Jahn in Liga 2: Verzweifelt kämpfende Regensburger auch gegen Köln überfordert
Regensburg. Das macht alles keinen Spaß mehr. Seit dem Abstieg 2013 war der SSV Jahn nicht mehr so weit davon entfernt, konkurrenzfähig zu sein. Dabei rackert sich die Mannschaft auch gegen einen müden 1. FC Köln bis zur 96. Minute unermüdlich ab.
Das mit den Emotionen ist so eine Sache. Gemeinhin pilgert man ja nicht Woche für Woche ins Stadion, um sich möglichst schwarz zu ärgern. Nichts gegen ein gepflegtes Auf und Ab, mal hast du kein Glück, dann kommt das Pech dazu – und derlei dumme Fußballsprüche mehr, mit denen man schwarzhumorig auch schwierige Phasen übersteht.
Zwei Spieltage vor der Winterpause muss man aber konstatieren: So tief man seine Erwartungshaltung vor jedem Spieltag des Aufsteigers SSV Jahn auch stapelt – nicht nur das Ergebnis, vor allem die Spielweise unterbietet dann doch alles, was man befürchtet hatte. Schon der Begriff Spielweise ist für das hektische, zerfahrene „Kick-and-Rush“ ein großes Wort.
Andere Aufsteiger näher dran
Und da ist auch schon alles eingepreist, man was zugunsten der Regensburger vorbringen kann: Ja, die Zweite Liga ist mit Hochkarätern mit wesentlich größerer Spielgeldkasse gespickt. Natürlich durfte niemand davon ausgehen, dass die Oberpfälzer auf Anhieb mit den Aufstiegsfavoriten mithalten würden, auch wenn das bei früheren Aufstiegen durchaus schon mehr als ordentlich geklappt hatte.
Aber selbst im Vergleich zu den Mitaufsteigern, die sich immerhin noch mit vier Punkten Abstand in Sichtweite befinden, ist die qualitative Diskrepanz beträchtlich – Ulm ist selbst bei Teams wie Hannover nah dran an einer Überraschung, selbst wenn die Schwaben nach 2:0-Führung noch mit 2:3 verlieren.
Jahn-Abwehr in schwerer Seenot
Und wie sieht das im Jahn-Stadion aus? In der ersten Viertelstunde legt der 1. FC Köln, trotz der 120-Pokal-Minuten gegen Hertha in den Knochen, los wie bei einem engagierten Freundschaftsspiel bei einem Amateurverein: Der Jahn, der unbedingt Punkte braucht, schwimmt im eigenen Strafraum wie ein Ertrinkender auf hoher See.
Hätte der überragende Felix Gebhardt nach 19 Minuten nicht einen, allerdings fragwürdigen, Handelfer von der Linie gekratzt, wäre das Spiel wohl auch schon früher entschieden gewesen. Erst dann geht ein moderater Ruck durch die Mannschaft. Die Regensburger werden etwas mutiger, kommen besser in die Zweikämpfe – und haben nach einer Ecke sogar die einmalige Chance, selbst in Führung zu gehen: Keeper Marvin Schwäbe krallt sich Robin Ziegeles Kopfball aus wenigen Metern (29.).
Spielaufbau? Eine einzige Fehlerkette
Derselbe Ziegele, der kämpferisch alles gibt, ist wenige Minuten später im Laufduell mit Tim Lemperle zweiter Sieger: Ein öffnender Pass von Florian Kainz hebelt die gesamte Jahn-Abwehr aus. Lemperle braucht die Kugel nur noch an Gebhardt vorbeizubugsieren und ins linke Eck einzunetzen, 0:1 (33.). Dass sich der 22-jährige Jugend-Nationalspieler danach an den Oberschenkel fasst und nicht weitermachen kann, ist mal andersrum, Pech im Glück für die Kölner.
