Jahn in Liga 2: Regensburg ein braver Sparringspartner für Paderborn
Paderborn. Das ist alles in allem zu wenig. Sicher hat der SSV Jahn ein paar ganz nette Aktionen nach vorne. Und wenn du kein Glück hast, kommt halt auch das Pech dazu. Aber mit gut 25 Prozent Ballbesitz kommt man beim SC Paderborn eben irgendwann unter die Räder.
Natürlich ist der Aufsteiger immer irgendwie der Underdog. Aber es ist ja jetzt auch nicht so, als hätte der SSV Jahn noch nie in der Zweiten Liga gespielt. Genaugenommen hat sich Regensburg nach sechs Jahren im Bundesliga-Unterhaus nur mal ein Sabbatjahr in Liga 3 genommen. Und zuvor konnte man meistens, vor allem in den ersten beiden Jahren, auch ganz gut mithalten – bei gleichen ungleichen finanziellen Voraussetzungen.
Und dass Aufsteiger nicht von vornherein die weiße Fahne in der Paderborner Home-Deluxe-Arena hissen müssen, hat der SSV Ulm beim 2:2 auf demselben Platz eindrucksvoll vorgeführt. Warum also dieser extreme Angstfußball vom Anstoß weg? Nicht, dass Jahn-Trainer Joe Enochs die Mutlosigkeit angeordnet hätte, nicht falsch verstehen: Man kann ja nach den Packungen gegen Fürth, in Hamburg und sogar gegen Münster verstehen, dass die Null zur Heiligen Kuh der Oberpfälzer avanciert.
Aber was man auf dem Platz dann sieht, ist kein leidenschaftlicher Abwehrfight, sondern ein gehemmtes Häufchen Regensburger Elend, bei dem sich auch Spieler mit nachgewiesener Affinität zum Dribbling wie Dominik Kother, Christian Viet oder Kai Pröger, der es noch am häufigsten riskiert, kaum etwas zutrauen. Nach dem Motto: „Nimm du ihn, ich hab‘ ihn sicher.“ Pässe auf fünf Metern in die Füße der Gegner, Bälle ins Seitenaus, auch wenn es drei andere Optionen gibt – und Klärungsversuche aus dem Strafraum, die noch im 16er verhungern.
Jahn-Bollwerk hält 14 Minuten
Die Konsequenz: Der SC Paderborn nimmt die Geschenke gerne an, braucht weniger Geduld, als SC-Trainer Lukas Kwasniok vor dem Spiel befürchtete, weil bei 74 Prozent Ballbesitz, zwei Kilometern mehr Laufleistung und 22:10 Torschüssen der Gastgeber über kurz oder lang zwangsläufig auch ein erneut überragender Jahn-Keeper Felix Gebhardt hinter sich greifen muss. Genau genommen schon wieder nach gerade mal 14 Minuten.
Nach einer Ecke läuft Christian Kühlwetter an der Strafraumecke, was ihn als Stürmer ehrt, Raphael Obermair zu langsam und gleichzeitig zu überhastet an – sodass der mit einer Körperdrehung freie Bahn hat, im 16er für Sebastian Klaas querlegt, der unbedrängt abzieht. Gebhardt sieht den strammen, vielleicht von Andi Geipl leicht abgefälschten Schuss zu spät – über dessen Fingerspitzen rutscht er ins linke Eck, 1:0 (14.).
Kombinationsspiel: Fehlanzeige
Was der Jahn nach vorne leistet, ist allenfalls Stückwerk. Meistens ist man froh, wenn man die Kugel halbwegs schadlos aus der eigenen Hälfte befördern kann, wo die Paderborner die Räume bereits abriegeln. Ein Kombinationsspiel über das Mittelfeld: Fehlanzeige. Die meisten langen Bälle in die ungefähre Richtung der vereinsamten Spitzen Noah Ganaus und Christian Kühlwetter landen im Nirgendwo.
Kommt Kühlwetter doch mal an das Spielgerät, behilft er sich allein gegen drei mit einem Distanzschuss, der geblockt wird (8.). Ganaus kann so einen Steilpass nicht kontrollieren (9.) oder erläuft zwar den langen Ball, flankt dann aber irgendwie in die Mitte in der vagen Hoffnung, dass sich vielleicht doch ein Regensburger nach vorne gestohlen haben könnte – in die Arme von SC-Keeper Pelle Boevink (10.).
Zu wenig für zwei Elfer
Immer dasselbe Prozedere beim Freistoß: Zwei Mann an der Kugel, einer täuscht an, Andi Geipl flankt eine gefühlte Minute später von links, Viet verlängert per Kopf – knapp rechts vorbei. Dass Sven Michel zur Ecke abfälscht, sieht der ansonsten ordentliche, junge Schiri Felix Prigan, der viel laufen lässt, in diesem Fall nicht (27.). Obermairs Flanke von rechts nimmt Aaron Zehnter aus acht Metern volley, Gebhardt pariert mit Monster-Fußabwehr (32.).
Noch ein Verlegenheitsschuss von Kühlwetter aus der Distanz – viel fehlt nicht, aber Keeper Boevink deutet mit erhobener Hand an, dass er den zu hohen Ball am Schirm hat (38.). Ganaus reibt sich allein gegen drei im gegnerischen Strafraum auf, stolpert dann auch über einen Fuß, aber Hand aufs Herz, für einen Elfer reicht das nicht (39.). Genauso wenig wie auf der anderen Seite, als Michel einen seltenen langen Ball geschickt herunterholt, bei Poldi Wurms leichter Berührung aber umkippt – nach der gecheckten Szene geht’s weiter (42.). Filip Bilbijas Kopfball aus spitzem Winkel nach einer Ecke von links aufs Tornetz ist der letzte Hingucker vor der Pause (46.).
