Jahn raus aus dem Pokal: Regensburg verabschiedet sich anständig gegen Stuttgarts Reserve
Regensburg. Nein, eine Pokal-Überraschung lag so was von gar nicht in der Luft. Der SSV Jahn mühte sich mit hohem Pressing redlich, aber gefährlich wurden die torscheuen Regensburger so gut wie nie. Dem ersatzgeschwächten VfB Stuttgart reicht ein effektiver Auftritt für den Einzug ins Viertelfinale.
Ernsthaft hat wohl kaum jemand im ausverkauften Jahn-Stadion (15.200 Zuschauer) mit der Sensation gerechnet: Zu harmlos ist die Offensive des Zweitliga-Schlusslichts bereits die ganze Saison über – wieso sollte da ausgerechnet gegen Vizemeister VfB Stuttgart der Knoten platzen.
Immerhin versucht Regensburg erst gar nicht, möglichst lange ein 0:0 zu ermauern, sondern attackiert den Champions-League-Teilnehmer bereits in dessen Hälfte mit hohem Pressing. Das eröffnet den Schwaben Räume für schnelle Tempogegenstöße, die früh für eine eindeutige Weichenstellung sorgen.
Im Zehn-Minuten-Takt sorgen Enzo Millot mit einer Körperdrehung in der Box und seinem Schlenzer aus 7 Metern ins rechte Eck (10.) sowie Anrie Chase mit einem Kopfball von exakt der gleichen Stelle wie zuvor Millot nach einer Freistoß-Vorlage von Fabian Rieder mit dem 2:0 (19.) für klare Verhältnisse.
Gefällig ohne Torabschluss
Die Oberpfälzer haben ihre Momente, kombinieren bis zum Strafraum einige Male ganz gefällig, aber ins Schwitzen bringen sie den Bundesligisten damit nicht. Eric Hottmann, der sich wie immer mit Feuereifer in die Zweikämpfe stürzt, kann auch nicht für mehr Gefahrenmomente sorgen als Christian Kühlwetter, der heute für ihn den Platz auf der Reservebank warmhält. Dasselbe gilt für Kai Pröger, der wie gewohnt auf der rechten Seite wirbelt, aber dessen Pässe keinen Mitspieler finden – oder Dominik Kother, der sich auf der linken Seite ohne durchschlagende Wirkung abmüht.
So kann der personell gebeutelte Gast Kräfte sparen und sich auf das Verwalten des passablen Vorsprungs konzentrieren. VfB-Pokal-Keeper Alexander Bredlow muss in der ersten Halbzeit nicht ein einziges Mal eingreifen – es sei denn, man wertet eine Brust-zu-Brust-Rückgabe von Pascal Stenzel als Quasi-Parade. Auf der anderen Seite geht Jahn-Keeper Felix Gebhardt gewohnt temperamentvoll mit seinen Vorderleuten ins Gericht, wenn er vereinzelte Stuttgarter Abschlüsse entschärfen muss.
Graduell stürmischer in Hälfte 2
In der zweiten Halbzeit ein ähnliches Bild, mit einem graduell stürmischeren Jahn, der jetzt phasenweise bei den Torabschlüssen gleichzieht. Jahn-Cheftrainer Andi Patz schmeißt im Verlauf der verbleibenden 45 Minuten sein gesamtes Auswechselpotenzial aufs Feld, ohne dass sich an der Null vorne etwas verändern ließe – einmal löst sich tatsächlich ein Jubelschrei im Publikum, nachdem Kother den Ball von klar hinter der Grundlinie zurück in die Box bugsiert und Pröger das Netz ins Schwingen bringt. Näher kommt Regensburg dem Ehrentreffer aber nicht.
Stattdessen beschäftigt Jugendnationalspieler Nick Woltemade immer mal wieder die insgesamt stabile Regensburger Hintermannschaft und krönt bei einem Konter, den er mit einem Solo überlegt im 1:1 gegen Keeper Gebhardt zum 3:0 (61.) abschließt, seine quirlige Sturmpräsenz. Positiv aus Regensburger Sicht: Anders als in der Liga bei ähnlichen Spielständen – etwa gegen Fürth, in Hamburg oder Nürnberg – fällt die Mannschaft nicht auseinander, stört weiter konsequent, auffällig immer wieder mit einem Mann im Rücken des Angreifers, und versucht bis zum Schluss vergeblich eine Ergebniskorrektur.
