicht, aber zumindest sollte dieser Auftritt die Moral der Truppe stärken. Wenn, und da sind wir wieder beim Satz mit der Fahrradkette, dem beherzten Fight von heute in Münster ein mindestens vergleichbarer Monstermentalitäts-Ruck folgt – und nicht ein blasser Kick wie in Fürth nach zuvor überzeugendem 2:0 gegen die Hertha.
Am kommenden Samstag, 13 Uhr, hat der Jahn bei Preußen Münster (16., 20 Punkte) innerhalb weniger Wochen zum zweiten Mal nach Ulm (17., 17 Punkte) die Chance, einem direkten Konkurrenten um den Relegationsplatz so richtig auf die Pelle zu rücken. Wie man so eine Gelegenheit mal so richtig versemmelt, haben die Oberpfälzer beim 1:5 in Ulm vorgemacht. Eine Woche später geht es beim zweiten Auswärtsspiel in Folge zum Tabellendritten Kaiserslautern auf den Betzenberg, wo die Punkte noch höher hängen.
Das ungleiche Duell SSV-HSV im Schnelldurchlauf
- Einwurf von links, Ransford-Yeboah Königsdörffer verliert kurz vor der Box die Kugel (2.). Miro Muheim versucht es aus der Distanz und wuchtet dabei Christian Kühlwetter um (5.).
- Der Jahn nutzt die Räume und kontert: Steilpass auf Eric Hottmann, der seinen Vorsprung zunächst nicht nutzt, um direkt auf Daniel Heuer Fernandes zuzusteuern, stattdessen links im Strafraum durch Mann und Maus zur Grundlinie marschiert, querlegt, wo Sargis Adamyan genau dort auftaucht, wo ein Stürmer mit Torriecher zu stehen hat – und die Kugel vom Fünfer einschiebt, 1:0 (6.).
- Der HSV kombiniert sich immer wieder gefällig in den Regensburger Strafraum, Ransford Königsdörffer bleibt aber an einem Maulwurfhügel oder Regensburger Zeh hängen (9.). Auch Silvan Heftis Querpass geht ins Leere (10.). Schließlich versucht es Jean-Luc Dompé mit Tempo über links, Flanke nach rechts, Emir Sahiti hält mit links drauf, Jahn-Keeper Felix Gebhardt begräbt Kugel und die Hamburger Ausgleichshoffnung (16.).
- Auf der anderen Seite zischt Anssi Suhonens Versuch – halb Schuss, halb Flanke – von rechts ans Außennetz. Der vom HSV geliehene Finne legt heute 20 Prozent Engagement obendrauf (20.). Und sein Ex-Kollege und HSV-Kapitän Sebastian Schonlau nimmt sich ein Beispiel und visiert im Klärungsversuch das eigene Außennetz an (21.). Apropos Suhonen: Jetzt zieht er glatt aus 25 Metern zentral ab, Heuer Fernandes stoppt die Kugel mit der Brust (24.).
- Davie Selke wird erstmals verhaltensauffällig, seine Flanke von rechts in den Strafraum rutscht zu Dompé durch, kurz mit der Brust gestoppt und dann Volley drauf, aber zu viele Beine im Weg (25.). Ecke HSV von links, Königsdörffer verlängert am ersten Pfosten, Selke kann die Kugel im Luftkampf gegen konsequente Regensburger nicht platzieren (27.). Auch Sahitis Schuss von halbrechts an der Strafraumkante bereitet Gebhardt wenig Kopfzerbrechen (37.).
- Nochmal eine Selke-Flanke von rechts zur Ecke geklärt – Muheims meilenweiten Eckstoß köpft Selke zurück Richtung Mitte, aufgeregtes Durcheinander rund um den Fünfer, Königsdörffers Versuch aus dem Pulk ist eine bessere Rückgabe (42.). Dompé rast wieder links an Wurm vorbei, Flanke vor den Kasten, Marco Richter verfehlt die Kugel, Muheim schwächelt beim Abschluss (45.).
Zurück aus den Katakomben
- Der Jahn kommt beherzt aus der Kabine und übernimmt erstmal die Regie. Es sieht lange gut aus für die Oberpfälzer, bis Schiri Lars Erbst die sich anbahnenden Glücksgefühle auf den ausverkauften Rängen jäh beendet. Dompé marschiert in die Box, Wurm legt maximal vorsichtig eine Hand auf dessen Schulter, Dompé fällt maximal dramatisch, Erbst zögert und deutelt dann doch auf den Punkt. Ausgleichende Gerechtigkeit: Maskenmann Selke schiebt das Spielgerät flach in die linke Ecke, Jahn-Keeper Felix Gebhardt hält die Kugel fast fest (54.) – und wird triumphal gefeiert, durchpusten!
- Das gibt nochmal Auftrieb für den Tabellenletzten: Adamyan findet eine Lücke, das Schüsschen ist aber keine Herausforderung für Heuer Fernandes (60.). Jahn-Konter über Bryan Hein, dessen Hereingabe wird zur Ecke geblockt (63.). Flanke von links verfehlt Sebastian Ernst knapp zwei Meter neben dem rechten Torpfosten (64.).
- Jetzt kontert auch mal der HSV, Dompé zieht ab, kein Problem für Gebhardt (68.). Emir Sahiti avanciert zur tragischen Figur: Erst läuft er im Strafraum einem Regensburger hinten auf und sieht überraschenderweise Gelb unter Schwalbenverdacht (74.). Zwei Minuten später tut er dem Jahn den Gefallen, den Ball nach Freistoßpfiff wutentbrannt wegzuwerfen und kassiert Gelbrot (76.).
- Adamyan visiert von rechts den eingewechselten Christian Viet in Elfmeterpunktnähe an, der geht bei William Mikelbrencis Klärungsversuch zu Boden, vorher hatte der aber wohl den Ball getroffen (79.).
- Drei Minuten nach seiner Einwechslung lässt sich Daniel Elfadli vom hyperaktiven Rasim Bulic im Strafraum umrennen – das kann man wirklich klüger lösen: Gebhardt fliegt wieder in die vom Schützen aus betrachtet linke Ecke, Selke trifft flach mittig, 1:1 (83.).
- Adamyans Ecke von rechts wird erst geklärt, Viet bekommt den zweiten Ball, Heuer Fernandes wehrt zur Seite ab (85.). Und nach Patzer von Dennis Hadzikadunic darf Viet halblinks an der Strafraumkante ein zweites Mal ran, freie Schussbahn, kläglich drüber (88.).
- Elfdali fasst im Luftduell Elias Huth ins Gesicht und sieht Gelb. Der eingewechselte Tim Handwerker touchiert mit dem fälligen Freistoß aus 25 Metern zentral die Mauer, Ecke (90. + 2).
- Ganz zum Schluss bäumt sich auch der HSV nochmal auf: Adam Karabec zirkelt einen Freistoß von rechts in den Strafraum, der Jahn klärt zur Ecke – und noch eine Ecke, Karabec stochert die Kugel vom Fünfer weit über die Latte (90. + 6). Das war’s dann!
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