Apropos: Die Regensburger haben danach noch einmal Pech nach einem Standard – erneut entschärft Schwäbe einen Kopfball, diesmal von Luis Breunig. Zur Wahrheit gehört aber auch: Aus dem Spiel heraus geht gar nichts, der Regensburger Spielaufbau ist eine einzige Fehlerkette. Von Christian Kühlwetter ist, bis auf zwei gelungene Ball-Weiterleitungen, auch im 15. Saisonspiel nichts zu sehen – geschweige denn, dass er so was Ähnliches wie Gefahr ausstrahlen würde.
Warten auf das Wunder?
Andererseits ist es auch wieder unfair, einzelne Akteure namentlich herauszugreifen, wenn einfach nichts so recht zusammenpassen mag im Spiel des Schlusslichts. Die größten Optimisten, die aufgrund des knappen Ergebnisses auf die zweite Halbzeit hoffen, sehen dann tatsächlich ein etwas ausgeglicheneres Match: nicht etwa, weil der SSV zumindest jetzt alles auf eine Karte gesetzt hätte.
Cheftrainer Andi Patz wartet brav weitere 20 Minuten zu, in denen Kühlwetter und der leider auch heute wieder unter seinen Möglichkeiten kickende Dominik Kother ihre Harmlosigkeit unter Beweis stellen. Nein, der Effzeh passt sich in puncto Fehlpassfestival an die kleinere Domstadt an, und zusammen gestalten beide zwischen der 45. und 65. Minute ein derart zerfahrenes Spiel, dass selbst das knappe Ergebnis nicht mehr für Spannung sorgen kann.
Bisschen Nervenkitzel: Köln auch stehend k.o.
Dass dann doch noch so was wie Nervenkitzel aufkommt, hat zum einen mit den müden Pokalknochen der Kölner zu tun, die in der verbleibenden Spielzeit die verzweifelt kämpfenden Oberpfälzer zunehmend in die eigene Box einladen – und mit der moderat belebenden Maßnahme der Einwechslung von Eric Hottmann und Mansour Ouro-Tagba.
Für den Ausgleich, den sich die Gäste zum Schluss hin mit Nickeligkeiten und ausgiebigem Schnürsenkelbinden fast noch „verdient“ hätten, reicht es dennoch nicht: Dazu müsste zumindest einmal ein Pass bei einem Regensburger Stürmer ankommen – und die Herren Kühlwetter, Hottmann und zum Schluss auch noch Rasim Bulic müssten sich nochmal mit der Abseitsregel befassen.
Bitte über Verstärkungen nachdenken!
Fazit: Es fehlt die Fantasie, dass diese Mannschaft den Turnaround ohne Impulse – sprich eklatante Verstärkungen in allen Mannschaftsteilen – zustande bringt. Insofern ist der wiederholte Hinweis auf das bevorstehende Karriereende von Sargis Adamyan in Köln genauso ernst gemeint wie der Wink mit dem Zaunpfahl Richtung Freistoßkanone Marvin Knoll, den bei St. Gallen fast beschäftigungslosen Konrad Faber, Max Besuschkow bei Drittligist Ingolstadt, Sarpreet Singh in der zweiten portugiesischen Liga und Supertechniker Aias Aosman (in der zweiten türkischen Liga).
Natürlich ist auch uns Fußball-Laien bewusst, dass der Jahn zur Winterpause keine halbe Mannschaft zusammenkaufen kann, geschweige denn, dass alle nur auf einen Anruf aus Regensburg warten – und selbst wenn: Ob dann alle auch funktionieren würden, steht auf einem anderen Blatt Papier. Und doch hatte der SSV mit Rückkehrern wie etwa Bene Gimber schon mal ein glückliches Händchen. Und jetzt die letzte Chance, die man vielleicht nicht hat, zu suchen, ist allemal besser, als weiter in den Abgrund der Dritten Liga zu blicken.
Die nächste Jahn-Pleite im Schnelldurchlauf
- Denis Huseinbasic verpasst die flache Hereingabe nur knapp – erste Ecke für Köln (2.).
