Jahn in Liga 3: Bekloppte Last-Minute Pleite in Aue nach Elfer-Frust

Aue. Couragierter Auftritt, brutal bestraft: Der SSV Jahn dreht bei Erzgebirge Aue zweimal das Momentum, geht in Führung. Ein unterschlagener Elfer und ein Schuss durch die Hosenträger in der 96. Minute stellen alles auf den Kopf. Blankes Entsetzen auf der Regensburger Bank.

Bekloppte 3:4-Pleite bei Erzgebirge Aue: Jahn verspielt 3:2-Führung auf den letzten Metern. Foto: jrh

Noch wenige Minuten vor dem Abpfiff steht der SSV Jahn mit 17 Punkten auf Augenhöhe mit Ingolstadt im beruhigenden Mittelfeld – leider nur theoretisch. Wie gewonnen, so zerronnen: Aue zieht vorbei – und Aachen kann die Regensburger erneut auf die Abstiegsplätze verweisen. Dabei war es über weite Strecken ein couragierter Auftritt der Oberpfälzer.

Zweimal gleichen die Oberpfälzer Rückstände fast postwendend aus: erst zum 1:1 durch einen perfekten Pass von Noel Eichinger und einem wuchtigen Kopfball von Eric Hottmann (45.+6) – am Ende der Nachspielzeit der ersten Halbzeit. Dann die erneute Führung der Auer nach einer Ecke, die es eigentlich gar nicht hätte geben dürfen, und die – F-Jugend lässt grüßen – direkt am kurzen Pfosten über die Linie kullert (Julian Guttau, 54.).

Doch der Jahn kontert auch diesen Nackenschlag beherzt: Benedikt Saller steckt genial in die Gasse auf Sebastian Stolze (60.), der perfekt neben den langen Pfosten schlenzt. Und als dann auch noch der bis dahin glücklose Benedikt Bauer (68.) einen verunglückten Drehschuss abgibt, der abgefälscht unhaltbar für Martin Männel zum 2:3 einschlägt, scheint das Spiel endgültig gedreht.

Den kann man auch mal geben …

Der Jahn kontrolliert, lässt wenig zu – bis zu dem Moment, der alles auf den Kopf stellt: Der eingewechselte Philipp Müller marschiert in den Strafraum, hätte vielleicht früher abschließen können, wird dann aber glasklar von hinten gefällt. Auch die zehnte Wiederholung zeigt eindeutig: Der Verteidiger steht auf seinem Fuß. Doch Schiri Nico Fuchs lässt weiterlaufen.

Dass Erzgebirge Aue kurz darauf den Ausgleich durch die Beine von Bauer mogelt (Jonah Fabisch 86.), könnte man noch als ausgleichende Gerechtigkeit für dessen Zufallstreffer sehen – aber dass sich der Jahn, spiegelbildlich zur ersten Hälfte, in der 6. Minute der Nachspielzeit das erste Profitor von Erik Weinhauer (90.+6) durch die Beine des bis dahin tadellosen Felix Gebhardt einfängt, macht die mitgereisten Regensburger Fans fassungslos. Und dann ist auch noch direkt Schluss.

Die Jahn-Ultras geben bei Erzgebirge Aue wieder alles: Der Jahn verspielt dennoch eine 3:2-Führung auf den letzten Metern. Foto: jrh

„Warum schießt der nicht?“

Klar, darf man sich nach dem Gau auch an die eigene Brust fassen: Das kann man auch cleverer zu Ende spielen, statt in den letzten zehn Minuten noch einmal Flanken und Schüsse von der Strafraumkante zulassen. Vor allem aber: „Warum schießt der nicht?“, will man immer wieder von außen eingreifen – Adrian Fein, Noel Eichinger und Philipp Müller, um nur drei Beispiele zu nennen, hatten in einigen Szenen bereits drei Verteidiger ausgetanzt, und wollten es dann noch artistischer machen!  