Adamyan wird frei, Knoll vereinslos
Schwer zu sagen, wie leer der Tank der Stuttgarter bei diesem ungleichen Achtelfinal-Duell war: Gut möglich, dass die Schwaben bei brisanterer Gegenwehr noch einige Gänge höher schalten hätten können. Nimmt man nur das Gezeigte als Maßstab, kann man in Regensburg leise hoffen, dass man mit einer vergleichbaren Leistung Gegner in Sichtweite auch mal wieder schlagen kann – und die vier bis fünf Punkte auf die Konkurrenz um Ulm, Münster und Braunschweig noch einzuholen ist.
Ohne die Kassenlage zu kennen, würde man aber Sportchef Achim Beierlorzer nach fast der kompletten Hinrunde mit einem halben Tor pro Spiel dringend raten, Ausschau nach schussgewaltigeren Ergänzungen und spielgestalterischen Alternativen zu halten. In Köln neigt sich, wie man hört, die Karriere von Sargis Adamyan dem Ende zu, der für Regensburger Verhältnisse ein absoluter Ausnahmekönner war – man denke nur an seinen Hattrick beim HSV. Und auch ein seit Monaten vereinsloser Marvin Knoll könnte vermutlich aus dem Stand bessere Freistöße schießen, als alles, was wir seit vier Jahren aus der Distanz mit anschauen müssen.
Am kommenden Sonntag, 8. Dezember, 13.30 Uhr, kann der SSV Jahn gegen die launige Diva aus Köln (7., 22 Punkte), wo Ex-Sportchef Christian Keller allen Verwerfungen der vergangenen Saison zum Trotz nach wie vor seine Kreise zieht, beweisen, dass man auch in der Liga gewillt ist, mit hohem Pressing in die Nähe des gegnerischen Strafraums zu gelangen.
Jahn-Pokal-Aus im Zeitraffer
- Chris Führich zieht halblinks zur Grundlinie, Flanke ins Zentrum, Jahn-Keeper Felix Gebhardt mit Fußabwehr gegen Pascal Stenzels Kopfball (7.).
- Enzo Millot ist mit einer Drehung an Alexander Bittroff und Luis Breunig vorbei im Strafraum und schlenzt die Kugel platziert flach und unhaltbar ins rechte Eck, 0:1 (10.).
- Stenzel visiert Nick Woltemade am Fünfer an, der verpasst knapp, der aufmerksame Leopold Wurm haut das Ding weg (12.).
- Nico Ochojski steckt auf Kai Pröger durch, der sich etwas abdrängen lässt und nur noch ans Außennetz schießen kann – Abseits ist angezeigt (15.).
- Das macht der Jahn besser als in den vergangenen Heimspielen: Die Mannschaft läuft weiter hoch an und bringt sogar Pokal-Keeper Alexander Bredlow in die Bredouille, der unter Druck ins Seitenaus kickt (17.).
- Effektiv geht anders – nach Stuttgarter Modell: Stenzels Freistoß auf den Kopf von Anrie Chase, den Nico Ochojski aus den Augen verliert, und schon zappelt das Ding zum 2:0 im Netz (19.).
- Gebhardt kann das wuchtige Pfund von Fabian Rieder nur zur Seite abklatschen, Führich verheddert sich, Glück für den Jahn (23.).
- Dominik Kother mit einer Balleroberung, die man gerne öfter von ihm sehen würde, aber gleich darauf ist die Kugel auch schon wieder bei Rieder (31.).
- Gut aufgepasst von Kapitän Andi Geipl, der sich das Leder an der Strafraumkante von Führich krallt (34.).