Felix, der Zornige
Wie reagiert die Jahn-Taktik-Abteilung? Immerhin mal mit früheren Wechseln. Eric Hottmann kommt für den – milde formuliert – unauffälligen Kother, Sebastian Ernst für den bemühten, aber glücklosen Ganaus. Nur mal ein unqualifizierter Vorschlag: Hätte dem in der gegnerischen Hälfte ausbleibenden Gegenpressing ein dynamischer Mansour Ouro-Tagba neben dem wesentlich agileren Hottmann nicht besser zu Gesicht gestanden als der etwas statische Kühlwetter? Man denkt ja nur mal laut nach.
Stattdessen muss sich Regensburgs tapfer anfeuerndes Fanhäufchen, das den Boykott der SC-Ultras (wir berichteten) nach Kräften auszugleichen bemüht ist, den nächsten Paderborner Angriff anschauen. Koen Kostons legt an der Strafraumkante auf Klaas quer, wieder ist Regensburgs bester Mann zu Stelle und wehrt den abgefälschten Schuss blitzschnell ab (52.) – Gebhardts Temperament, der nach jeder neuerlichen Schusseligkeit seiner Vorderleute tobt, würde man sich auch von anderen wünschen.
Heins Kunstschuss ans Lattenkreuz
Schon wieder schläft die Abwehr, Bilbija bricht links bis zum Fünfer durch, Gebhardt wehrt den Schuss aus spitzem Winkel ab, Michel jagt den Abpraller in den ostwestfälischen Himmel (53.). Deutlich besser macht er es zwei Minuten später: Michel zieht aus gut 20 Metern, freundlich begleitet von Rot-Weiß, ab, das Ding schwingt knapp am rechten Pfosten vorbei (55.).
Damit es nicht heißt, die Regensburger hätten sich ganz ihrem Schicksal ergeben, möchten wir ausdrücklich den nach Hamburg gescholtenen Bryan Hein loben. Nicht nur, dass er auf seiner linken Abwehrseite rackert und Impulse nach vorne setzt, auch einen Freistoß aus rund 25 Metern halbrechts zirkelt er gefühlvoll ans Lattenkreuz (61.). Und auch Hotte bringt etwas mehr Aggressivität in die Angriffsbemühungen, marschiert von links nach innen, sein Abschluss wird geblockt (64.).
Slapstick zur Vorentscheidung
Und dann ist es wieder eine Art Slapstick, der zur Vorentscheidung führt: Louis Breunig und Andi Geipl stehen sich am Fünfer im Weg, Breunigs Klärungsversuch bleibt an Geipls Hacken hängen, der Ball verhungert vor den Füßen von Zehnter, der die Kugel seelenruhig auf seinen stärkeren linken Fuß umswitchen kann und aus zehn Metern rechts unten einnetzt, 2:0 (65.). Zeit für verdiente Ruhepausen: Ilyas Ansah kommt für Kostons, Mika Baur für den emsigen Sven Michel (68.).
Hottmann, das belebende Sturmelement, wühlt sich am Fünfer durch, legt für Kühlwetter auf, der aus drei Metern draufdrischt, aber Boevink pariert mit dem Schädel zur Ecke (72.). Elias Huth kommt für Geipl (74.), bei Paderborn David Kinsombi für Klaas (78.). Ansah macht auch gleich ordentlich Tempo über links, sprintet an Rasim Bulic vorbei, dessen Grätsche zu spät kommt, Elfmeter: Kinsombi verzögert, Gebhardt schon am Boden, der Ball Mitte links im Tor, 3:0 (81.). Noch ein letztes Mal muss Gebhardt bei Ansahs Dropkick aus zwölf Metern ran – an ihm hat’s sicher nicht „jelegen“.
Es kommt noch dicker: Düsseldorf, Club und Fürth
Düster ist der Tabellenkeller bei 4 Punkten nach acht Spielen, ein halbes Pünktchen pro Match bei 1:19 Toren. Und das, obwohl der SSV Jahn gemeinhin als Hinrunden-Maschine gilt, die zweidrittel ihrer Punkte im ersten Halbjahr verbucht. Ganz klar, die Vorzeichen verheißen wenig Gutes und die nächsten Spiele lassen wenig Hoffnung auf Besserung zu.
Am übernächsten Samstag, 19. Oktober, 13 Uhr, erwartet Regensburg Fortuna Düsseldorf, dem der VfL Bochum erst im Relegationsrückspiel den Aufstieg in die Bundesliga vermasselte. Am Freitag darauf, 25. Oktober, 18.30 Uhr, müssen sich im bayerischen Krisengipfel Miro Kloses Club und der SSV Jahn darauf verständigen, wer weniger der Depp der Zweiten Bundesliga ist.
Und nur vier Tage später, 29. Oktober, 20.45 Uhr, dürfen die Regensburger in Runde 2 des DFB-Pokals versuchen, die zu hohe 0:4-Schlappe gegen die SpVgg Fürth im Liga-Alltag zu korrigieren.
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