Und deshalb haben am Ende die tapfer fightenden Erzgebirgler die Nase vorne – weil sie auch dann gegen das Leder treten, wenn die Ausgangslage suboptimal ist. Der Lohn: Beinschüsse und Kullertore zum Sprung aus der Abstiegszone. Das haut selbst den stärksten Jahni um. Und Trainer Michael Wimmer, der nach der Elfer-Aufregung Gelb sieht, sieht stimmungsmäßig Rot – entgegen seiner sonst im Zweifel selbstkritischen Analyse lässt er nach dem Schlusspfiff so richtig Dampf ab:

Am Ende des Tages können wir uns von der Leistung nichts kaufen. Und Lucky Punch? Für mich ist das ein klarer Elfmeter. Wo spielt der den Ball? Einen klareren Elfmeter gibt’s nicht – der grätscht von hinten rein, dann steht’s 4:2 und das Spiel ist erledigt. Das ist ein klarer Elfmeter, das ist der zweite, den wir nicht kriegen. Dann teilt er Karten aus an die Trainer – das geht für mich nicht. Ein No-Go. Jahn-Trainer Michael Wimmer

Schlechtes Omen? Nicolas Oliveira, zuletzt zuverlässiger Goalgetter, muss in Aue nach zwei Kopftreffern frühzeitig das Handtuch schmeißen. Foto: jrh

Viel Aufwand, kein Ertrag

Über weite Strecken ein erwachsenes Auswärtsspiel der Regensburger: mutig im Anlaufen, zielstrebig in Umschaltmomenten, mit Nerven aus Drahtseilen nach Rückschlägen. Erst besorgt Erik Majetschak nach Uhlmann-Ablage die Auer Führung, dann unmittelbar vor der Pause die Antwort: ein perfekter Diagonalball von Noel Eichinger auf Eric Hottmann – der wuchtet das Leder in der 6. Minute der Nachspielzeit per Kopf zum 1:1 in die Maschen (45.+6).

Nach der Pause wird’s wild: Aue geht durch einen direkt verwandelten Eckball – ja, F-Jugend-Albtraum am ersten Pfosten – wieder in Front (54.). Der Jahn kontert im Doppelschlagmodus: Benedikt Saller steckt traumhaft in die Gasse auf Sebastian Stolze (60.), kurz darauf fackelt Benedikt Bauer nicht lange – sein Abschluss wird unhaltbar abgefälscht, 2:3 (68.).

So oft Jahn-Trainer Michael Wimmer auch die Wiederholung ansieht: Für ihn wurde Regensburg ein klarer Elfer verwehrt. Foto: jrh

Und dann kippt alles in drei Szenen

Szene 1: Der eingewechselte Philipp Müller marschiert in den Strafraum, wird von hinten klar getroffen – die Wiederholung zeigt deutlich: Der Verteidiger steht auf dem Fuß. Pfeife bleibt stumm (90. + 3).

Szene 2: Aues Ausgleich fällt im Gedränge, Jonah Fabisch staubt nach Lattentreffer zum 3:3 ab (86.).

Szene 3: Umkehrung der ersten Hälfte: In Minute 90. + 6 donnert Erik Weinhauer aus der Distanz – der Ball rutscht Felix Gebhardt durch die Beine. 4:3. Abpfiff. Fassungslosigkeit.

Bene Bauer trifft zur zwischenzeitlichen 3:2-Führung in Aue, kann sich aber nur kurz freuen. Foto: jrh

Wichtigste Spielszenen

  • 19′ Nicolas Oliveira bekommt zum zweiten Mal einen Kopfschuss an die Maske, diesmal frontal ins Gesicht. Der Regensburger geht zu Boden und muss ausgewechselt werden. Ein schlechtes Omen, nachdem der Ex-Hamburger zuletzt zweimal getroffen hatte?
  • 28′ Männel mit der Pranke gegen Eric Hottmann – erste Großchance Jahn.
  • 45. + 1 Aue führt: Majetschak vollendet nach Uhlmann-Ablage.
  • 45. + 6 Ausgleich Jahn: Eichinger-Flanke, Hottmann köpft wuchtig ein.
  • 50′ Lucas Hermes scheitert frei vor Männel – das 1:2 liegt in der Luft.
  • 54′ Guttau trifft direkt von der Ecke – 2:1.
  • 60′ Stolze schlenzt nach Saller-Steckpass zum 2:2 ins Eck.
  • 63′ Eichinger verzieht aus elf Metern frei stehend.
  • 68′ Bauers Drehschuss wird abgefälscht – 2:3!
  • 86′ Fabisch staubt zum 3:3 ab.
  • 90. + 3 Elfer-Aufreger: Philipp Müller wird im Strafraum gefällt – Fuchs pfeift nicht.
  • 90. + 6 Weinhauer aus der Distanz – 4:3. Abpfiff.
Lange Zeit Skepsis auf der Auer Tribüne: Der verletzte Erzgebirgler muss lange bangen. Foto: jrh

