Jahrbuch „Oberpfälzer Heimat“ ist erschienen: Spannende Storys aus der Heimat

Weiden. Können alte Geschichten spannend sein? Ja! Der Heimatkundliche Arbeitskreis beweist das im neuen Jahrbuch der "Oberpfälzer Heimat". Die Themen sind wie immer vielfältig: Bei Harald Fähnrich geht's um die vergessene Gartenstaude "Hofergart", jetzt bekannt als Cola-Kraut. Historiker Marc Rothballer schreibt über die US-Zeitung "Sniper", die 1945 in Weiden gedruckt wurde.

Vorsitzende Petra Vorsatz (Dritte von links), Geschäftsstellen-Leiter Sebastian Schott (Vierter von links) und Schriftleiter Adalbert Busl (Zweiter von links) stellen mit Autoren die neue „Oberpfälzer Heimat“ vor – ein schönes Weihnachtsgeschenk für jeden, der seine Heimat liebt. Foto: Christine Ascherl

HAK-Vorsitzende Petra Vorsatz, Dr. Sebastian Schott (Leiter der Geschäftsstelle) und Schriftleiter Adalbert Busl stellten den Band 69 im Vereinsheim Almrausch in Weiden vor. Ehrengast: Dr. Tobias Appl, Bezirksheimatpfleger für die Oberpfalz. Der Bezirk unterstützt den Druck. Gedruckt wird bei Spintler in Weiden, Vertriebsleiter Markus Preisinger freute sich über die 240-Seiten-Ausgabe, erstmals ganz in Farbe. Verleger ist Eckhard Bodner aus Pressath.

Gedenkminuten galten dem Weidener Familien- und Heimatforscher Alfred Kunz, der im Juli 2024 im Alter von nur 71 Jahren verstorben ist. Petra Vorsatz würdigte ihn als Freund: „Wir vermissen ihn sehr. Er war ein Stück Stadtarchiv Weiden.“ Hinterlassen hat Kunz eine Homepage, die eine Fundgrube für andere Forscher ist: mit guten Quellen in der Region und vielen Tipps zur Familienforschung.

Jüdische Mischehen: So verhielten sich die Ehepartner

Die Themen in der neuen „OH“ sind vielfältig. Dr. Schott, Leiter des Stadtarchivs Weiden, befasst sich mit drei Mischehen in Weiden im Nationalsozialismus. Die Ehepartner reagierten dabei höchst unterschiedlich: Bankier Anton Thomé ließ seine Frau Klara, eine Jüdin, im Stich. Er ließ sich scheiden; sie starb im KZ Auschwitz. Der evangelische HNO-Arzt Dr. Friedrich Hoffmann versteckte seine jüdische Frau Rosa, Tochter aus dem Hause Rebitzer, bei Bekannten in der Region. Sie überlebte den Krieg als einzige Jüdin innerhalb der Stadt. Und schließlich das Ehepaar Justin und Helene Spitz, geborene Hegebart. Der jüdische Kinobetreiber und seine Frau suchten gemeinsam das Weite und wanderten nach Palästina aus.

Ein schönes Beispiel für Familienforschung liefert Dr. Wolfgang Wirth. Er hatte als Bub von seiner Großmutter gehört, die den Großvater „auf dem Sterbebett geheiratet hat“. Dem ging er nach: mit überraschenden Erkenntnissen. Heinrich Deinzer schildert sehr persönliche Eindrücke aus den letzten Kriegstagen in Vilseck. Er habe sich nach einigem Zögern zur Veröffentlichung entschieden: „Wir spielen mit der Möglichkeit eines Krieges, als ob es eine Lappalie wäre.“

Lebten schon 1506 in Neuhaus: Puntzmann und Windtschuehel

Rosi Hasenstab, eine von zwei Autorinnen, hat unbekannte Fotos von 1949 aufgetan, die den Wieder-Einzug der Glocken von Vilseck zeigen. Bernhard M. Baron, derzeit in Landshut wohnhaft, schreibt über den Kloster-Gasthof in Waldsassen als Ort der Literatur. Nicht nur Friedrich Nietzsche war hier zu Gast, sondern auch die deutsche Schriftstellerin Emmy Ball-Hennings.

