Jahn in Liga 2: Schalkes spielerischer Kotau nährt kühne Regensburger Hoffnungen
Regensburg. Der SSV Jahn kann auch noch positive Serien: Noch nie hat Regensburg zu Hause gegen Schalke 04 verloren. Gut, gegen den Ex-Championsleague-Club gab’s auch noch nicht allzu viele Pflichtspiele. Trotzdem. Wenn der Letzte gegen den königsblauen Scheinriesen gewinnt, ist Feiertag.

Jahn-Trainer Andi Patz hat bei seiner Startaufstellung ein wenig experimentiert. Der 17-jährige Tim Ben Kieffer gibt sein Startelf-Debüt und Bryan Hein kehrt mal wieder in selbige zurück – trotz Tim Handwerker, der auf der linken Außenverteidigerposition gesetzt ist.
Beide Youngsters beleben das Jahn-Spiel: Kieffer mit starken Dribblings und Hein mit Dynamik und Zug zum Tor. Wenn dann auch noch Handwerker mehr aus seiner zweifellos vorhandenen Schusstechnik machen würde, hätten die Oberpfälzer das ungleiche Duell gegen Schalke 04 schon früher entscheiden können.
Couragierteres Heim-Gesicht
Doch der Reihe nach: Regensburg zeigt sein couragierteres Heim-Gesicht, mehr mutiges Pressing ab gegnerischem Strafraum – mit Sargis Adamyan, der sich viele Bälle erobert, nur leider etwas glücklos in der Weiterverarbeitung und im Abschluss bleibt. So reicht die unglückliche Abwehr eines Eckballs des Schalke-Keepers vor die Füße des stärksten Jahn-Akteurs zur Pausenführung.
Justin Heekeren boxt die Hereingabe etwas schräg aus der Box, Christian Kühlwetter nimmt vom linken Strafraumeck Maß und netzt im linken Eck ein, 1:0 (21.). Seit sich Regensburg vom Gedanken verabschiedet hat, dass der Ex-Heidenheimer als Stoßstürmer aufs Jahn-Torkonto einzahlt, liefert der Routinier als Vorbereiter mit Übersicht und als Mentalitätsmonster hinter den Reihen immer besser ab – und ist mit seinem dritten Treffer Jahns „Goalgetter“ Ganaus (4 Tore) auf den Fersen.
Wonderen-Team: Vornehme Zurückhaltung
Und das Team des niederländischen Gentleman-Trainers Kees van Wonderen? Das hält sich vornehm zurück, spielt sich in Hälfte 1 trotz Ballbesitzhoheit einen expected-Goals-Wert von 0,0 heraus und erinnert im Habitus dem Auftritt der Regensburger in Elversberg – mit anderen Worten: außer Spesen des tapferen Schalke-Anhangs nichts gewesen.
Besäßen die Gastgeber dann auch noch die Effektivität der Saarländer, hätte Handwerker schon zwei Minuten nach der Führung erneut jubeln können: Adamyan macht Heekeren nervös, der gehetzte Keeper schlägt die Kugel dem Ex-Nürnberger vor den Schlappen – der verfehlt das leere Tor um ein langes Lineal (23.).
Schalkes Regie ohne Sturm und Drang
In Hälfte 2 nehmen die königsblauen Unterschiedsspieler Paul Seguin, Moussa Sylla, Mehmet Aydin und Anton Donkor zögerlich etwas mehr die Zügel in die Hand – brenzlige Drangphasen oder Großchancen zum Haareraufen bleiben dennoch Mangelware. Den Oberpfälzern kann man vorwerfen, dass sie den Gästen aus Gelsenkirchen dadurch immerhin die nicht so unwahrscheinliche Option auf den Ausgleich erhielten.
Denn so sattelfest ist die reife Herren-Defensive um Flo Ballas und Robin Ziegele nun auch wieder nicht, dass man sich auf ein Regensburger Catenaccio verlassen könnte. Zwar verteidigen der lange Kerl und der wuchtige Bartträger das meiste mit viel Übersicht weg – vor allem auch mit Unterstützung des wendigen Poldi Wurm, der mit einer Monstergrätsche glänzt, und des omnipräsenten Kühlwetters.