Stimmen zum Spiel

Jahn-Trainer Michael Wimmer: „Am Ende des Tages können wir uns von der Leistung nichts kaufen. Und Lucky Punch? Für mich ist das ein klarer Elfmeter, einen klareren Elfmeter gibt es nicht – der grätscht von hinten rein, dann steht’s 4:2 und das Spiel ist erledigt. (…) Das ist der zweite, den wir nicht kriegen. (…) Ein No-Go. Wir machen trotzdem weiter – gewonnen oder nicht, das hätte sich nicht geändert. Schade um die Tabelle: Wir hätten den Abstand zu Aue vergrößern können – und meines Erachtens auch verdient.“

Aue-Trainer Jens Härtel: „Fürs Herz war’s nicht gut, Puls auf 180. Wir führen zweimal, geben’s her, kommen wieder zurück – Riesenkompliment an die Truppe. Viele Fehler hätten uns fast gekillt, aber dass wir’s noch mal drehen, zeigt, dass die Mannschaft intakt ist.“

Aues Matchwinner Erik Weinhauer: „Ein Moment für die Ewigkeit – mein erstes Profitor. Nicht das schönste, aber ein wichtiges.“

Jahn-Regisseur Adrian Fein: „Viel Gutes mit dem Ball, Aue meist über Standards und Fernschüsse gefährlich. Am Ende nicht konsequent genug – zu unreif, um das 2:3 über die Zeit zu bringen. Chancen waren da, letzter Pass und Box-Besetzung oft nicht gut – so verlierst du so ein Spiel.“

Schiri Nico Fuchs wird in Aue nicht zum Buhmann von Gelbsünder Marvin Stefaniak, sondern für Jahn-Trainer Michael Wimmer. Foto: jrh

Derby-Forecast – Jahn vs. 1860 München

  • Termin & Ort: Sonntag, 9. November 2025, 16:30 Uhr, Jahnstadion Regensburg.
  • Gegnerform: Der TSV 1860 hat Spitzenreiter Energie Cottbus soeben 3:0 geschlagen – die Partie wurde nach einem rassistischen Vorfall kurz unterbrochen. Sportlich stach Thore Jacobson mit zwei Toren (darunter ein Strafstoß) hervor; ein weiteres Tor resultierte als Eigentor von King Manu.
  • Storyline: 1860 mit Statement-Sieg, Cottbuser Serie beendet – die Löwen kommen mit breiter Brust ins Jahnstadion. Der Jahn hingegen verpasst in Aue den Big Point in der Nachspielzeit – Reaktion gefragt. Matchplan-Hinweise Jahn:
    • Standards verteidigen! Aue-Tore 2 & 3 kamen nach Ecke/zweiter Ball – 1860 ist nach ruhenden Bällen traditionell gefährlich.
    • Übergänge sauber spielen: Gegen Aue öffneten Steckpässe (Saller → Stolze) und Flanken (Eichinger → Hottmann) Räume – gegen 1860 bieten sich ähnliche Tiefenläufe an.
    • Konzentration bis zum Schlusspfiff: Aue-K.o. in 90. + 6 – Nachläufe und Distanzschützen konsequent stellen.
  • Tabellenlage: Sekunden vor Schluss in Aue hätte der Jahn bei 17 Punkten auf Augenhöhe mit Ingolstadt gestanden; nun zieht Aue vorbei – Aachen kann den Jahn erneut in Richtung Abstiegszone drücken. (Stand dynamisch; Derby hat Sechs-Punkte-Charakter.)

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