- Tim Lemperles Volleyabnahme aus neun Metern ans Außennetz (7.).
- Mit Doppelpass auch mal in den Kölner Strafraum: Dominik Kother fällt, der Kontakt ist da, aber Schiedsrichter Konrad Oldhafer zuckt nicht mal (10.).
- Dominique Heintz darf nach Ecke aus acht Metern frei köpfen, Jahn-Keeper Felix Gebhardt mit super Reflex (16.).
- Was wird das? Zwei Minuten später fasst sich Schiri Oldhafer ans Ohr, wandert zum Bildschirm: Luis Breunig war bei Heintzens Kopfball mit dem Rücken zu Ball im Springen, mit den Fingerspitzen am Spielgerät. War nicht mal davon die Rede, es müsse absichtliches Handspiel vorliegen? Für Oldhafer genug, er beschreibt das Bildschirmquadrat mit den Zeigefingern und deutelt auf den Punkt (18.).
- Ausgleichende Gerechtigkeit: Gebhardt hält den platziert, aber zu schwach in das linke Eck geschossenen Elfer von Pokalheld Dejan Ljubicic (19.).
- Rasim Bulic schaltet sich vorne ein, geht rechts außen steil, sein überschaubarer Flankenversuch wird zur Ecke abgefälscht (27.).
- Das gibt’s nur einmal, das kommt nicht wieder: Robin Ziegele darf die Ecke pudelnackt am Fünfer mit dem Kopf verwerten, aber FC-Keeper Marvin Schwäbe fängt das Ding auf der Linie ab (29.).
- Gleich danach der Griff an den hinteren Oberschenkel: Lemperle muss passen, da hat’s wohl einen Muskel erwischt, für ihn kommt Damion Downs (35.).
- Kai Pröger, bisher unauffälliger als sonst, macht ein paar Meter und schließt dann überhastet ab – einen Meter am rechten Pfosten vorbei (37.).
- Christian Viet, bisher unsichtbar, knallt einen Freistoß aus 20 Metern zentral in die Mauer (42.).
- Noch eine Jahn-Ecke: Luis Breunig scheitert per Kopf an Schwäbe (43.).
- Ziegele steigt Downs unerfreulich aufs Sprunggelenk – der Einwechselspieler kann zum Glück weitermachen (45 + 2).
Zweite Halbzeit
- Jahn-Trainer Andreas Patz sieht in der Pause keinen Grund zum Wechseln, sein Kölner Pendant ebenso wenig.
- Leart Pacarada zirkelt eine Flanke von links an den Fünfer, Downs köpft gegen Gebhardts Laufrichtung links vorbei (51.).
- Pröger verlädt Pacarada, stürmt Richtung Box und verpasst das Abspiel (55.).
- Jetzt hat es Nico Ochojski erwischt, der nach einem Kopfballduell an der Außenlinie umknickt – der arme Kerl muss schließlich alleine an der Außenlinie zur Bank humpeln (61.).
- Endlich Wechselzeit: Eric Hottmann kommt für Kother, Mansour Ouro-Tagba indirekt für Ochojski – Pröger rückt dafür rechts hinten rein (64.).
- Christian Kühlwetter kommt zur Abwechslung im Strafraum zum Schuss, weit rechts vorbei (74.).
- Ouro-Tagba ackert Richtung Strafraum, gibt nach links auf Hein, aus spitzem Winkel wuchtig in die Wolken (80.). Jetzt darf auch noch Noah Ganaus für Kühlwetter mitmischen.
- Rasim Bulic erläuft einen Meter im Abseits Viets Freistoßflanke, die er obendrein kerzengleich darüber köpft (87.).
- Auch in sechs Nachspielminuten schafft es der verzweifelt kämpfende Tabellenletzte nicht, dem sechsten Saisontor näherzukommen. Aus, Feierabend, der Karlsruher SC freut sich am Freitag, 18.30 Uhr, auf den freundlichen Punktelieferanten aus der Oberpfalz.
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