Jahn in Liga 2: Mitaufsteiger SSV Ulm als richtungsweisender Gradmesser

Regensburg. Der Auftakt in der Zweiten Bundesliga verlief für beide enttäuschend: In Hannover kann man verlieren, aber die Gegenwehr war Jahn-Trainer Joe Enochs zu wenig giftig. Und der SSV Ulm ließ sich nach Führung gegen Kaiserslautern noch alle drei Punkte vom Silbertablett klauen.

Beim Rückrundenduell in Liga 3 machte der SSV Ulm durch den 1:0 Erfolg gegen den SSV Jahn einen großen Schritt Richtung Meisterschaft. Foto: jrh

Die Ausgangslage war klar. Hannover 96 gilt einigen Experten als Geheimfavorit für den Aufstieg in die Bundesliga. Punktuell verstärkt will das Team von Stefan Leitl – unter dem Radar der anderen Topteams wie HSV, Köln und Schalke – zurück ins Oberhaus.

Vor diesem Hintergrund hat man als Aufsteiger in Niedersachsens Hauptstadt vor 30.000 Zuschauern eigentlich wenig zu melden. Eigentlich, denn die Erfahrung der vergangenen Jahre spricht eine andere Sprache. Gerade zu Beginn der Saison sind den Außenseitern im Allgemeinen und dem Jahn im Besonderen manch dicke Überraschung gelungen.

Nicht selten mit einem Start in den Top-3-Plätzen. Oft dem geschuldet, dass sich die Favoriten mit starken Zugängen erst so richtig finden mussten. Wenn Regensburg aber seinem unfreiwilligen Motto treu bleibt, die meisten Punkte wieder in der Vorrunde einzusammeln, dann ist der Vergleich gegen Mitaufsteiger SSV Ulm am Freitag, 18.30 Uhr, schon ein richtungsweisender Gradmesser.

Ulms Trainer stapelt ganz tief

Wie die meisten Trainer stapelt auch Ulms Chefcoach Thomas Wörle vor der Begegnung mächtig tief und verweist auf die ach so große Zweitliga-Erfahrung der Oberpfälzer, während seine kleinen Spatzen am Sonntag gegen Kaiserslautern in der Addition gerade mal auf 24 Einsätze in der 2. Liga gekommen wären: „Regensburg hat viel, viel mehr“, rechnet er vor, „der Verein ist etabliert, hat schon etliche Jahre in der 2. Bundesliga gespielt.“

Der Jahn habe einen klaren Fokus aufs Umschaltspiel mit viel Tempo und Zielstrebigkeit. „Das wird für uns eine schwere Aufgabe“, schiebt er die Würde der Bürde nach Ostbayern. Dabei war das unglückliche 1:2 gegen den 1. FCK die erste Punktspielniederlage des Jahres. „Es war im ersten Moment bitter und frustrierend“, gibt Wörle zu. „Aber wir haben einiges auf den Platz bekommen, das gut war und mit dem wir weiterarbeiten können.“

Spatzen-Erfolg als Gute-Laune-Truppe

Trotz der Fehler vor den FCK-Gegentoren müsse man sich jetzt nicht in Sack und Asche kleiden. Beim letzten Spiel vor der Pokal-Pause wollen die Ulmer zurück zum eigenen Markenkern als Gute-Laune-Truppe: „Wir sind damit in den letzten zwei Jahren sehr erfolgreich gewesen“, sagt der Spatzen-Übungsleiter. „Das wollen wir uns unbedingt beibehalten.“

Man freue sich auf das erste Auswärtsspiel, bei dem sich der Anfahrtsweg in Grenzen hält. Weshalb die Mannschaft auch von rund 1200 gut gelaunten Fans begleitet wird. „Und ich sage es gerne noch einmal“, lässt Wörle keinen Zweifel an der von ihm verteilten Favoritenrolle: „Egal wann, wo und gegen wen – für uns ist diese Saison alles Bonus.“ Mit dem Druck soll, bitte schön, der Gegner hadern.

Enochs vermisst Giftigkeit

Joe Enochs geht für seine Verhältnisse recht streng mit der Leistung seiner Mannschaft am Samstag auf dem ramponierten Football-Acker ins Gericht: „Wir waren enttäuscht“, sagt der Jahn-Trainer, „man kann in Hannover verlieren, gar keine Frage.“ Das sei eine sehr gute Mannschaft. „Aber wir wollten mehr Gegenwehr leisten, das ist uns gerade in den ersten 25 Minuten nicht gelungen.“ Man habe innerhalb von zehn Minuten zwei Situationen zugelassen, die normalerweise nicht passieren dürften.

