Josefshaus: 40 Wohnungen statt Tauben – Bauherr und Bauamt brüten über Plänen
Weiden. Im Rennen um den größten Schandfleck Weidens ist das Josefshaus ganz vorne dabei. Das soll bald Geschichte sein. Wie Baudezernent Alkmar Zenger bestätigt, wird am Bauantrag gearbeitet. Bauunternehmer Turkut Abatay plant rund 40 Wohnungen.

Baudezernent Alkmar Zenger bezeichnet es als „sehr positiv, dass wir mit Herrn Abatay wieder in Kontakt stehen“. Ein Bauantrag des Bauunternehmers aus Neunburg vorm Wald liegt vor. Rund 40 Wohnungen sind vorgesehen. Nach mehreren Besprechungen mit dem städtischen Bauamt werden die Pläne derzeit „aktualisiert“.
Ein Aspekt sei beispielsweise die Stellplatz-Frage, die geklärt werden muss. Auch dafür kann es – trotz der eingekesselten Lage am Adolf-Kolping-Platz – Lösungen geben. Denkbar ist laut Zenger beispielsweise die Ablöse von Parkplätzen in bestehenden Parkhäusern. Äußeres Zeichen der neuen Zusammenarbeit: Der Taubendreck wurde entfernt.
Ein Blick in die Geschichte des Josefshauses
Das Josefshaus: Es ist eines der markantesten und bekanntesten Gebäude der Stadt – und inzwischen leider eines der hässlichsten. 1958 wird es von der Kolpingsfamilie der Pfarrei St. Josef erbaut. Der Antrag lautet auf „Errichtung eines Saalhauses mit Nebenräumen und Kegelbahn“. 1976 kommt die Bühne dazu.
1996 erwirbt die Familie Rippl das Josefshaus. Die Renovierung steht an, der Pfarrei fehlt das Geld. „Viel behaupten ja, es war eine Mark, die wir bezahlt haben“, sagt Harald Rippl 2010 in einem Interview mit O-TV. „Stimmt nicht. Es war ein Pfennig.“ Die Familie habe in der Folge viel Geld in die Hand genommen und das Haus umfassend renoviert.
Publikum nascht Früchte von nackter Haut
Es folgen rauschende Zeiten. Bruno Jonas tritt hier auf, die Scorpions (1977), Uriah Heep und Nazareth (1998), Reinhard Mey. Ein paar Skandälchen gibt es auch. Die Chippendales strippen. Bei einer „Sexplosiv-Party“ naschen Besucher Früchte von nackter Haut, „poppende Pärchen“ wälzen sich im sündig roten Bett. Das Ordnungsamt schickt einen Bußgeldbescheid.
Bei legendären Faschingsbällen tanzt ganz Weiden an, etwa bis 1996 beim Reiterball. 2004 steigt die erste Ü-30-Party, der so viele folgen, dass es den Anwohnern zu viel wird: zu viele, zu laute, zu betrunkene Besucher.
Wendepunkt: der „Qualmsonntag“ 2010
Das Ende kommt jäh und unerwartet. Am Palmsonntag, 28. März 2010, brennt es in der Kneipe unter der Tanzschule Vezard. „Qualmsonntag“ heißt es in der Zeitung. Noch ahnt keiner die Folgen. Kleine Ursache, große Wirkung: Eine Zigarettenkippe hat einen Schwelbrand ausgelöst. Zwei Angestellte, die um 7.45 Uhr im Josefshaus noch über der Abrechnung sitzen, bemerken den Brandgeruch.
Der Löschzug kämpft sich durch dichten Qualm über den Haupteingang zur brennenden Kneipe durch. Gleichzeitig zerbersten aufgrund der Hitze zwei Fenster zur Sedanstraße. „Der Brandraum zündete durch“, beschreibt Stadtbrandrat Richard Schieder die Lage.
Der Brand ist in 20 Minuten unter Kontrolle. Die Feuerwehr installiert Überdrucklüfter und öffnet die Rauchabzüge des Bühnenhauses. Der Schaden ist trotzdem enorm: Die Inneneinrichtung der Kneipe ist völlig zerstört, das übrige Gebäude hat durch Ruß und Rauch schwer gelitten.
Streit zwischen Seggewiß und Rippl
Die Hiobsbotschaft folgt auf dem Fuß: Messungen von Chemikern ergeben problematische Werte. Das ganze Josefshaus muss komplett entkernt werden. Im großen Saal werden sämtliche Traversen und die Bespannung bis auf die blanke Wand rückgebaut. Das Josefshaus wird zur Ruine. Rippl gelingt es nicht, eine Baugenehmigung für den Wiederaufbau zu bekommen.
Er rächt sich mit einem Rambo-Plakat. In überdimensionaler Größe prangt Oberbürgermeister Kurt Seggewiß über der zentralen Kreuzung Weidens. In der Hand hält er einen Vorschlaghammer: „Motiviert, zielgerichtet, konsequent: Nach 50 Jahren das Aus fürs Josefshaus.“ In einem Interview mit dem Bayerischen Fernsehen macht Seggewiß aus seinem Ärger keinen Hehl: „Ein Oberbürgermeister der Stadt Weiden lässt sich nicht erpressen.“
Taubenhaus Nummer eins
Die Tauben erobern das Gebäude. Die „K“-Steine (wie Kolping) sind idealer Brutplatz. Als Rippl im Sommer 2015 ein Fangnetz aufziehen lässt, kommt es zu Polizei- und Feuerwehreinsätzen. Zwei Tauben haben sich verfangen, Tierschützer laufen Amok. Apropos Amok: Das Josefshaus wird zu dieser Zeit als Trainingsgelände von der Polizei genutzt. Polizisten üben in der Bauruine Gefahrenlagen wie Geiselnahmen.
2017 Verkauf an Turkut Abatay
2017 verkündet Rippl den Verkauf an Bauunternehmer Turkut Abatay. Und auch der Neunburger schafft es in die Weidener Schlagzeilen. Gemeinsam mit dem inzwischen verstorbenen Architekten Heiner Schreml stellt er Pläne für einen 17-geschossigen Abatay-Tower vor. Es wäre das höchste Haus der Stadt gewesen.
Im Bauausschuss kommt es zum Eklat. Die Stadträte sind „not amused“: Sie sollen über den Tower-Bau entscheiden – und gleichzeitig acht Wohnungen genehmigen, die Abatay als „Übergangslösung“ schwarz eingebaut hat. Das Projekt scheitert. Es wird still ums Josefshaus. Als die Klagen über zentimeterdicken Taubendreck auf dem Gehweg zu groß werden, stellt die Stadt einen Sichtschutz auf.
Bauprojekt in Speichersdorf in zwei Jahren durchgezogen
Abatay baut derweilen woanders. In Speichersdorf ist im März 2022 Spatenstich für ein Wohnbauprojekt mit 24 Wohnungen. In unmittelbarer Nähe zum Rathaus entstehen 2.200 Quadratmeter Wohnfläche in zwei Mehrfamilienhäusern samt Tiefgarage. Bauherr und Investor: Turkut Abatay. Ein Anruf in Speichersdorf: Der Bau steht. Zeit für Weiden.
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1 Kommentare
Nah hoffentlich baut man auch ein Parkhaus für die Stellplätze damit die Nachbarschaft nicht zugeparkt wird. Mal sehen ob die Verwaltung das fordert was auch andere leisten müssen wenn sie bauen wollen. Gruß der Steger