Jahn in Liga 2: So grausam ist Fußball – und so brutal effektiv Fürth

Regensburg. Bei einer 0:4-Klatsche von einer engen Partie zu sprechen, klingt nach rosa Brille. Und doch: In der ersten Hälfte dominiert der SSV Jahn trotz frühem Rückstand in puncto Ballbesitz, Torschüssen, gewonnenen Zweikämpfen. Das ändert sich gegen brutal effektive Fürther nach der Pause.

Zum Schluss wurde es bitter für Jahn-Keeper Felix Gebhardt, der nach dem 0:4 gegen die SpVgg Fürth aus seinem Herzen keine Mördergrube macht. Gegen die Tore ist er machtlos und hält noch dreimal brillant. Fotos/Collage: jrh

Eine richtig starke erste Halbzeit reicht dem SSV Jahn gegen eine SpVgg Fürth, die gefühlt jeden Torschuss einnetzt, nicht zum Punktgewinn. Dass am Ende eine grausame 0:4-Klatsche auf der Anzeigentafel steht, spiegelt das Flutlicht-Geschehen an diesem heißen Freitagsommerabend nur bedingt wider.

Was sich die Regensburger vorwerfen lassen müssen: Wenige, aber eben entscheidende Dilettanten-Fehler vor den Gegentreffern und ein biblischer Chancenwucher. Regensburg gelingt trotz deutlich mehr Ballbesitz, womit gegen den fränkischen Favoriten niemand gerechnet hat, mehr gewonnenen Zweikämpfen, mehr Torschüssen und vor allem einigen hochkarätigen Chancen der überfällige Ausgleich vor der Pause nicht.

Schon nach vier Minuten hat es zum ersten Mal im Jahn-Tor geklingelt. Marco Meyerhöfer schlenzte die Kugel volley ins linke obere Eck. Foto: jrh

Nach dem Debakel ist vor dem HSV

Nach der Halbzeit lässt der Elan der Oberpfälzer etwas nach – geschuldet der subtropischen Hitze oder dem verbesserten Gegenpressing der SpVgg Fürth, man weiß es nicht. Die Gäste warten geduldig auf sich bietende Kontergelegenheiten – und verwerten diese mit schlafwandlerischer Sicherheit. Gegen den noch unbesiegten Favoriten, der nach dem Auswärtssieg erst einmal auf Platz 2 hochturnt, kann man verlieren.

Spannend wird sein, ob Jahn-Coach Joe Enochs die Bilder des Debakels über die Länderspielpause aus den Köpfen der gedemütigten Jahn-Spieler vertreiben kann. Schließlich muss der Aufsteiger anschließend die Fahrt nach Hamburg antreten, wo Top-Favorit HSV im Volksparkstadion sicher gegen einen verunsicherten Gegner keine Gnade walten lassen will.

Sallers Rettungstat vergeblich

Von wegen, „schneller ins Spiel finden“, wie Enochs gefordert hatte. Bene Saller will im Rückwärtsgang im Strafraum den Ball vor Roberto Massimo abschirmen, der verspringt, der Fürther legt quer für Dennis Srbeny, der aus zehn Metern abzieht – Saller rettet auf der Linie zur Ecke. Aber wenn man die Ecke so verteidigt, nützt das alles nichts. Branimir Hrgota flankt an den zweiten Pfosten, ein Regensburger unterläuft den Ball, Marco Meyerhöfer schlenzt die Kugel volley ins linke obere Eck, 0:1 (4.).

Der Jahn fängt sich nach einer knappen Viertelstunde. Kai Pröger flankt vor rechts, Christian Viet bekommt die Kugel aus drei Metern nicht mehr unter die Latte gedrückt (14.). Saller versucht seinen Fauxpas mit einem Distanzschuss aus rund 25 Metern auszubügeln, das Spielgerät rauscht einen guten Meter am Pfosten vorbei (15.).

Der den von Kleeblatt-Trainer Alexander Zorniger gebügelte, gefaltete und wieder begnadigte Keeper Nahuel Noll musste sich immer wieder Luft machen. Foto: jrh

Noll macht sich Mut

Viet holt sich einen hohen Ball gekonnt herunter, bevor er mit seinem starken rechten Fuß für Gefahr sorgen kann, bekommt Maximilian Dietz eine Fußspitze dazwischen (19.). Eine nahe ans Tor gezogene Ecke bringt den von Kleeblatt-Trainer Alexander Zorniger gebügelten, gefalteten und wieder begnadigten Keeper Nahuel Noll ins Schwitzen – schließlich bekommt er doch noch eine Faust an den Ball und verschafft sich schimpfend Luft (20.).

Pröger krallt sich nach Fehlpass von Simon Asta die Kugel, gibt Gas und versucht Luca Itter zu umkurven. Seinen Distanzschuss aus rund 18 Metern entschärft erneut Noll, der sich mit grimmiger Mimik weiter Mut macht (23.). Jetzt tritt auch der ehemalige Heidenheimer Stürmer mal auf den Plan: Christian Kühlwetter legt einen Einwurf per Hacke zu Viet ab, der es direkt versucht. Asta blockt das Ding erfolgreich ab (27.).