„Es kommt schon mal vor, dass wir Fehler im Stellungsspiel machen“, lässt er gerade noch gelten, „aber nicht, dass wir diese Fehler nicht mit aller Macht versucht haben zu korrigieren.“ Dieser Spirit habe ihm gefehlt: „Diese Gegenwehr, diese Giftigkeit, dieses, sich mit aller Macht gegen eine Niederlage zu stemmen, das war nicht vorhanden – und das müssen wir einfach besser machen.“

Hannover 96 feiert einen ungefährdeten Auftaktsieg gegen den SSV Jahn Regensburg. Foto: jrh

Wenigstens „nicht auseinandergefallen“

Wichtig sei dennoch gewesen, nach den beiden schnellen Gegentreffern nicht auseinandergefallen zu sein: „Dass wir gerade am Ende der ersten Halbzeit zwei, drei ordentliche Chancen gehabt haben, die wir leider nicht reingemacht haben.“ Und auch, dass seine Mannschaft einige knifflige Situationen zu Beginn der zweiten Halbzeit überstanden habe, verbucht Enochs auf der Habenseite. „Positiv ist auch, wie wir die bärenstarken Standardsituationen von Hannover verteidigt haben.“

Dass er großen Respekt vor dem SSV Ulm zu Protokoll gibt, wird niemand verwundern. Schon allein wegen der richtungsweisenden 1:0-Niederlage in der Drittliga-Rückrunde, dem ersten Schritt der Schwaben zum Meistertitel. Deren Niederlage gegen Kaiserslautern will er nicht überbewerten: „Sie haben das Spiel weitgehend im Griff, gehen in Führung.“ Führungstorschütze Felix Higl sei sehr präsent gewesen in der Box. Durch zwei unnötige Situationen, einem Elfmeter und einem langen Ball hinter die Kette, habe man das Spiel dann noch abgeschenkt.

Ein nachdenklicher Jahn-Trainer Joe Enochs nach Hannovers ungefährdetem 2:0 gegen den SSV Jahn Regensburg am ersten Spieltag der Zweiten Bundesliga. Foto: jrh

Mit diesem Personal will der Jahn punkten

Der Jahn treffe am Freitagabend auf eine sehr stabile Mannschaft, die sehr ordentlich verteidige, ein sehr ordentliches Gegenpressing mache, wenn sie den Ball verlören. „Sie haben sechs Spieler mit über 1,90 in der Startelf, das haben wir beim Spiel in der Rückrunde zu spüren bekommen“, erinnert Jahn-Trainer Joe Enochs. Deshalb gelte für die Regensburger, „eine Topleistung bringen zu müssen, wenn wir gewinnen wollen“.

Personell rechnet der Coach mit einigen Rückkehrern aus dem Kurzzeit-Lazarett – vor allem mit Hoffnungsträger Christian Kühlwetter, dem Neuzugang vom Bundesligisten Heidenheim. „Er hat am Sonntag beim Spielersatztraining die Hälfte mitgemacht, gestern komplett.“ Da er bereits bei einigen Vorbereitungsspielen überzeugt habe, sei er auf alle Fälle eine Option fürs Freitagspiel.

Nico Ochojski habe sich am vorigen Donnerstag eine Prellung zugezogen: „Er hat versucht, am Freitag zu trainieren, konnte aber nicht hundert Prozent auftreten auf dem Fuß, und deswegen hat’s keinen Sinn gehabt, ihn mitzunehmen.“ Oscar Schönfelder habe sich vergangene Woche nicht so gut gefüllt und sei am Freitag vor dem Hannover-Spiel nicht bei 100 Prozent gewesen. „Da wollten wir auch keine Gefahr eingehen – die sind beide aber im Training und haben alles mitgemacht.“

Elias Huth sei auf einem guten Weg, aber ein Einsatz am Freitag noch unwahrscheinlich. „Gestern hat sich leider Tobias Eisenhuth verletzt, da bekommen wir erst noch die genaue Diagnose.“ Man hoffe, dass es nicht so schlimm sei. „Christian Schmidt fällt weiter aus.“

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