Jahn-Abwehr macht’s spannend
Ein paar zu kurze Klärungsversuche nach den zahlreichen Schalker Ecken landen dann aber doch vor den blauen Stutzenträgern: Ziegele köpft die Kugel vom Fünfer vor die Füße des eingewechselten Tobias Mohr, der versucht’s aus der zweiten Reihe, Donkor spitzelt auch noch mit, aber Kühle blockt kurz vor der Torlinie (70.). Wenig später drischt Ron Schallenberg am rechten Pfosten eine Freistoßflanke über den Kasten – und keine Minute später trifft der vorne wie hinten fleißig ackernde Noah Ganaus erst den Ball und dann auch noch Schallenbergs Ferse.
Nach Griff ans Ohr gibt der freundliche Schiri Wolfgang Haslberger Entwarnung – das reicht nicht für einen Elfer wie im Parallelspiel für Münster, das damit den Ausgleich gegen Karlsruhe markiert und wieder auf sechs Punkte enteilt (74.). Weil auch der eingewechselte Pape-Meissa Ba und Sylla im Strafraum nicht zum Zug kommen, versucht es Toure aus dem Rückraum – die Kugel rauscht knapp neben den rechten Pfosten, Jahn-Keeper Julian Pollersbeck wäre trotz Zirpen im Oberschenkel zur Stelle gewesen. Und schließlich verdaddelt Ba auch noch die Hereingabe von Joker Derry Murkin vom Elfmeterpunkt, weil er das falsche Drehmoment erwischt (90.).
Galjens Torpremiere
Wer nicht will, der hat schon. Die frischen Regensburger Kräfte um Kai Pröger, Sebastian Ernst und Dejan Galjen machen sich dann doch mal auf den Weg, durch Konteransätze für Entlastung zu sorgen – ganz zum Schluss auch noch mit Ertrag: Nach Ballverlust von Toure schickt Ernst Galjen auf die Reise, der hat freie Bahn Richtung Heekeren, behält die Nerven und schiebt die Kugel durch die Hosenträger des Keepers zum 2:0 (90. + 3) über die Ziellinie – sein erster Zweitligatreffer könnte noch ein ganz wichtiger werden.
Schließlich zählt sich auch noch Handwerkers jahrzehntelange Erfahrung im Umgang mit knappen Führungen aus – ungefähr so lange verwaltet er die Kugel bei einer kleinen Serie eigener Eckstöße zusammen mit Nico Ochojski, bis es dem geduldigen Referee zu bunt wird und er eine Gelbe gegen Letzteren zückt. Macht nichts, die drei Punkte heiligen die Mittel – ein Sieg für die Hoffnung, die fiebert, aber noch immer nicht totzukriegen ist.
Ausblick auf den Jahn-Schlussspurt
Mit Blick auf die Ergebnisse vor diesem Sonntag, schien die Ausgangslage bereits aussichtslos. Eintracht Braunschweig düpiert den HSV mit einem 4:2 im Volksparkstadion und der SSV Ulm leiert Magdeburg ein 1:0 aus den Rippen – der Abstand war also vorübergehend bereits auf 7 Punkte zu den Spatzen und 11 Punkte auf Braunschweig angewachsen.
Nach dem heutigen Heimsieg gegen die Knappen und dem 1:1 von Münster gegen Karlsruhe sieht das Szenario nicht mehr ganz so düster aus: Ulm hat die Nase mit 4 Punkten vorne, Münster auf dem Relegationsplatz ist mit 6 Punkten vor dem Jahn auch noch nicht ganz sicher.
Am kommenden Sonntag, 13.30 Uhr, muss der SSV deshalb den nächsten Versuch in Angriff nehmen, bei den schwächelnden Magdeburgern (5./46 Punkte) endlich den ersten Auswärtssieg zu landen. Nach dem 0:1 in Ulm könnten die Sachsen-Anhaltiner ja so was wie eine Aufsteigerallergie entwickeln.
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