Starke Pässe, schwache Abschlüsse

Dann vielleicht mit Standard? Andi Geipls Ecke sorgt für Chaos, Florian Ballas bekommt aber keinen Druck hinter seinen Kopfball. Die Kugel springt zu Viet, der vom Pfosten scharf in den Fünfer flankt. Dominik Kothers Abschluss im Fallen kann der meckernde Noll abfangen, der verschiedene Regelwidrigkeiten entdeckt zu haben meint (32.).

Starker Pass in die Spitze von Louis Breunig, Kother sichert sich den Ball mit viel Gefühl und steckt zu Viet durch. Bevor er den freigelaufenen Pröger bedienen kann, fängt Itter die Kugel ab (33.). Der fleißige Pröger sucht Viet im Zentrum, kongenialer Steckpass zu Kother, der aus kurzer Distanz und spitzem Winkel den Ball nicht an Noll vorbei bekommt (38.).

Fürths Kapitän Branimir Hrgota hat gegen den SSV Jahn viel zu meckern, was den souveränen Schiri Schiedsrichter Patrick Schwengers wenig beeindruckte. Foto: jrh

Viet vergibt einen Zehnmeter

Jetzt wird’s bitter: Da beteiligt sich Itter schon mal mit einem Fehlpass an der Mittellinie an den Regensburger Offensivbemühungen, Pröger schaltet denn auch richtig schnell, zieht zum Strafraum, seinen ersten Pass fängt Jung ab. Pröger bekommt die zweite Chance, bedient perfekt Viet, der unbedrängt aus zehn Metern die Kugel neben den Pfosten schlenzt (41.). „Wenn’s ned mog, mog’s ned“, hat es der legendäre Miltacher Stürmer Franz Schick nach verschossenem Elfer mal so treffend auf den Punkt gebracht.

Was er nicht im Tor unterbringt, zahlt Viet immerhin auf das Ehrenkonto ein: Schiedsrichter Patrick Schwengers hatte eigentlich auf Eckball entschieden. Nach Rücksprache mit Viet revidiert er im Anschluss die Eckball-Entscheidung (42.) – sehr zum Ärger von Trainer Joe Enochs und Sportchef Achim Beierlorzer, die aufgeregt an der Seitenlinie vor dem vierten Offiziellen herumturnen. Bei einer ähnlichen Situation auf der anderen Seite in Hälfte 2 zeigt sich Fürth weniger generös. Auch das macht den Unterschied zwischen beiden Teams heute aus.

Wie vernagelt

Nach einer weiteren Ecke von Geipl, versucht sich Louis Breunig als Kopfballungeheuer, Asta kann auf der Linie klären. Anschließend blockt er auch noch den zweiten Ball von Kühlwetter. Noch immer ist die Situation heiß. Kapitän Geipl keilt die Kugel zurück in die Mitte, Pröger verpasst (44.).

Und noch einmal startet Kother durch, steuert nach Übersteiger auf den Keeper zu – aber Noll kann auch diesen Abschluss abwehren. Schließlich drischt Meyerhöfer die Kugel humorlos aus dem Strafraum (46.).

Noch konnte man auf die Jahn-Ecken hoffen. Beim Stand von 0:1 gegen Fürth war noch alles offen. Foto: jrh

Zweite Hälfte, selbe Zeit

Und wieder Saller und die verflixte vierte Minute: Die Regensburger 6 springt am Ball vorbei, Roberto Massimo startet links durch, umkurvt Ballas – bevor er aber sein Solo veredeln kann, nimmt ihm Sturmkollege Noel Futkeu die Kugel vom Fuß und hält selbst drauf – der machtlose Felix Gebhardt hechtet dem Ball, der ins linke untere Eck zischt, vergeblich hinterher, 0:2 (49.).

Wie verkraftet der Jahn diesen erneuten Schlag in die Magengrube? Sebastian Ernst behauptet den Ball im Zweikampf mit Futkeu, verschiebt nach links zu Oscar Schönfelder, dessen schlampige Hereingabe viel zu nah ans Tor kann Noll mühelos abfangen (53.). Jetzt sind die Joker dran: Nico Ochojski bearbeitet gleich die rechte Seitenlinie, aber Noll fängt die Flanke vor Eric Hottmann ab (70.).

Dem Kleeblatt gelingt alles, dem Jahn nichts

Wie man es besser macht, zeigen erneut die Mittelfranken. Massimos Flanke verpassen die Kollegen noch, im vielbeinigen Regensburger Strafraum wird Julian Greens Schussversuch doppelt geblockt, aber die Regensburger bringen die Kugel nicht entscheidend aus der Gefahrenzone. Schließlich donnert Hrgota das Leder unter die Latte, 0:3 (77.).

Wie man es nicht macht, führt der Jahn ein weiteres Mal vor: Noll segelt unter einem Eckball durch, Pröger kann die Kugel dingfest machen, geht noch ein paar Schritte und verzieht (79.). Und jetzt will auch Green seinen Anteil am Torreigen. Reno Münz macht die Kugel an der Eckfahne fest, legt für Marlon Mustapha auf, der zurück auf Green, der sich halblinks freischwimmt und aus 20 Metern ins rechte obere Eck schlenzt, 0:4 (88.). Heute gelingt dem Kleeblatt einfach alles.

An ihm hat’s nicht gelegen. Felix Gebhardt bleibt trotz 0:4-Klatsche gegen die SpVgg Fürth fehlerfrei. Foto: jrh

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