- Nach einer guten halben Stunde wenigstens die erste Ecke für die Gastgeber: Prögers Hereingabe klärt Yannik Keitel mit dem Schädel. (36.). Kurz darauf erzwingt Eric Hottmann die Nachfolge-Ecke. Wieder kommt Prögers Hereingabe nicht dort an, wo sie Schaden anrichten könnte (38.).
- Krampf-Gelb: Hottmann rudert beim Kopfball mit den Armen und streift seinen Kontrahenten im Gesicht. Schiri Florian Badstübner, der bislang bei den Schwaben eher großzügig unterwegs war, zückt Gelb – schon der Pfiff ist zu viel (39.).
- Das nennt man wohl Brustfertigkeit: Stenzel holt die Flanke mit breiter Brust herunter, Keeper Bredlow stoppt sie mit Heldenbrunst (42.).
- Noch eine letzte Ecke vor der Pause: Prögers Eckkunst bleibt ähnlich uninspiriert, wie Geipls in den Wochen zuvor – Stenzel fängt das Ding schon am ersten Pfosten ab (45 + 1).
Zweite Halbzeit
- Hottmann will’s wissen und stürmt mit Kopf nach unten Richtung Box, wo Kother besser positioniert gewesen wäre – die Regensburger 9 bleibt an zwei Stuttgartern hängen (47.).
- Führich zieht nach langer Kunstpause mal wieder das Tempo über links an, lässt Wurm zur Abwechslung stehen und versucht aus spitzem Winkel die Kugel mit Effet um den Keeper herum ins lange Eck zu platzieren – knapp am Außenpfosten vorbei (51.).
- Gebhardt-Time: Noch einmal versetzt Führich am linken Strafraumeck Wurm, der Jahn-Keeper entschärft die Wuchtbrumme (57.).
- VfB-Coach Sebastian Hoeneß wechselt doppelt, nimmt Führich und Torschützen Millot herunter, wirft Goalgetter Ermedin Demirović und Justin Diehl ins Geschehen (59.).
- Das hat sich gelohnt: Der eingewechselte Diehl spielt Toni-Kroos-like im Mittelkreis Woltemade in die Gasse, der steuert auf Gebhardt zu, tanzt ihn aus und schiebt cool ein, 0:3 (61.).
- Nicht Kühlwetter, sondern Noah Ganaus darf zuerst für Hottmann ran (64.). Kurz darauf ein erstes Hallo-wach-Erlebnis auf Regensburger Seite: Kother versucht Geipls zu lange Ecke auf der anderen Seite noch von hinter der Grundlinie zurück in die Box zu kicken, Prögers Knaller lässt das Netz rascheln, aber natürlich ohne zählbare Wirkung (65.).
- Bei Stuttgart darf Atakan Karazor für Angelo Stiller mitmischen (66.). Nur eine Minute später meldet Knipser Demirović fast Vollzug, verlädt Gebhardt, der sich verbiegen muss, um gerade so dranzukommen (67.).
- Nochmal Demirović zentral im Strafraum, ein krummes Ding mit links ans Schienbein eines Abwehrspielers, die Kugel trudelt Richtung Kasten und bongt an den Pfosten (74.).
- All in bei Regensburg: Christian Kühlwetter kommt für Bryan Hein, Robin Ziegele für Alexander Bittroff und Dejan Galjen für Sebastian Ernst (75.).
- Breunig muss für andere aufräumen und räumt dabei Demirović ab: Rieders zentralen Kracher lenkt Gebhardt auf seiner Flugbahn über die Latte (78.).
- Gleiches Spiel auf der anderen Seite: Keitel grätscht einen Meter vor dem 16er Ganaus seitlich weg, Freistoß Regensburg, Breunig tippt an, Prögers Flachschuss zischt einen halben Meter am linken Pfosten vorbei (86.).
- Letzte Szene vor dem pünktlichen Feierabend: Woltemade legt auf Jarzinho Malanga ab, der wuchtet mit seinem Kracher Breunig um (90.).
Aus, Ende, Viertelfinale für den VfB Stuttgart, Konzentration auf den Abstiegskampf für den SSV Jahn.
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