Bernhard Weigl hat sich auf die Suche nach den Waldecker Beutefahnen von 1704 gemacht – und wurde tatsächlich fündig. Matthias Helzel hat zur Burg Zant bei Ursensollen recherchiert. Ergebnis: Möglicherweise waren es zwei. Dr. Walter Hofmeister ist in die Geschichte der „Hofmeister in dem Weinhof“, einer Regensburger Patrizierfamilie des 14./15. Jahrhunderts, eingetaucht.

Adalbert Busls Aufsatz über ein Abgabenregister für das Gericht Neuhaus von 1560 dürfte in Windischeschenbach und Neuhaus auf großes Interesse stoßen. Er zeigt nicht nur alte Ansichten, in denen das „Eschenbächlein“ fließt. Er listet auch ein Namensregister auf, in dem sich die Einwohner von 1560 finden (darunter Puntzmann, Schopper und Windtschuehel).

Budweis: Das „Gretna Green“ Böhmens

Anton Fleischmann beschreibt die wunderschöne Barock-Kirche von Luhe mit ihren Gebeinen von Heiligen. Georg Schmidbauer nimmt sich der Beziehungen des Klosters Pfreimd zur Klosterkirche Fahrenberg an. Josef Eimer hat den „Heiratshotspot Budweis“ entdeckt, quasi das „Gretna Green“ Böhmens. Um 1800 heirateten viele Pfalzbayern in Böhmen, weil sie in Bayern keine Heiratserlaubnis bekamen. Elfriede Dirschedl schließlich hat die Geschichte der Hofmark Döfering erforscht.

Alles in allem: „Ein rundum gelungenes Werk“, freut sich Vorsitzende Petra Vorsatz. Erhältlich ist der Band in der Geschäftsstelle des HAK in der Schulgasse 3 in Weiden (Stadtmuseum/Stadtarchiv) sowie im Buchhandel.

„Oberpfälzer Heimat“ (Band 69): Diese Autoren sind dabei

Alfred Kunz: Die medizinische Versorgung der Gendarmen, ihrer Frauen und Kinder

Sebastian Schott: Drei jüdische Mischehen in Weiden in der Zeit des Nationalsozialismus

Wolfgang Wirth: Die Eheleute Johann Georg und Charlotte Zembsch in Weiden und ihre Nachkommen

Marc Rothballer: Kriegsende und Neubeginn in der Nordoberpfalz: Die US-Army-Zeitung „The Sniper“ als historische Quelle der Jahre 1944/45

Heinrich Deinzer: Bilder und Episoden aus den letzten Kriegsjahren

Rosi Hasenstab: Glockenweihe vor 75 Jahren in Vilseck

Bernhard Baron: Der Kloster-Gasthof in Waldsassen – ein Ort der Literatur

Bernhard Weigl: Die Waldecker Beutefahnen von 1704

Matthias Helzel: Die Burg(en) Zant bei Ursensollen.

Walter Hofmeister: Die Hofmeister in dem Weinhof – Eine Regensburger Patrizierfamilie des 14./15. Jahrhunderts

Adalbert Busl: Ein Abgabenregister für das Gericht Neuhaus von 1560

Harald Fähnrich: Gartenstaude „Hofergart“, heute vergessen?

Anton Fleischmann: Barock in Luhe – Pfarrkirche St. Martin, Teil 2

Georg Schmidbauer: Die Beziehungen des Klosters Pfreimd zur Wallfahrtskirche Fahrenberg

Josef Eimer: Heiratsverbot für pfalzbairische Untertanen in Böhmen

Elfriede Dirschedl: Geschichte der ehemaligen Hofmark Dörfering, Teil 2

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